Kaffeepause führt zur fristlosen Kündigung?!

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Wer während der Arbeitszeit ohne Ausstempeln im Café auf der anderen Straßenseite einen Kaffee trinken geht, riskiert im schlimmsten Fall seinen Job.  

Mit einem solchen Fall hat das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG Hamm Urteil vom27.01.2023 Az.: 13 Sa 1007/22) sich kürzlich beschäftigt und gegen die Arbeitnehmerin entschieden.  

Aber zunächst zum Sachverhalt – was war passiert? 


Sachverhalt  

Die Arbeitnehmerin ist seit 2013 als Raumpflegerin bei der Beklagten, einem Reinigungsunternehmen, beschäftigt.  

Zur Erfassung der Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter unterhält der Beklagte ein elektronisches Arbeitszeiterfassungssystem. Die Arbeitnehmer sind angewiesen, sich zu Beginn ihrer Arbeitszeit ein- und bei Beendigung wieder auszustempeln. In Anspruch genommene Pausenzeiten haben sie ebenfalls festzuhalten, indem sie sich zu Beginn der Pause aus- und bei Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit wieder einstempeln. 

Am Tag des Streitereignisses loggte sich die Klägerin bei Aufnahme ihrer Tätigkeit um 07:20 Uhr über das Zeiterfassungssystem ein und bei Beendigung um 11:05 Uhr wieder aus. Gegen 08.30 Uhr besuchte sie an diesem Morgen für mindestens 10 Minuten das gegenüber dem Unternehmen liegende Café und traf sich dort mit einer weiteren Person zum Kaffeetrinken. Die Klägerin bediente das Arbeitszeiterfassungssystem weder bei Verlassen des Unternehmens noch bei Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit. Den Café-Besuch beobachtete der Beklagte gegen 08:30 Uhr von seinem Auto aus. 

Nachdem die Klägerin zurückgekehrt war, konfrontierte der Beklagte sie mit seinen Beobachtungen. Den Vorwurf des Arbeitszeitbetruges wies die Klägerin zurück. Erst nachdem der Beklagte ankündigte, der Klägerin Beweisfotos auf seinem Mobiltelefon zeigen zu wollen, gab diese zu, den Betrieb verlassen zu haben.  

Der Beklagte kündigte daraufhin fristlos. Die Klägerin ging gerichtlich gegen die Kündigung vor. 


Die fristlose Kündigung 

Das Urteil war eindeutig – zum Nachteil der Arbeitnehmerin, denn die Richter sahen in ihrem Verhalten einen enormen Vertrauensbruch. Aber langsam vorab erst einmal alles wichtige Infos zur: fristlosen oder außerordentlichen Kündigung, geregelt in § 626 BGB.  

Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung, bei der eine Kündigungsfrist eingehalten wird, endet bei der außerordentlichen Kündigung das Arbeitsverhältnis unmittelbar. Dafür braucht es einen wichtigen Grund, der so schwer wiegt, dass den Parteien das Festhalten am Arbeitsvertrag unzumutbar ist und stattdessen sofort beendet werden kann.  

Da die außerordentliche Kündigung nur das letzte Mittel sein kann muss in aller Regel der Arbeitnehmer vorher abgemahnt werden. Wobei nur ein einziger Vorfall hier zur Kündigung führt, es geht gerade nicht darum, dass im Laufe der Zeit viele Kleinigkeiten zusammenkommen. Ausnahmen kommen nur in Frage, wenn das Vertrauen nachhaltig gestört ist.  

Um eine Entscheidung zu treffen, ob das hier der Fall ist, werden die verschiedenen Interessen in die Waagschale geworfen. Das sind seitens des Arbeitgebers die Schwere des Verstoßes und auf der anderen Seite etwa die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und der bisherige Verlauf des Arbeitsverhältnisses.  

Und zu guter Letzt kann die Kündigung nur innerhalb zwei Wochen nach dem Vorfall schriftlich erklärt werden.  


Urteil  

Und jetzt zum Urteil: das Gericht sah die Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung als gegeben an.  

Das Gericht sah einen wichtigen Grund hier gegeben. Der „Arbeitszeitbetrug“ also das Verlassen des Unternehmens ohne ausstempeln und das vorsätzlich und planmäßig stellt einen solchen wichtigen Grund dar, denn es ist ein erheblicher Vertrauensbruch.  

Die tägliche Arbeitszeit zu dokumentieren ist ohnehin schwer und ohne die Mitarbeit der Arbeitnehmenden nicht zu erreichen, der Arbeitgeber ist daher auf die Mitwirkung angewiesen. Und seit den entsprechenden Urteilen von BAG und EuGH ist er dazu sogar verpflichtet (mehr dazu hier). 

Noch verstärkt wurde dieser Vertrauensbruch durch das Anschlussverhalten der Klägerin: sie log über ihren Aufenthalt und stritt ein Fehlverhalten vehement ab. Deswegen scheidet ebenfalls ein Versehen aus, anders läge der Fall, wenn sie lediglich vergessen, hätte sich auszuloggen und das dann nachholt.  Im Ergebnis entscheid das Gericht, auch wenn es in diesem Fall nur um etwa zehn Minuten ging, sei eine Abmahnung entbehrlich. Denn dies hätte nach Auffassung des Gerichtes nicht dazu geführt, dass die Beschäftigte ihr Verhalten ändert. 

Dieser enorme Vertrauensbruch überwiegt in der Abwägung die Interessen der Beklagten. Das bestätigte die Rechtmäßigkeit der Kündigung. 


Fazit 

Arbeitgeber können Mitarbeiter fristlos kündigen, wenn ein Arbeitszeitbetrug vorliegt. Das gilt auch, wenn eine Beschäftigte nur für etwa zehn Minuten Kaffee trinken geht und sich dafür nicht bei der elektronischen Zeiterfassung ausstempelt. Eine Abmahnung kann entbehrlich sein. Entscheidend ist das Verhalten nach einer solchen Tat – also seien Sie sich dessen, bei der nächsten Pause bewusst! 

Sollten Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden – dann gilt die klare Empfehlung: handeln Sie umgehend und wenden sich an einen Experten zur rechtlichen Beratung. Wir sind für Sie da: in dieser aber auch bei allen anderen arbeitsrechtlichen Fragen stehen wir Ihnen bundesweit zur Verfügung.  

Nutzen Sie dazu gerne unsere Online- Terminvergabe und anschließend die Möglichkeit zu einem digitalen Treffen, so sind wir immer um die Ecke!  

In unserem Blog finden Sie noch mehr interessante Artikel zu aktuellen Problemen aus dem Arbeitsrechts.


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