Unerlaubtes Inverkehrbringen von Cannabis gem. § 34 KCanG durch Wegwerfen? - schnelle Hilfe vom Fachanwalt

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Zu dem seit dem 1. April 2024 geltenden Konsumcannabisgesetz gibt es vom Bayrischen Oberlandesgericht eine erste Entscheidung betreffend das Inverkehrbringen von Cannabis gem. § 34 Abs. 1 Nr. 10 KCanG (BayObLG, Beschl. v. 08.04.2024 – 203 StRR 39/24). Dort wird das Wegwerfen von Konsumcannabis im öffentlichen Straßenverkehr als unerlaubtes Inverkehrbringen von Cannabis gem. § 34 Abs. 1 Nr. 10 KCanG eingestuft.

Sollten Sie beschuldigt werden, Cannabis unerlaubt in den Verkehr gebracht zu haben, dann kann der folgende Beitrag von Heiko Urbanzyk (Fachanwalt für Strafrecht, Coesfeld) Ihnen behilflich, sein wobei insbesondere die Strafvorschrift des § 34 Abs. 1 Nr. 10 KCanG näher erläutert wird.


Geltung des KCanG

Grundsätzlich bestimmt sich die Strafe für eine Tat gem. § 2 Abs. 1 StGB nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. Wird das Gesetz, welches zur Zeit der Beendigung der Tat galt vor einer Verurteilung geändert, ist das mildeste Gesetz anzuwenden gem. § 2 Abs. 3 KCanG.

Das KCanG hat deutlich geringere Strafen als die Strafvorschriften im Betäubungsmittelgesetz. Taten die vor dem 1. April 2024 begangen worden sind, werden folglich nach dem KCanG beurteilt.


Inverkehrbringen gem. § 34 Abs. 1 Nr. 10 KCanG

Mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft wer Cannabis in den Verkehr bringt. Inverkehrbringen meint jedes, gleichwie geartete, Eröffnen der Möglichkeit, dass ein anderer die tatsächliche Verfügungsmacht über das Betäubungsmittel erlangt. Davon erfasst ist somit jeder verursachte Wechsel der Verfügungsgewalt. Erforderlich ist nur, dass der Inverkehrbringende zunächst die tatsächliche Sachherrschaft über das Cannabis innehatte und diese nun verloren hat.

In dem vom Bayrischen Oberlandesgericht entschiedenen Fall trug der Angeklagte 11,19 Gramm Cannabis wissentlich bei sich. Er fiel zwei Polizeibeamten auf und flüchtete vor ihnen. Bei seiner Flucht warf er das Cannabis vor einen Hauseingang auf dem Boden. Die Polizeibeamten fanden das Cannabis dann dort. Verurteilt wurde er vom Landgericht Weiden i.d. Oberpfalz wegen unerlaubten versuchten Inverkehrbringen von Konsumcannabis. Die Verurteilung wurde vom Bayrischen Oberlandesgericht bestätigt.

Das BayObLG stuft das Wegwerfen von Konsumcannabis in den öffentlichen Verkehrsraum als ein strafbares Inverkehrbringen ein. Durch das Wegwerfen haben Dritte die Möglichkeit das Cannabis zu erlangen. Würde ein Dritter nun das Cannabis finden, dann könnte er darüber frei verfügen. (BayObLG, 203 StRR 39/24) 

Wenn die Person das Konsumcannabis verbrennt oder in die Toilette schüttet, ist ein Inverkehrbringen ausgeschlossen. Dies hatte einmal das Kammergericht in Berlin entschieden. Das Cannabis werde durch diese Handlungen vernichtet bzw. unbrauchbar gemacht und Dritte könnten es nicht verwenden, 

Will der Täter das Cannabis nach der Kontrolle wieder an sich nehmen, schließt dies das Inverkehrbringen nicht aus, wenn der Täter zumindest mit der Möglichkeit rechnet, dass Dritte das Cannabis zwischenzeitlich an sich nehmen könnten. (BayObLG, 203 StRR 39/24)


Abgrenzung Versuch und Vollendung

Abzugrenzen ist zwischen dem Versuch des Inverkehrbringen und der vollendeten Tat. Eine Vollendung der Tat tritt erst ein, wenn ein Dritter das Cannabis erlangt. 

Die Unterscheidung von Versuch und Vollendung soll anhand zweier Beispiele verdeutlicht werden. Das erste Beispiel ist der vorliegend schon erläuterte Fall des Bayrischen Oberlandesgerichts. Der Täter hat das Cannabis weggeworfen, jedoch haben die Polizeibeamten das Cannabis zeitnah sichergestellt, sodass Dritte keine Möglichkeit hatten das Cannabis zu erlangen. Folglich kann nur ein Versuch bestraft werden. Dieser ist gem. § 34 Abs. 2 KCanG strafbar.

Das andere Beispiel wäre, dass eine Person Cannabis auf den Bürgersteig wirft und ein vorbeilaufender Passant dies entdeckt und an sich nimmt. Wird das Cannabis weggeworfen und danach findet eine andere Person dieses, dann ist die Straftat vollendet. Die vollendete Tat wird härter bestraft, als der Versuch.    

Zusammenfassen kann festgehalten werden, dass das Versuchsstadium erreicht ist, wenn der Täter das Cannabis für andere zugreifbar zurücklässt und die Vollendung sobald tatsächlich jemand das Cannabis an sich nimmt.


Vorsatz 

Subjektiv muss der Täter zumindest bedingten Vorsatz hinsichtlich des Inverkehrbringens haben. Der Täter muss billigend in Kauf nehmen, dass sein weggeworfenes Cannabis aufgefunden und genutzt wird.

Versteckt der Täter das Cannabis, aber ein Dritter beobachtet dies und erlangt so Besitz, könnte der Vorsatz ausgeschlossen sein. Der Cannabisbesitzer muss es in diesem Fall für ausgeschlossen halten, dass ein Dritten das Cannabis an sich nimmt. Er halt folglich nicht den notwendigen Vorsatz, dass Dritte dieses erlangen können.

Bei einem unkontrollierten Wegwerfen in den öffentlichen Verkehrsraum scheidet dies wohl aus. Versteckt der Täter das Cannabis in einem Gulli oder ähnlichem, könnte der Vorsatz ausgeschlossen sein.


Fahrlässigkeit gem. § 34 Abs. 4 KCanG

Das fahrlässige Inverkehrbringen von Cannabis ist gem. § 34 Abs. 4 KCanG ebenfalls strafbar. Die Strafandrohung liegt bei Freiheitsstrafe von einem Jahr oder Geldstrafe. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Täter sorgfaltswidrig eine Ursache dafür setzt, dass das Cannabis von anderen in Besitz genommen wird. Wollte der Täter zwar das Rauschgift der Drogenszene entziehen, warf es aber so leichtfertig weg, dass er damit rechnen musste, dass es jemand finden und sich aneignen würde, so ist von Fahrlässigkeit auszugehen.

Ein erfahrener Strafverteidiger kann für Sie prüfen inwiefern Ihnen Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Diese Unterscheidung ist vom Strafmaß (Freiheitsstrafe bis drei Jahre bei Vorsatz, Freiheitsstrafe bis ein Jahr bei Fahrlässigkeit) wichtig und kann zu einer deutlich geringen Strafe führen.


Sollten Sie nun beschuldigt werden Cannabis unerlaubt in den Verkehr gebracht zu haben, dann ist Ihnen dringend zu raten einen professionellen Strafverteidiger zu engagieren. Dieser kann Ihnen beistehen und die Strafbarkeit ihres Verhalts überprüfen. Insbesondere relevant ist die Frage inwieweit Sie vorsätzlich gehandelt haben. Tätigen Sie keine unüberlegten (und auch keine überlegten!) Aussagen gegenüber der Polizei. Ein Strafverfahren sollte nicht unterschätzt werden. Gerade die Gesetzesneuerung durch das KCanG und die nunmehr zunehmend dazu veröffentlichte Rechtsprechung wird erwartbar dazu führen, daß es bei vergleichsweise harter Strafverfolgung all jener bleibt, die den nun legalen Besitzbereich verlassen. Senden Sie Ihren Anhörungsbogen von der Polizei oder Durchsuchungsbeschluß gerne an Rechtsanwalt H. Urbanzyk in Coesfeld - über anwalt.de oder per Signal / Whatsapp unter 0151-52068763 .  

Foto(s): Heiko Urbanzyk

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