Bei Husten oder Schnupfen. Darf mich der Chef nach Hause schicken?

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Ein Beitrag von Ilka Schmitt, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Sozialrecht, aus Berlin.

Die Tage werden kürzer, draußen wird es immer Kälter. Es ist Hochsaison für Grippe und Erkältungen. Was ist wenn die Kollegen Angst vor Ansteckung mit Corona haben oder der Chef übervorsichtig ist? Kann er mich nach Hause schicken und wer zahlt mein Gehalt? Diese und weitere Fragen beantworten wir in diesem Beitrag.


Darf der Arbeitgeber den Mitarbeiter einfach nach Hause schicken?

So einfach nach Hause schicken darf der Chef den Arbeitnehmer nicht. Der Arbeitnehmer hat einen Beschäftigungsanspruch. Dieser ergibt sich direkt aus dem Arbeitsvertrag. Für die vereinbarte Tätigkeit erhält der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung. Unter welchen Bedingungen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer freistellen kann, muss vertraglich geregelt sein. Das ist zum Beispiel im Falle einer Kündigung möglich.

Anders sieht es bei erkrankten Mitarbeitern aus. Der Arbeitgeber hat gegenüber den betreffenden Arbeitnehmern und seinen Kollegen eine Fürsorgepflicht. Ist der Mitarbeiter also krank, darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer freistellen.


Was wenn mich der Chef trotzdem nach Hause schickt?

Wenn man dem Wunsch des Arbeitgebers nachkommt, muss dieser das Gehalt weiterzahlen. Schließlich wurde das Arbeitsangebot gemacht und der Arbeitgeber gerät in einen sog. Annahmeverzug.

 

Darf der Chef die Quarantäne anordnen?

Eine Quarantäneanordnung darf nur von Seiten der Behörde erfolgen. Der Arbeitgeber darf nicht in den privaten Handlungsbereich des Arbeitnehmers eingreifen. Das geht zu weit.

 

Wann muss de Arbeitnehmer zum Arzt?

Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt für den Krankheitsfall, dass bei einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als 3 Tagen der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen ist. Diese hat auch die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit anzugeben. In einigen Arbeits- und Tarifverträgen ist geregelt, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon am ersten Tag vorzulegen ist.

 

Kann der Arbeitgeber einen Corona-Test verlangen?

Im Moment sind Arbeitgeber zur raschen Aufklärung von Verdachtsfällen und teilweise auch zur Vorsorge verpflichtet. Eine Möglichkeit, Arbeitnehmer zu einem Test zu zwingen, gibt es jedoch nicht. Test-Angebote kann ein Arbeitnehmer annehmen, er muss es aber nicht. Zu einem Corona-Test kann der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich niemanden zwingen. In einigen Branchen gibt es aber gesetzliche Vorgaben, die Mitarbeiter einer bestimmten Berufsgruppe zu Tests verpflichten. Der Arbeitgeber muss dies natürlich umsetzen und kontrollieren. Die Vorschriften müssen erforderlichenfalls mit Abmahnung oder Kündigung durchgesetzt werden.

 

Muss der Arbeitgeber über das Testergebnis informiert werden?

Lässt der Arbeitnehmer einen Corona-Test oder Antikörper-Test durchführen, so unterliegt das Ergebnis zunächst der ärztlichen Schweigepflicht. Der Arbeitgeber wird also nicht „automatisch“ über das Ergebnis informiert werden.

Achtung: Arbeitnehmer unterliegen bei ansteckenden Krankheiten einer eigenständigen Melde- und Offenbarungspflicht.

 Der Arbeitnehmer muss also bei einem positiven Test nicht nur das Gesundheitsamt, sondern auch den Arbeitgeber informieren. Dieser kann dann entsprechende Maßnahmen treffen, das Infektionsrisiko z minimieren oder Infektionsketten aufzudecken.

 

Haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Corona-Tests oder Impfungen?

Arbeitnehmer können von ihrem Arbeitgeber nicht verlangen, dass dieser Corona-Tests durchführt oder bezahlt. Dies gilt auch für etwaige Impfungen. Es ist Sache des Arbeitgebers, geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen. Der Arbeitnehmer darf ihm hier nicht reinreden.

Wenn der Arbeitgeber aber Schutzmaßnahme trifft, muss er den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz beachten. Der Arbeitgeber darf einzelne Arbeitnehmer von Schutzmaßnahmen ausschließen. Hier müssen die Maßnahmen und alle Mitarbeiter gleich treffen. Eine Bevorzugung bestimmter Mitarbeite darf ohne sachlichen Grund nicht stattfinden.


Gibt es eine Impfpflicht?

In Deutschland gibt es keine generelle Impfpflicht. Der Arbeitgeber kann seine Mitarbeiter nicht zu einer Impfung verpflichten. Nur in Ausnahmefällen, wie in Krankenhäusern, Arztpraxen, ambulante Pflegedienste, Kindergärten, Schulen u.a. ist eine Impfflicht möglich. Hier finden die vgl. §§ 23 Abs. 3 S. 1, 33 Nr. 1 bis 4 und 36 Abs. 1 Nr. 4 IfSG Anwendung. Die erforderlichen Impfungen stellen eine Berufszulassungsvoraussetzung dar.

 Der Arbeitgeber hat die Einhaltung der entsprechenden Maßnahmen zu kontrollieren und zu überwachen.

 

Wann darf der Mitarbeiter wieder zur Arbeit? 

Wenn eine behördliche Quarantäne angeordnet wurde, darf der Arbeitnehmer erst danach wieder zur Arbeit. Ist der Arbeitnehmer sogar erkrankt, darf er erst bei Genesung wieder arbeiten.

 

Darf der Arbeitgeber die Mitarbeiter ins Homeoffice schicken? 

Homeoffice geht nur aufgrund einer Vereinbarung. Dies kann nicht einseitig angeordnet werden.

 

Darf ich aus Angst einfach ins Homeoffice wechseln?

Auch hier ist Homeoffice nur nach entsprechender Vereinbarung möglich. In den Fällen, wo Homeoffice bereits eingeführt wurde, aber zum Beispiel Anwesenheitstage im Office geregelt wurden, müssen Arbeitnehmer vorsichtig sein. Gerade Eltern werden aufgrund von Kita- und Schulschließungen Homeoffice-Möglichkeiten wahrnehmen wollen.

 

Darf der Arbeitgeber Urlaub anordnen? 

Wenn der Arbeitnehmer krank ist oder sich in Quarantäne befindet, darf der Arbeitgeber nicht einfach Urlaub anordnen. Zunächst darf er nicht in private Reisepläne des Mitarbeiters eingreifen. Außerdem kann kein Urlaub während einer Arbeitsunfähigkeit genommen werden. Dies widerspricht dem Erholungszweck des Urlaubs. In der Quarantäne ist Urlaub auch nicht erforderlich, da der Arbeitgeber auch einen Erstattungsanspruch gegen die Behörde nach dem InfSG hat.

 

 

 


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