Betriebsprüfung: Schätzung mittels Zeitreihenvergleich nur noch in Ausnahmefällen zulässig

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Hinzuschätzungen in Betriebsprüfungen sind ein leidiges Thema für viele Unternehmer. Die Rechtsanwälte von LHP weisen darauf hin, dass der Bundesfinanzhof (BFH) die Voraussetzungen für den so genannten Zeitreihenvergleich als Schätzungsmethode erheblich eingeschränkt hat. Teilweise hatten erste Stimmen das neue BFH-Urteil so interpretiert, dass der BFH die Methode des Zeitreihenvergleichs bestätigt habe. Dies ist so jedoch nicht richtig, wie die Rechtsanwälte von LHP ausführen. Es stellt sich immer mehr heraus, dass die Voraussetzungen durch den BFH nunmehr derart hoch sind, dass im Einzelfall gute Aussichten bestehen können, einen Zeitreihenvergleich in einer Besprechung mit der Betriebsprüfung oder notfalls im Rahmen von Rechtsmitteln zurückzuweisen.

Welche neuen Voraussetzungen bestehen für den Zeitreihenvergleich?

Der Bundesfinanzhof hat nunmehr strenge Voraussetzungen für den Zeitreihenvergleich festgelegt, sodass diese Schätzungsmethode von den Finanzämtern nur noch unter ganz bestimmten Bedingungen angewandt werden kann (Urteil vom 25.03.2015, X R 20/13). Hierbei handelt es sich um folgende Voraussetzungen:

  1. Das Verhältnis zwischen Erlösen und Wareneinkäufen im Betrieb muss über das ganze Jahr hinweg weitgehend konstant sein.

  2. Wenn die Buchführung formell ordnungsgemäß ist, so ist der Zeitreihenvergleich als Methode zum Nachweis materieller Mängel der Buchführung generell ausgeschlossen.

  3. Wenn die Buchführung zwar formell nicht ordnungsgemäß ist, materielle Unrichtigkeiten allerdings konkret nicht nachgewiesen sind, muss das Finanzamt zunächst andere Methoden der Schätzung vorrangig anwenden. Der Zeitreihenvergleich ist daher lediglich eine nachrangige Schätzungsmethode.

  4. Sollten derartige andere Schätzungsmethoden nicht zur Verfügung stehen, so darf das Finanzamt jedoch auch dann nicht schlicht die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs der Schätzung zugrunde legen. Auch dann sind die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs (so der Bundesfinanzhof) nur ein erster Anhaltspunkt für eine Hinzuschätzung. Dies bedeutet, dass der BFH dem Zeitreihenvergleich keine hohe Bedeutung mehr beimisst. Im Einzelfall muss das Finanzamt vielmehr darlegen, warum sich gerade aus dem Zeitreihenvergleich eine besondere Bedeutung ergeben kann. In diesen Fällen setzen sich dann unsere Steueranwälte mit dem Zeitreihenvergleich auseinander.

  5. Wenn die materielle Unrichtigkeit der Buchführung bereits aufgrund anderer Umstände nachgewiesen ist, erkennt der BFH die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs als Hilfsmittel zur Bestimmung der Höhe der Hinzuschätzung an. Allerdings bestehen auch dann nach Erfahrung unserer Steueranwälte Stolpersteine für die Finanzverwaltung. Denn der Zeitreihenvergleich muss auch methodisch bzw. technisch korrekt und nachweisbar durchgeführt worden sein. Im Einzelfall lohnt es sich, den Zeitreihenvergleich genauestens unter die Lupe zu nehmen.

Abwehr unberechtigter Hinzuschätzungen bei Betriebsprüfung mittels Zeitreihenvergleichs

Diese neue Entscheidung des BFH zeigt, dass Schätzungen der Finanzämter nicht unbesehen hingenommen werden müssen. Schätzungen sollten vielmehr im Einzelfall genauestens geprüft und auf ihre Realitätsgerechtigkeit hin durchgesehen werden. Oftmals erlebt der Unternehmer, dass das Finanzamt im Rahmen von Schätzungen Umsätze und Gewinne errechnet, die mit der von ihm erlebten Wirklichkeit nicht viel zu tun haben. In diesen Fällen lohnt es sich, die Schätzungen genauestens zu prüfen und mit der Betriebsprüfung über die Schätzung zu diskutieren. Hierbei machen unsere Steueranwälte die Erfahrung, dass es Sinn macht, bereits über den Grund der Hinzuschätzung (das Ob) zu sprechen. Denn nicht selten lassen Betriebsprüfer die Grundvoraussetzung einer Schätzung (das Ob) vorschnell außer Betracht und kommen sofort zur Höhe der Hinzuschätzung.

Eine Schätzung erfordert jedoch, dass sie sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtmäßig ist. Es kommt auf den Einzelfall. Zunächst sollte die Möglichkeit einer Besprechung mit der Betriebsprüfung genutzt werden. Das Gesetz (Abgabenordnung) sieht vor, dass rechtswidrige Bescheide mittels Einspruchs angefochten werden können. Der Rechtsstreit ist oft nur die zweitbeste Lösung. Rechtssicherheit kann auch eine tatsächliche Verständigung bieten.

Mehr lesen unter: https://www.lhp-rechtsanwaelte.de/steuerrecht/aussenpruefung/schaetzung-bei-betriebspruefung/

RA Dirk Beyer

Fachanwalt für Steuerrecht bei LHP Rechtsanwälte


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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