Corona und Unterhalt

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Corona und Unterhalt

Als Unterhaltsberechtigte(r) fragt man sich derzeit: Bekomme ich noch genug Unterhalt für mich oder das Kind/die Kinder?

Als Unterhaltspflichtiger fragt man sich bei freiwilligem Einkommensverzicht, Kurzarbeit oder gar Kündigung: Wie soll ich das alles noch bezahlen?

Soweit es keinen Titel über die Unterhaltsverpflichtung gibt, besteht die Möglichkeit, sich in diesen schweren Zeiten mit der Gegenseite über Zahlungsmodalitäten abzustimmen. Unterhaltsempfängern sollte bei nachgewiesenem Einkommensrückgang klar sein, dass zurzeit die falsche Zeit für Forderung nach „Nebenjob“ oder „Überstunden“ ist.

Unterhaltspflichtigen hingegen muss klar sein, dass sie alle Möglichkeiten nutzen müssen, Ihre Zahlungsverpflichtung zu minimieren, bspw. Mietzahlungen an den Vermieter stunden, Nebenkosten reduzieren oder mit Banken sprechen und um Tilgungsaussetzungen bitten, bevor Unterhaltzahlungen reduziert oder eingestellt werden. Im Fall von Kurzarbeit „0“ muss der Pflichtige zudem hinnehmen, dass keine berufsbedingten Aufwendungen berücksichtigt werden können. Gleiches gilt wohl auch bei „Homeoffice“.

Soweit eine Einigung erzielt werden kann sollte alles soweit „gut“ sein. Kann keine Einigung erzielt werden, etwa weil der Pflichtige seine Zahlungen eigenmächtig einstellt oder die Berechtigte „keinen Fuß breit“ Verständnis zeigt, bleibt für den/die Unterhaltsberechtigten die gerichtliche Titulierung des Unterhalts, vor allem, wenn man selbst bspw. wegen Kita-Schließung die Arbeitszeit verringern musste, weil Oma und Opa sich nicht mehr mit um das gemeinsame Kind kümmern konnten, oder als Unterhaltspflichtigem der Abänderungsantrag bei Gericht.

Besteht ein Unterhaltstitel (sei es ein gerichtlicher Beschluss oder eine notarielle Urkunde oder eine Jugendamtsurkunde gibt es mehrere Möglichkeiten, wie man vorgehen kann:

Der Unterhaltspflichtige, der aufgrund von Einkommensrückgang weniger zahlen kann, kann sich mit dem Berechtigten auf eine Kürzung, einen zeitlich befristeten Verzicht oder eine Stundung der Unterhaltszahlungen verständigen.

Dabei ist anzuraten, dass man die Berechtigte(n) schriftlich und nachweisbar auffordert:

  • „Auf die Rechte aus dem Titel (genaue Bezeichnung) insoweit zu verzichten, als ein Betrag über … € geschuldet und tituliert ist.“

Eine Abänderung des zugrundeliegenden Titels liegt nicht vor, wohl aber ein (zumindest zeitlich befristeter oder der Höhe nach begrenzter) Vollstreckungsverzicht.

Willigt der Berechtigte nicht ein bleibt dem Pflichtigen das gerichtliche Verfahren auf Einstellung der Zwangsvollstreckung im Wege der einstweiligen Anordnung und das Abänderungsverfahren nach §§ 238 oder 239 FamFG, wobei zu beachten ist, dass bei Abänderung von Beschlüssen und (Jugendamts-)Urkunden eine Wesentlichkeitsschwelle (idR. mehr als 10 % des zu zahlenden Unterhalts) überschritten sein muss und eine Änderung nur ab gerichtlichen Abänderungsverfahren möglich ist. Die Abänderung von Vergleichen (ob gerichtlich oder außergerichtlich) ist nach § 239 FamFG ohne Wesentlichkeitsschwelle und ab dem Zeitpunkt der außergerichtlichen Aufforderung zur Akzeptanz der Änderung möglich (also auch rückwirkend).

Da die Rechtsprechung derzeit ebenso von beruflichen Einschränkungen betroffen ist, wie der übrige Teil der Bevölkerung, ist nicht zu prognostizieren, wann sich die Gerichte mit einem solchen Abänderungsverfahren befassen können, auch ist nicht sicher, wie lang eine Einschränkung auf Seiten des Pflichtigen besteht und ob die Rechtsprechung die zeitweise eingeschränkte Leistungsfähigkeit akzeptiert oder auf Seiten der Berechtigten überhaupt einen Mehrbedarf in konkreter Situation als gegeben ansieht.

Es ist derzeit nicht die Zeit für Unterhaltsberechnungen a lá „klein-klein“.

Gefragt sind Verständnis für die geänderten Lebenssituationen auf beiden Seiten und kreative Lösungen, um diese schweren Zeiten zu überwinden.

Lassen Sie sich durch unsere Erfahrung zu diesen kreativen Lösungen inspirieren und anleiten. Vertrauen Sie auf unseren juristischen Sachverstand als Rechtsanwälte im Familienrecht.


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