Die Bußgeldverhandlung am weit entfernt liegenden Gerichtsort

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Die Gerichtszuständigkeit bei Ordnungswidrigkeiten bestimmt sich nach dem Tatortprinzip. Wer am Irschenberg bei München zu schnell fährt, befindet sich im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Miesbach. Wer auf der Bundesautobahn 2 (BAB 2) von Deutschlands umsatzstärksten Blitzer fotografiert wird, muss für eine Gerichtsverhandlung nach Bielefeld anreisen.

Nach einem Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid entscheidet zunächst im Zwischenverfahren die Bußgeldstelle darüber, ob der Einspruch berechtigt ist. Wenn sie selbst keine Gründe für eine Rücknahme des Bußgeldbescheides erkennt, gibt sie das Verfahren über die Staatsanwaltschaft an das zuständige Gericht ab. Dort wird in der Regel ein Termin für eine Hauptverhandlung bestimmt. Gesetzlich ist die Anwesenheit des Betroffenen vorgesehen. Man mutet ihm daher immer die Anreise auch zu weit entfernt liegenden Gerichtsorten zu. Für seine Anwesenheitspflicht (siehe Beitrag „Die Anwesenheitspflicht des Betroffenen in der Hauptverhandlung", Newsletter Nr. 10 vom 30.09.2010) gelten keine Besonderheiten nur aufgrund der großen Entfernung.

Welche Kosten übernimmt die Rechtsschutzversicherung?

Ist die Sache rechtsschutzversichert, steht die Deckungszusage nahezu bei jeder Versicherung (es gibt nur sehr vereinzelt Sonderbedingungen) unter der Voraussetzung, dass die Kostenzusage, soweit sie die Anwaltsgebühren betrifft, nur bis zu den Gebühren gilt, die ein am Gerichtsort ansässiger Anwalt abrechnen könnte. Fahrtkosten und sogenannte Abwesenheitsgelder (das sind Gebühren, die ein Anwalt für die Reisezeit abrechnen kann) werden von der Rechtsschutzversicherung grundsätzlich nicht erstattet (Ausnahme: Sonderbedingungen, auf die der Mandant aber hinweisen müsste). Möchte der Mandant daher, dass sein hiesiger Anwalt den Termin wahrnimmt, muss er mit ihm über die Abrechnung des Reiseaufwands einig werden. Dabei werden die reinen Fahrtkosten noch der geringste Teil sein. Den Zeitaufwand wird ein Anwalt danach beziffern, was er ansonsten in dieser „Arbeitszeit" hätte einnehmen können. Gewöhnlich stehen die Erfolgsaussichten eines Bußgeldverfahrens in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu diesem Aufwand. Wer will schon 800,00 EUR extra für die Reise seines Anwaltes nach Miesbach zahlen, um ein Bußgeld von 90,00 EUR und die Eintragung eines Punktes zu vermeiden?

Vor- und Nachteile von Terminsvertretungen

Dennoch muss die Verteidigung vor Ort organisiert werden. Rechtsanwälte behelfen sich üblicherweise damit, dass die Vertretung in der Hauptverhandlung einem Kollegen am Gerichtsort in sogenannter Untervollmacht übertragen wird. Der Unterbevollmächtigte erhält dann alle Informationen für die Verteidigung vom Hauptbevollmächtigten, unter Umständen sogar vorformulierte Beweisanträge. Die von der Rechtsschutzversicherung erhältlichen Anwaltsgebühren werden bei Abschluss des Falles je nach Aufwand zwischen den beteiligten Anwälten aufgeteilt. Mandanten werden mit Fahrtkosten und Abwesenheitsgeldern nicht belastet. Diese Lösung ist natürlich dennoch das Ergebnis einer Abwägung. Nachteilig ist, dass man häufig den Anwalt vor Ort nicht kennt und wenig über seine Erfahrung auf dem jeweiligen Rechtsgebiet weiß. Als Hauptbevollmächtigter versucht man natürlich, diese Nachteile zu vermeiden, in dem man auf erprobte Kontakte zurückgreift. Das lässt sich aber nicht in jedem Fall gewährleisten, weil es immer wieder Amtsgerichte gibt, mit denen man das erste Mal - und dann vielleicht viele Jahre nicht wieder - zu tun bekommt.


RA Klaus Kucklick

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Tel. (0351) 80 71 8-70, kucklick@dresdner-fachanwaelte.de

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