Die Verwertbarkeit von Dashcam-Aufzeichnungen im Zivilprozess: die aktuelle Rechtsprechung

  • 2 Minuten Lesezeit

Immer häufiger stehen sogenannte Dashcam-Videos in verkehrsrechtlichen Streitigkeiten im Mittelpunkt der Frage, ob solche Videoaufzeichnungen als Beweismittel in den Zivilprozess eingeführt werden können.

Es handelt sich bei diesen Geräten um kleine Kameras, die meist an der Windschutzscheibe befestigt werden und den Straßenverkehr während der Fahrt kontinuierlich mitfilmen. Nach einer gewissen Zeit wird das gespeicherte Filmmaterial gelöscht bzw. überschrieben, wenn es nicht zielgerichtet – z.B. nach einem Auffahrunfall – vom Verwender gespeichert wird.

Kernproblem bei der Verwendung des Filmmaterials als Beweismittel im Gerichtsprozess stellt hierbei die Norm des § 6 b Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) dar, die den Datenschutz bei Filmaufnahmen gewährleisten soll. Einige Gerichte (hierbei allen voran: Amtsgericht München, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 345 C 5551/14) argumentierten bislang dahingehend, dass dieser Datenschutz vor der Wahrnehmung berechtigter Interessen der filmenden Fahrzeugführer Vorrang habe. Konkret regelt § 6 b BDSG die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen und die hierfür erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen.

Interessant ist nunmehr die aktuelle Entscheidung des Landgerichts Landshut. Mit seinem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 01.12.2015, Az. 12 S 2603/15, weist das Gericht ausdrücklich darauf hin, dass die Aufzeichnungen der Dashcams (im Beschluss „Onboard-Kamera“ genannt) ausdrücklich als Beweismittel zugelassen sind. Das Gericht lehnt ein Beweisverwertungsverbot im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht (informelles Selbstbestimmungsrecht) explizit ab.

Das Gericht argumentiert, dass der vom Filmenden verursachte Grundrechtseingriff nur geringfügig ist. Ferner erfolgt das laufende Filmen vom Auto aus wahllos und ohne bestimmte Absicht. Eine systematische Erfassung anderer Verkehrsteilnehmer zur Erstellung von Bewegungsprofilen findet hingegen nicht statt.

Das Landgericht Landshut setzt sich dabei auch mit der angesprochenen Norm des § 6 b BDSG auseinander. Nachvollziehbar stellt das Gericht darauf ab, dass der Gesetzgeber mit dieser Norm festinstallierte Kameras reglementieren wollte. Dies lässt sich aus Abs. 2 der Norm erkennen, wonach der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen sind. Dies trifft auf die hier gegenständlichen Dashcams selbstverständlich nicht zu.

Darüber hinaus beruft sich das Landgericht auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 20.05.2011, Az. 2 BvR 2072/10), wonach eine rechtsfehlerhafte Beweiserhebung unter Nutzung einer Dauervideoaufzeichnung nicht zwingend zur Unzulässigkeit der Verwertung der gewonnenen Beweise führt.

Da es sich auch bei dem Beschluss des Landgerichts Landshut um eine erstinstanzliche Entscheidung handelt, bleibt nach wie vor abzuwarten, ob die erheblichen Einwendungen gegen die bisherige Rechtsprechung eine überregionale Wende bei der Frage um die Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen in der Rechtsprechung herbeiführen wird. Die nachvollziehbare Argumentation des Landgerichts hat hierfür jedenfalls einen mehr als ausreichenden Grundstein gelegt.

Rechtsanwalt Mamdouh Abdel-Hamid


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Mamdouh Abdel-Hamid

Beiträge zum Thema