Eichung einer Geschwindigkeitsmessanlage

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Sachverhalt:

Dem Beschuldigten wurde zur Last gelegt, am 12. November 2014 als Führer eines Pkws die zulässige Höchstgeschwindigkeit Innerorts von 30 km/h um 34 km/h überschritten zu haben. Der Messwert betrug 67 km/h.

Die Bußgeldbehörde zog Toleranz ab und ging von einer Geschwindigkeit von 64 km/h aus und erließ am 23. Januar 2015 einen Bußgeldbescheid über eine Geldbuße von 160,00 € und einem Fahrverbot von einem Monat.

Der Beschuldigte legte Einspruch ein, das Amtsgericht hat nur eine Geldbuße von 80,00 € verhängt. Es hat nämlich festgestellt, dass der Beschuldigte die zulässige Höchstgeschwindigkeit lediglich um 30 km/h überschritten habe, weil von dem Messwert von 67 km/h eine Toleranz von 20 % abzuziehen sei.

Die Messung erfolgte nämlich mit einem Überwachungsgerät vom Typ T, das der Firma G GmbH gehöre. Das Gerät sei am 02.07.2014 mit einer Gültigkeit bis Ende 2015 geeicht worden. Es gäbe aber keine Lebensakte über das Gerät. Die Stadt, die das Gerät gemietet hatte, konnte keine Angaben mehr darüber machen, ob Reparaturen an dem Gerät nach der Eichung durchgeführt worden seien. Daher sei die Gültigkeit der Eichung zweifelhaft und zugunsten des Betroffenen von einer erloschenen Eichgültigkeit auszugehen, sodass ein Toleranzabzug von 20 % des abgelesenen Tachowertes vorzunehmen sei.

Die Stadt hat gegen die Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, die Ordnungsgemäßheit der Messeinrichtung werde durch die Eichordnung gewährleistet. Da es keine Lebensakte gäbe, könne man nun einmal keine Einsicht erhalten. Das Amtsgericht hätte von einem standardisierten Messverfahren ausgehen müssen.

Unglaublich aber wahr: Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg. Das Urteil wurde aufgehoben.

Zwar sei entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht ohne weitere Ermittlungen davon auszugehen, dass die vorgenommene Messung in einem standardisierten Verfahren gewonnen sei. Allein die Tatsache, dass die Eichsiegel bei der Messung unversehrt waren, mache die Prüfung, ob an dem Gerät nach der Eichung Reparaturen vorgenommen wurden, nicht entbehrlich. Dem Amtsgericht sei auch zuzustimmen, dass die Frage, ob und welche Reparaturen nach der Eichung an dem Messgerät durchgeführt worden seien, nicht offen bleiben könnten.

Der Senat habe aber nicht zu entscheiden, welche rechtlichen Folgen die Unaufklärbarkeit dieser Fragen hätte. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sei nämlich davon auszugehen, dass eine Auskunft der Eigentümerin des Messgerätes bzw. eine Reparaturanfrage Aufklärung geben könne.

Um die „Lebensakte” von Messgeräten gibt es häufig Streit.

Der Verteidiger wird oft darauf hingewiesen, es gäbe keine Lebensakte und deshalb sei diese auch nicht vorzulegen. Außerdem könne auch das Amtsgericht Unterlagen anfordern.

Dem aber wiederum ist der Senat entgegengetreten, denn die nur wenigen bekannte Norm des § 1 Abs. 1 Mess- und Eichgesetz stehe dem entgegen, da hiernach nur Messgeräte verwendet werden dürfen, die den Bestimmungen dieses Gesetztes entsprächen.

Das Mess- und Eichgesetz verlangt weiter, dass Nachweise über erfolgte Wartungen, Reparaturen oder sonstige Eingriffe am Messgerät, einschließlich solcher durch elektronisch vorgenommene Maßnahmen, für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten, längstens für fünf Jahre, aufbewahrt werden. Entsprechende Dokumentation ist also – egal, ob der Besitzer des Messgerätes ein Dritter oder die Stadt selbst ist, zu führen und auf Verlangen vorzulegen. Erfolgt dies nicht vor der gerichtlichen Verhandlung, kann die Sache an die Verwaltungsbehörde zurückverwiesen werden. Bei Unaufklärbarkeit trotz aller Bemühungen oder bei einer weiteren Weigerung der Verwaltungsbehörde ist dann die Konsequenz nach diesem Urteil vorbezeichnet: Eine Geldbuße müsste dann mangels – belegbarer – rechtmäßiger Messung ausscheiden. Also im Ergebnis dann doch ein positives Urteil.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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