EuGH: Erfindet das deutsche Urlaubsrecht neu und sorgt für Ansprüche der Erben

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Am 6.11.2018 befand der Europäische Gerichtshof:

Die Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers können von dessen Arbeitgeber eine finanzielle Vergütung für den nicht genommenen Jahresurlaub verlangen.

Bis dato waren die Gerichte in Deutschland gemäß der Vorgabe des Gesetzgebers der Ansicht, dass jedem Arbeitnehmer ein bezahlter Urlaub von 4 Wochen zustehe. Dieser Anspruch darf nicht – außer bei der Beendigung – durch Zahlung ersetzt werden (§7 IV BurlG).

Das ergab sich aus dem angeblichen Zweck der Erholung, der Entspannung und der Freizeit. So waren deutsche Arbeitsrichter bis vor wenigen Jahren auch der Meinung ein Arbeitnehmer, der im Urlaubsjahr krank war, habe keinen Urlaubsanspruch. Begründung: Er war krank und benötige also keine Erholung. Außerdem war der Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen und allenfalls auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen. Es musste in den ersten 3 Monaten genommen werden. Ansonsten verfiel er. 

§7 III BUrlG

Auch diese Festung schliff der EuGH.

Erst recht vertrat man diese These nach dem Tod eines Mitarbeiters. Es klingt etwas zynisch, aber es ist der Realität geschuldet: Ein Verstorbener kann sich nicht mehr erholen.

Auch dies sah der EuGH ganz anders.

Demgemäß ist auch dieser Anspruch Teil der Erbmasse. Er geht gerade nicht mit dem Tod unter. Die Erben können also die finanzielle Kompensation für den nicht genommenen Urlaub verlangen. Die Erben können sich jetzt auf das Unionsrecht berufen und von den privaten und den öffentlichen Arbeitgebern die Zahlung verlangen und ggf. einklagen.

Die vermögensrechtlichen Ansprüche werden in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausdrücklich erwähnt und verankert. Diese erworbenen Ansprüche gehen also nicht unter – sondern in das Vermögen der Erben über. Durch den Tod des Arbeitnehmers können sie also nicht rückwirkend entzogen werden.

Eine volle Klatsche für den deutschen Gesetzgeber, den Generationen von Arbeitsrichtern und Professoren an den deutschen Universitäten und last but not least den deutschen Arbeitgebern, die jetzt in Millionenhöhe Rückstellungen bilden müssen. 

Aber ein schönes Weihnachtsgeschenk für die, die bisher leer ausgingen und im Stich gelassen wurden.

Realisieren Sie also bitte das/Ihr Urlaubsentgelt.

Beachten Sie liebe Mandanten bitte unbedingt mögliche Verfallfristen.

EuGH, Pressemitteilung Nr.164/18 vom 6.11.2018


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