Frist beim Einspruch gegen den Strafbefehl

  • 6 Minuten Lesezeit

Das Problem der Frist

Einen Einspruch gegen einen Strafbefehl einzulegen, ist eigentlich keine komplizierte Sache. Für den unbeschränkten Einspruch genügt ein Satz („gegen den Strafbefehl lege ich Einspruch ein“) – wenn Sie die Unterschrift nicht vergessen, dann ist der Einspruch zulässig eingelegt. Vorausgesetzt, Sie legen ihn rechtzeitig ein. Und genau hier kommt es leider immer wieder zu Problemen. Dabei ist die Fristberechnung im Strafbefehlsverfahren gar nicht besonders kompliziert. Wenn man weiß, wie es geht:


Die Zwei-Wochen-Frist beim Einspruch

Nach § 410 Abs. 1 der Strafprozessordnung muss der Einspruch innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung bei dem Gericht, das den Strafbefehl erlassen hat, schriftlich eingelegt werden. Diese Frist ist unbedingt zu beachten. Ausnahmen gibt es nicht. Wenn die Frist versäumt wurde, ist der Strafbefehl rechtskräftig, die Sache ist erledigt (fast immer, dazu unten mehr).

 Juristen verstehen keinen Spaß, wenn es um Fristen geht. Am besten legen Sie so frühzeitig Einspruch ein, dass es überhaupt keine Probleme mit der Frist gibt. Wenn Sie noch unentschieden sind, legen Sie erst einmal fristwahrend Einspruch ein und überlegen Sie dann in Ruhe. Zurücknehmen können Sie den Einspruch immer noch.

Damit Sie Ihren Einspruch rechtzeitig einlegen können, müssen Sie wissen, 

  • wann die Frist beginnt,
  • wann die Frist abläuft,
  • und was genau Sie innerhalb der Frist tun müssen.

Eins nach dem Anderen:


Wann beginnt die Frist zu laufen? 

Der Fristlauf beginnt mit der Zustellung des Strafbefehls. Fast immer ist das der Zeitpunkt, an dem der Strafbefehl in Ihren Briefkasten gelegt wurde. Der Zusteller vermerkt das Datum der Zustellung auf dem gelben Umschlag, in dem der Strafbefehl bei Ihnen ankommt. Und er vermerkt das Datum auf der Zustellurkunde, die zurück ans Amtsgericht geht. Das Gericht weiß also, wann der Strafbefehl bei Ihnen zugestellt wurde und wann die Frist beginnt.

Häufiges Missverständnis: Das Datum des Strafbefehls ist egal. Auch das Datum, das auf dem Anschreiben steht, spielt keine Rolle. Beide Daten können Sie ignorieren. Wichtig ist allein das handschriftliche Datum auf dem gelben Umschlag, das gilt als das Zustelldatum. Und mit dem Zustelldatum beginnt die Zwei-Wochen-Frist. Selbst dann, wenn Sie den Strafbefehl erst Tage später aus dem Briefkasten geholt haben. Juristen sprechen von einer Zustellfiktion – dass Sie den Strafbefehl erst später zur Kenntnis nehmen, ist egal (kann aber im Falle einer Fristversäumnis unter Umständen zu einer Wiedereinsetzung führen, dazu unten mehr).


Wie berechnet man das Fristende?

Mit dem richtigen Zustelldatum ist die erste Hürde genommen. Das Ende der Frist zu berechnen ist einfach. Sie nehmen einen Kalender und suchen den Wochentag des Zustelldatums heraus. Die Frist endet dann zwei Wochen später genau am gleichen Wochentag.

Beispiel für die Berechnung der Einspruchsfrist

Der Strafbefehl wird am 1. März zugestellt – das ist das Datum, das der Briefträger auf dem Umschlag vermerkt hat. Nach dem Kalender ist der 1. März ein Montag. Dann endet die Frist auch am Montag, und zwar genau zwei Wochen später. Das ist der 15. März.

Der letzte Tag der Frist zählt noch zur Frist! Im Beispiel also ist Montag der 15.03. noch in der Frist, Dienstag der 16.03. nicht mehr.

Vor dieser Regel zur Fristberechnung macht § 43 Abs. 2 StPO eine Ausnahme zu Ihren Gunsten. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, dann endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags. Bei Strafbefehlen ist die Vorschrift in erster Linie relevant bei der Zustellung an einem Samstag. Kam Ihr Strafbefehl am Samstag, dann endet die Frist nicht an dem Samstag zwei Wochen später, sondern erst am darauffolgenden Montag. 


Was muss innerhalb der Frist passieren?

Ist die Frist zutreffend berechnet, müssen Sie nur noch dafür sorgen, dass der Einspruch innerhalb der Frist beim Amtsgericht, das den Strafbefehl erlassen hat, eingeht. Es genügt nicht, den Einspruch am letzten Tag der Frist abzuschicken! Es kommt also nicht auf den Poststempel an. Wenn Fristablauf droht, dann senden Sie ein Fax. Oder Sie werfen den Einspruch in den Nachtbriefkasten des Amtsgerichts. 

Der Einspruch ist rechtzeitig eingelegt, solange er noch vor Mitternacht beim richtigen Gericht eingeht. Im Beispiel von oben: Montag, 15. März um 23:59 Uhr wäre noch rechtzeitig. Dienstag, 16. März 00:01 Uhr wäre zu spät. Ein verspäteter Einspruch ist unzulässig und kann an der Rechtskraft des Strafbefehls nichts ändern. Mehr zur Rechtskraft lesen Sie im kostenlosen Ratgeber zum Strafbefehl:


Was passiert nach Fristablauf?

Mit Fristablauf wird der Strafbefehl rechtskräftig. Das bedeutet, die Geldstrafe kann vollstreckt werden. Die Strafe wird im Bundeszentralregister eingetragen. Wurde Ihnen ein Fahrverbot auferlegt, müssen Sie innerhalb eines Monats nach Rechtskraft Ihren Führerschein abgeben und das Fahrverbot antreten.

 

Was, wenn der Einspruch zu spät eingeht?

Wenn Ihr Einspruch nach Ablauf der Einspruchsfrist bei Gericht eingeht, dann wird der Richter den Einspruch mit einem Beschluss als unzulässig zurückweisen. Wenn Sie der Meinung sind, dass die Zurückweisung zu Unrecht erfolgt ist, dann sollten Sie spätestens jetzt einen Anwalt einschalten.


Was, wenn Sie noch keinen Einspruch eingelegt haben und die Frist schon abgelaufen ist?

Fristversäumnisse sind häufig. Bevor man darüber nachdenkt, ob die Frist abgelaufen ist, muss man erst einmal prüfen, ob der Strafbefehl überhaupt wirksam zugestellt wurde. Gar nicht so selten werden Strafbefehle irgendwo eingeworfen, wo der Beschuldigte gar nicht mehr wohnt. Dann liegt schon keine Zustellung vor. Ohne wirksame Zustellung wird auch keine Frist in Gang gesetzt. Wenn Sie also aus heiterem Himmel eine Zahlungsaufforderung für eine Geldstrafe erhalten, Sie aber nie einen Strafbefehl gesehen haben, dann kann das so ein Fall sein. Mein Rat: Gehen Sie zum Fachanwalt für Strafrecht. Diese Fälle sind kompliziert und sollten von jemanden gelöst werden, der was davon versteht.

Frist unverschuldet versäumt

Wenn man an der wirksamen Zustellung nicht zweifeln kann und Sie die Frist unverschuldet versäumt haben, dann können Sie einen „Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ stellen. Dieser Antrag hat nicht nur einen sperrigen Namen, er ist auch kompliziert zu stellen und wird von Richtern gerne abgelehnt. Versuchen Sie es besser nicht selbst, nehmen Sie sich stattdessen einen Fachanwalt für Strafrecht. Der „Klassiker“ für eine Wiedereinsetzung ist die Urlaubsreise: Während Sie im Süden am Strand liegen, wird im Norden der Strafbefehl zugestellt. Bei Ihrer Rückkehr ist die Frist bereits abgelaufen. Das ist ein Fall unverschuldeter Fristversäumnis, in dem in der Regel Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden muss. Achtung: Für einen Wiedereinsetzungsantrag haben Sie nur eine Woche Zeit!

Wenn keine Wiedereinsetzungsgründe vorliegen, weil die Frist zum Beispiel nicht unverschuldet versäumt wurde, gibt es nur noch den Gnadenweg oder die Wiederaufnahme des Verfahrens. Beides hat in der Regel wenig Aussicht auf Erfolg. 


Kann man die Einspruchsfrist verlängern lassen?

Die Einspruchsfrist kann nicht verlängert werden. Jeder Antrag auf Verlängerung der Frist muss vom Gericht abgelehnt werden. Auch der netteste Richter kann Ihnen keine Verlängerung gewähren – das Gesetz sieht das einfach nicht vor. Bevor das Gericht Ihnen mitteilt, dass eine Verlängerung nicht gewährt werden kann, ist die Einspruchsfrist aber bereits abgelaufen. Deshalb: Versuchen Sie es gar nicht erst. Legen Sie lieber erst einmal Einspruch ein – zurücknehmen können Sie später. 


Sie suchen mehr Informationen zum Strafbefehl?

Die Fristberechnung ist natürlich nicht das einzige Problem, das sich im Strafbefehlsverfahren stellt. Wenn Sie weitere Informationen zum Strafbefehl, zum Einspruch und zum Verfahren suchen, dann empfehle ich Ihnen meinen Ratgeber zum Strafbefehl. Sie finden dort alle wichtigen Fragen beantwortet, außerdem die wichtigsten Muster, die im Strafbefehlsverfahren gebraucht werden. Den kostenlosen Ratgeber können Sie hier anfordern.


Foto(s): Photo by Waldemar Brandt on Unsplash

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Albrecht Popken LL.M.

Beiträge zum Thema