Grundsatzurteil: Wann müssen Nachbarn Beeinträchtigungen durch Bäume hinnehmen?
- 2 Minuten Lesezeit
- Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein Grundsatzurteil zur Beseitigung von Bäumen auf Nachbargrundstücken gefällt.
- Drei Birken dürfen stehen bleiben, weil sie den vorgeschriebenen Abstand zur Grenze einhalten.
- Eine Entschädigung für die Beeinträchtigung durch herabfallende Blätter, Samen und andere Baumbestandteile schloss der Bundesgerichtshof ebenfalls aus.
Drei je rund 18 Meter hohe Birken im baden-württembergischen Heimsheim müssen nicht gefällt werden. Denn die Bäume stehen weit genug weg von der Grenze. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Nachbarschaftsstreit.
Keine Beseitigung bei ausreichendem Abstand
Den notwendigen Abstand für verschiedene Gehölze regelt das Landesrecht, in diesem Fall das baden-württembergische Nachbarrechtsgesetz (NRG-BW). Für Birken schreibt es seit einer Gesetzesänderungen im Jahr 2014 vier Meter Abstand vor. Dieser Mindestabstand gilt jedoch nur für neu gepflanzte Bäume. Bestehende Gehölze müssen lediglich zwei Meter Abstand einhalten. Das galt auch für die drei Birken. Bei ausreichendem Abstand und gesundem Baumzustand ist laut BGH in aller Regel von einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung auszugehen. Das bedeutet: Nachbarn müssen den Bewuchs hinnehmen.
Auch kein Anspruch auf Geld für Reinigung
Hinnehmen muss die klagende Nachbarin zudem, was von den Birken herabfällt. Neben Blättern und den als Kätzchen bezeichneten Früchten sind es bei Birken vor allem zahlreiche Pollen und Samen. Für die Reinigung ihres Grundstücks wollte die Klägerin monatlich 230 Euro von Juni bis November, falls die Bäume stehen bleiben dürften. Doch diese Forderung lehnte der BGH ebenfalls ab. Baumeigentümer sind bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nicht für deren Immissionen verantwortlich. Somit können betroffene Nachbarn auch keine Zahlungen verlangen.
Allenfalls bei schweren Beeinträchtigungen
Die Vorinstanz, das Landgericht (LG) Karlsruhe, hatte die landesrechtliche Regelung noch für unzulässig gehalten. Landesrecht könne nicht den höherrangigen Beseitigungsanspruch im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) beschneiden. Deshalb verurteilte es den Beklagten zur Beseitigung. Dessen Revision zum BGH führte zur Aufhebung des Urteils.
Bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung sind Baumbesitzer keine Störer. Da der Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 BGB sich nur gegen Störer richtet, fehlt eine entscheidende Anspruchsvoraussetzung. Ausführliche Regeln, wie das Recht zur Beseitigung herüberragender Zweige und Wurzeln, sprechen zudem gegen weitergehende Pflichten von Baumeigentümern.
Nur bei besonders schweren Beeinträchtigungen kann das sogenannte nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis einen Anspruch auf Beseitigung geben. Eine derart schwere Beeinträchtigung ist durch die Birken wie im vorliegenden Fall jedoch nicht erreicht.
(BGH, Urteil v. 20.09.2019, Az.: V ZR 218/18)
(GUE)
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