Hinweisbeschluss des Landgerichts Berlin: Eigenbedarfskündigung ist unwirksam wegen Verstoßes gegen § 573 Abs. 3 BGB

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Wir möchten auf einen aktuellen Beschluss des LG Berlin vom 14.02.2023 (Az. 67 S 288/22) aufmerksam machen. In dem Fall ging es um eine Räumungsklage und die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung. Das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht hatte die Räumungsklage des Vermieters abgewiesen. Zu Recht, wie das Landgericht im Berufungsverfahren meint. Es beabsichtigt, die Berufung des Vermieters als unbegründet zurückzuweisen, weil es die Eigenbedarfskündigung wegen Verstoßes gegen § 573 Abs. 3 BGB für unwirksam erachtet. Worum geht es in dem Fall genau und wann kann eine Eigenbedarfskündigung unwirksam sein? Darüber informieren wir Sie in diesem Rechtstipp.

"Eine Eigenbedarfskündigung, mit der die zukünftige Nutzung der Wohnung für mehrere nicht namentlich benannte Kinder des Vermieters geltend gemacht wird, ist wegen Verstoßes gegen § 573 Abs. 3 BGB unwirksam."

(Zitat Leitsatz des Beschlusses des LG Berlin vom 14.02.2023 - 67 S 288/22)

Worum geht es in dem Fall genau?

In dem Fall, der zunächst vor dem Amtsgericht verhandelt wurde, streiten sich Vermieter und Mieter um die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung. Der Vermieter hatte dem Mieter im Jahr 2021 die Mietwohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt. Bekanntlich sind in einem Eigenbedarfskündigungsschreiben die berechtigten Interessen des Vermieters sehr konkret anzugeben. Der Vermieter begründete den Eigenbedarf damit, dass zwei seiner insgesamt vier Kinder die Wohnung benötigen würden. Der Mieter war der Meinung, dass diese Kündigungserklärung nicht den strengen Anforderungen des Gesetzes zur Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung genügt. Der Vermieter hatte in seinem Kündigungsschreiben nur das Geburtsjahr der beiden Kinder angegeben und dass diese beiden Kinder im Ausland studieren. Namentlich waren die beiden Kinder jedoch nicht im Kündigungsschreiben genannt. Der Mieter weigerte sich zum Kündigungstermin auszuziehen. Daraufhin erhob der Vermieter Räumungsklage beim zuständigen Amtsgericht.

Wie beurteilt das LG Berlin die Eigenbedarfskündigung?

Das Landgericht Berlin erachtet die Kündigungserklärung als unwirksam. Die Formvoraussetzungen des § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB ("Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben.") seien hier nicht erfüllt. Das Gesetz schreibt vor, dass eine Eigenbedarfskündigung begründet werden muss. Der Mieter müsse zum frühestmöglichen Zeitpunkt "Klarheit über seine Rechtsposition" erhalten. Der Kündigungsgrund muss nach der gesetzgeberischen Vorstellung so konkret bezeichnet werden, "dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Nur eine solche Konkretisierung ermöglicht es dem Mieter, der die Kündigung nicht hinnehmen will, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, dessen Auswechselung dem Vermieter durch das Begründungserfordernis gerade verwehrt werden soll." so das Landgericht Berlin wortwörtlich in seinem Hinweisbeschluss vom 14.02.2023 - 67 S 288/22. Aus diesem Grund muss in dem Kündigungsschreiben zur Begründung des Eigenbedarfs grundsätzlich immer die Person angegeben werden, für die die Wohnung benötigt wird. Das ist ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Eigenbedarfskündigung enthält die Mindestangaben nicht

Schon das Amtsgericht hatte in diesem Fall entschieden, dass die Angaben des Vermieters im Kündigungsschreiben zu den Bedarfspersonen (zwei namentlich nicht genannte Kinder) nicht ausreichend war. Der Mieter habe auf Basis der Angaben des Vermieters (die hinsichtlich des Geburtsjahres sogar teilweise gar nicht der Wahrheit entsprachen) keine Möglichkeit gehabt, die Personen, für die der Eigenbedarf geltend gemacht wurde, zu identifizieren. Demnach "ist dem in § 573 Abs. 3 BGB geschützten Informationsbedürfnis des Mieters nicht hinreichend Genüge getan. Das führt - wie vom Amtsgericht zutreffend erkannt - zur formellen Unwirksamkeit der Kündigung", so im Ergebnis das Landgericht.

Der Vermieter, der auf Räumung der Mietwohnung geklagt hatte, erhielt zwar durch den Beschluss des Landgerichts Berlin noch einmal Gelegenheit zur Abgabe einer weiteren Stellungnahme. Doch es ist wenig wahrscheinlich, dass das Landgericht seine Meinung hier noch einmal ändern wird. Richtigerweise hat es dem Vermieter anheim gestellt, die Berufung zurückzunehmen.

In welchen Fällen kann eine Eigenbedarfskündigung unwirksam sein?

Eine Kündigung des Vermieters auf Eigenbedarf kann aus vielen verschiedenen Gründen unwirksam sein. Wir nennen Ihnen einige Beispiele:

  • Formelle oder inhaltliche Anforderungen nicht erfüllt: Wenn der Vermieter mit dem Kündigungsschreiben nicht die formellen oder inhaltlichen Anforderungen an die Eigenbedarfskündigung einhält, kann die Kündigung unwirksam sein.

  • Missbräuchliche Eigenbedarfskündigung: Wenn der Vermieter den Eigenbedarf nur vortäuscht, um den Mieter loszuwerden, kann die Kündigung unwirksam sein.

  • Sozialer Härtefall: Wenn die Kündigung für den Mieter eine unzumutbare Härte bedeutet, kann sie unwirksam sein. Zum Beispiel, wenn der Mieter aufgrund seines Alters oder seiner Gesundheit nicht in der Lage ist, eine neue Wohnung zu finden.

  • Fehlende Alternativen: Wenn dem Vermieter alternative Wohnungen zur Verfügung stehen, die für seinen Eigenbedarf geeignet sind, kann die Kündigung unwirksam sein.

  • Falsche Begründung: Wenn der Vermieter den Eigenbedarf nicht ordnungsgemäß begründet oder falsche Angaben macht, kann die Kündigung unwirksam sein.

  • Bedarfsperson nicht genau genannt: Wenn der Vermieter die Person, die die Wohnung bewohnen soll, nicht so benennt, dass sie vom Mieter identifiziert werden kann, kann die Kündigung unwirksam sein.

  • Zeitpunkt der Kündigung: Wenn die Kündigung zu einem unangemessenen Zeitpunkt erfolgt, z.B. unmittelbar nach Abschluss des Mietvertrags oder während einer längeren Krankheit des Mieters, kann die Kündigung unwirksam sein.

  • Kein Hinweis auf das Widerspruchsrecht: Wenn Sie vom Vermieter nicht auf Ihr Widerspruchsrecht hingewiesen werden, ist die Eigenbedarfskündigung unwirksam.

Es gibt noch weitere Gründe, aus denen eine Eigenbedarfskündigung unwirksam sein kann. In jedem Fall ist es ratsam, sich anwaltlich beraten zu lassen, wenn Sie mit einer Eigenbedarfskündigung konfrontiert sind.

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Foto(s): WERNER Rechtsanwälte, Konstanz

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