Managementberatung zwischen Work-Life-Balance und persönlicher Haftung

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1. Management zwischen Work-Life-Balance und persönlicher Haftung

Manager arbeiten heute im Durchschnitt mehr als früher. Gründe sind unter anderem: Globalisierung, Vernetzung, Optimierung, gestiegene Anforderungen, denen der Manager gerecht werden will. Es gibt allerdings heute mehr Risiken für die Firma, persönliche Haftungsrisiken und Stress.

Was ist in solchen Zeiten mit der sogenannten Work-Life-Balance?
Manager sollen alles für Ihre Firma geben. Sie stehen oft am Rande der physischen und psychischen Leistungsgrenze. Sie sehen Ihre Kinder und Ehepartner manchmal  nur im Vorbeigehen oder für geschäftlich veranlasste Treffen. Nicht nur die Anforderungen, sondern auch die Gehälter sind gestiegen. Bei Vorständen großer Firmen liegt das Einkommen zwischen 1,5 und 3 Millionen Euro. Der bestverdienende Manager Deutschlands ist Herr Wiedekind von Porsche; er verdient mit Prämien und Aktienoptionen 100 Millionen Euro pro Jahr.

Im Fernsehen und in der Presse gibt es seit Jahren spektakuläre Fälle der zivil- und strafrechtlichen Inanspruchnahme von Vorständen, Geschäftsführern und Aufsichtsräten. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, dass Insolvenzgründe oft auf Managementfehlern beruhen. Eine Grundlagenuntersuchung von Euler Hermes und dem Zentrum für Insolvenz und Sanierung an der Universität Mannheim e.V. ergab, dass Managementfehler sogar die Hauptursache für Insolvenzen sind.

2. Aufsicht der Aufsichtsräte nicht ausreichend

Die Vorstände sind oft bei Krisensituationen oder gar Insolvenzen nicht die Hauptschuldigen. Sie verhalten sich meist so, wie es die Kapitalgeber oder der Aufsichtsrat vorgeben. Doch die Aufsichtsräte üben keine oder nicht ausreichend Kontrolle aus. Im Aufsichtsrat sitzen ehemalige Vorstände, Familienangehörige oder Vertreter politischer Parteien. Im Gegensatz zu vielen Aufsichtsräten in Deutschland gibt es im britischen Corporate-Governance-System Aufsichtsräte, die genau wissen wollen, wo sie im Vergleich zu anderen stehen und die wirklich Aufsicht ausüben - also kontrollieren. Kontrolle ist auch angesichts zahlreicher aufgedeckter Missbräuche und Fehler erforderlich. Vertrauen ist gu t- Kontrolle ist besser.

3. Verlust der Bodenhaftung und fehlendes Korrektiv

Viele Manager sind hochqualifiziert. Sie haben im Ausland studiert und namhafte MBA-Abschlüsse amerikanischer oder britischer Eliteuniversitäten erlangt. Manche hatten wenig oder gar keinen Umgang mit "normalen Studenten" und "normalen Leuten" - immer nur mit "Eliten". Mit 45 oder 50 sind viele Manager ganz oben angekommen - sie haben alles erreicht und verdienen sehr gut, haben großen Einfluss und werden bewundert. Manche namhafte Personalberater beobachteten, dass gerade Männer dazu neigen, sich plötzlich für sehr bedeutsam und mächtig zu halten. Sie heben ab oder haben die Bodenhaftung verloren. Manche holen sich dann noch Medienberater.

Ein Korrektiv können der Ehepartner, gute Freunde oder ehrliche Berater sein. Sie haben die Aufgabe, die Abhebenden wieder einzufangen. Dies klappt natürlich schlecht, wenn man Freunde hat, die selbst abheben, Berater, die im Fahrtwind mitfahren wollen und Manager, die sich bei Ihrem "Abheben" scheiden lassen und  nochmals mit einer ganz jungen, weniger kritischen Frau beginnen.

4. Tipps für Geschäftsleiter

Der Geschäftsleiter muss "Bodenhaftung" haben. Hier kann - wenn die oben benannten Korrektive nicht greifen - unter Umständen ein Coach behilflich sein. Risiken lassen sich frühzeitig erkennen. Auch die persönlichen Risiken müssen mehr ins Kalkül einbezogen werden. Mein Tipp: 2 Prozent der Arbeitszeit für "das  persönliche Risikomanagement" pro Tag.

  • Wissen Sie z.B., welche Zahlungen ein Vorstand noch in Krisensituationen leisten darf?
  • Wann müssen Sie die Bilanzen unterzeichnet haben?
  • Aktuelles Haftungsrisiko: Welche Fürsorge- und Organisationspflichten im Bezug auf Personal bestehen z.B zur Mobbingprävention?
  • Für welche Fälle haftet Ihre Haftpflichtversicherung (D&O Versicherung) und wann nicht oder haben Sie gar keine Haftpflichtversicherung für Schäden, die sie fährlässig verursacht haben?
  • Was ist bei Handlungen, die vom Gericht nicht als fahrlässig eingestuft werden, sondern sogar als vorsätzlich (bedingter Vorsatz), z.B wenn Sie für 500 Mitarbeiter die Sozialversicherungsbeiträge nicht rechtzeitig abgeführt haben? Besteht dann auch Versicherungschutz?
  • Wie sind Sie abgesichert für den worst case, dass Sie in Millionenhöhe Schadensersatz leisten müssen.
  • Sind die Mittel und Nachweise vorhanden, sich zu verteidigen? In manchen Fällen hatte ein ehemaliger Manager nach seiner sofortigen Freistellung plötzlich keinen Zugang mehr zu den Firmenunterlagen - auch nicht zu seinen eigenen Dokumenten. Er soll und muss sich dann gegen bestimmte Anschuldigungen rechtfertigen und kann dies mangels Unterlagen nicht mehr substantiiert vornehmen.

Schließlich ist der Bereich der Absicherung der Ehefrau und der Familie von entscheidender Bedeutung: Wie Ist die Familie abgesichert bei Krisen der Firma oder persönlichen Krisen?

5. Ausblick

Die Rechtsprechung zur Geschäftsleiterhaftung ist umfassend und wird ständig erweitert. Gleichzeitig haben der Gesetzgeber und die Rechtsprechung das Interesse, Missbräuche und Fehler in der GmbH/AG zu bekämpfen.Der Gesetzgeber schafft weitere Gesetze, zuletzt das MoMiG, das das bisherige GmbH-Gesellschaftsrecht modernisiert hat. Die Geschäftsleiter haften jetzt noch mehr. Die persönliche Haftung in Randgebieten steigt, teilweise mit unübersehbaren Haftungshöhen.

Wenn man die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Mobbing betrachtet, in der Fürsorge- und Organisationspflichten der Geschäftsleiter gefordert werden zur Erkennung, Vermeidung und Bekämpfung von Mobbing, sieht man, dass Managementpflichten und -gefahren noch viel komplexer werden. Managment erfordert Intelligenz und Spezialkenntnisse, Spezialfähigkeiten und Fachberater.

Management ist mehr als Leiten und Führen.  Es ist die Kunst, neue Wege zu beschreiten bei Erhaltung alter Werte. Es ist die Kunst zu führen, zu motivieren und zu lenken bei  innovativem Weitblick mit perfektem handwerklichen Geschick und Vermeidung rechtlicher und strategischer Fallstricke.  

 
Viel Glück und kompetente, ehrliche Berater!

Hermann Kulzer, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Risikomanager

 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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