Messungen mit dem Leivtec XV 3 - kein standardisiertes Messverfahren mehr, entschied jetzt das OLG Hamm

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Die Verwertbarkeit von Geschwindigkeitsmessungen, die mit dem Gerät Leivtec XV 3 durchgeführt wurden, ist aktuell (Stand September 2021) nach wie vor in der Diskussion.

Nach Einstellung einiger Bußgeldverfahren, in denen Leivtec XV3 als Messanlage zum Einsatz kam, hat nun auch das OLG Hamm in der von uns erstrittenen Senatsentscheidung klar entschieden, dass Messungen mit Geräten vom Typ Leivtec XV3 kein standardisiertes Verfahren darstellen.

OLG Hamm, Beschluss vom 16.09.2021 – III-1 RBs 115/21, vorhergehend AG Castrop-Rauxel – 6 OWi 191/20

Aus den Gründen der Entscheidung:

Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung (22 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften) zu einer Geldbuße von 80,00 verurteilt. Die Geschwindigkeitsüberschreitung ist festgestellt worden durch eine Messung mit dem Gerät LEIVTEC XV3.

II.

Der Senat hält eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 47 Abs. 2 OWiG, zu der die Generalstaatsanwaltschaft und die Betroffene bzw. ihr Verteidiger angehört worden sind, aus den nachfolgenden Gründen für sachgerecht: Der Senat schließt sich der Bewertung der Oberlandesgerichte Oldenburg (Beschlüsse vom 20.04.2021 - 2 Ss (OWi) 92/21 -, vom 19.07.2021 - 2 Ss (OWi) 170/21 -, und vom 26.08.2021 - 2 Ss (Owi) 199/21 -, jeweils veröffentlicht bei juris), Celle (Beschluss vom 18. 06. 2021 - 2 Ss (OWi) 69/21-, juris) und Stuttgart (Beschluss vom 10.06.2021 - 6 Rb 26 Ss 133/21 -, beck-online) an, dass es sich bei einer Geschwindigkeitsmessung mit einem Messgerät vom Typ Leivtec XV3 angesichts der von der PTB bestätigten unzulässigen Messwertabweichungen in speziellen Konstellationen (vgl. hierzu: Zwischenstand im Zusammenhang mit mutmaßlichen Messwertabweichungen beim Geschwindigkeitsüberwachungsgerät Leivtec XV3, Stand: 27. 05. 2021, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, DOI: 10. 7795/520. 20210527 und Abschlussstand im Zusammenhang mit unzulässige Messwertabweichungen beim Geschwindigkeitsüberwachungsgerät Leivtec XV3, Stand: 09. 06. 2021, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, DOI: 10. 7795/520. 20210609) insgesamt nicht mehr um ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt. Die hiervon abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig vom 17. August 2021 (II OLG 26/21, juris), in welcher die fortbestehende Qualifizierung der Messgeräte vom Typ Leivtec XV3 als standardisiertes Messverfahren primär damit begründet wird, dass bei Messungen mit Fahrzeugen, die - wie in den Versuchsreihen der PTB - mit Reflektoren im Innenraum versehen sind, unter gleichen Bedingungen gleiche Ergebnisse - wenn auch ggf. mit Werten, die nicht der gefahrenen Geschwindigkeit entsprächen - zu erwarten seien, überzeugt nicht. Insofern wird auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 26. 08. 2 021 (2 Ss (Owi) 199/21, juris) verwiesen, der sich mit der zeitlich vorausgegangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig ausführlich und für den Senat überzeugend auseinandersetzt. Angesichts der im Falle einer Zulassung der Rechtsbeschwerde aus o. g. Gründen erforderlichen weiteren Sachaufklärung durch das Amtsgericht mithilfe eines Sachverständigen, die im Hinblick auf die Bedeutung der Sache (Bußgeld i. H. v. 80, 00 ) unangemessen erscheint, hält der Senat eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 47 Abs. 2 OWiG, welche auch bereits im Zulassungsverfahren möglich ist (vgl. Göhler, OWiG, 17. Aufl, § 47 Rn. 41), für sachgerecht. Auch für den Fall, dass ein Zulassungsgrund gemäß § 80 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG sich nicht bejahen ließe, erachtet der Senat eine Verfahrenseinstellung für sachgerecht. Der fehlende Zulassungsgrund steht einer Einstellung insofern nicht entgegen (vgl. OLG Oldenburg; Beschluss vom 26. 08. 2021 - 2 Ss (Owi) 199/21 -, juris, m. w. N. ).

Fazit

Betroffene eines Bußgeldverfahrens, bei denen das Leivtec XV3 als Messanlage zum Einsatz kam, sollten sich unbedingt gegen einen Bußgeldbescheid zur Wehr setzen.

mitgeteilt von: Michael Rhode, Rechtsanwalt Münster

Foto(s): fotolia

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