Mobbing und Schadensersatz, kein Recht gegen „quälende Kollegen und Vorgesetzten?

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat Mobbing als „systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte“ bezeichnet (BAG, Beschluss vom 15. Januar 1997, Az. 7 ABR 14/96, Volltext=NZA 1997, S. 781.)

Über genau dieses systematische Anfeinden sollte ein sog. Mobbingtagebuch geführt werden! 

Hier unsere Empfehlung: Sollten Sie gemoppt werden und dies heute und morgen fortgesetzt werden begeben Sie sich im Zweifel sofort und (wiederholt) in ärztliche Behandlung (auch beim Hausarzt, falls Psychiater keine Termine haben) und dokumentieren Sie Ihre Beschwerden (wiederholt) durch ärztliche Atteste (und zwar in Abhängigkeit mit den erlittenen Mobbing Attacken). 

Der Dokumentation sollte entnommen werden können, wer zu welchem Zeitpunkt aufgrund von welcher Motivation oder aufgrund eines gemeinsamen Planes Anfeindungen, Schikanen oder Diskriminierung unternimmt. Ferner welche Medikamente Ihnen der behandelnde Arzt verschrieben hat.

Erstatten Sie für den Fall, dass die psychischen Quälereien zu Gesundheitsschäden führten, die einer ärztlichen Behandlung bedurften, ggf. sofort Strafanzeige und zwar gegen die Mitarbeiter oder Vorgesetzten und zeigen Sie dieses Verhalten des Mitarbeiters schriftlich bei Ihrem Arbeitgeber an. 

Erstatten Sie bei Untätigkeit von Vorgesetzten und Arbeitgebern schließlich auch Strafanzeige gegen Ihren Arbeitgeber. Zuständig für die Erstattung von Strafanzeigen ist die Polizeidienststelle am Betriebssitz Ihres Arbeitgebers an welchem Sie Ihrer Arbeitsleistung nachgehen.

Beachten Sie aber, dass nicht jede Unverschämtheit oder Unhöflichkeit, über welche Sie sich ärgern von rechtlicher Relevanz ist. Beleidigungen und üble Nachrede, die die Würde eines Menschen durch falsche Tatsachenbehauptungen verletzten sind Straftatbestände, die von Ihnen spätestens innerhalb von 3 Monaten bei der zuständigen Polizeibehörde zur Anzeige gebracht werden sollten, da es sich um Antragsdelikte handelt. 

Achten Sie auch darauf, dass Sie sich stets mit Zeugen (aus ihrem Lager) umgeben, wenn Sie Mobbing Attacken fürchten.

Beachten Sie auch, das Werturteile über Ihre Arbeitsleistung oder Ihre Person alleine (wie z. B. lass, Dich nicht mit der oder dem ein…, der ist schwierig… , oder gefährlich) zwar von Ihnen ehrverletzend empfunden werden, einen Richter aber nicht unbedingt als Mobbing Attacke überzeugen, die ja nach Ansicht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes systematisch sein müssen und über einen Einzelfall hinausgehen.

Eine berufliche oder fachliche Kritik, dass eine Arbeit ungenügend schlampig, zu langsam erbracht wird ist kein Mobbing, außer es handelt sich um eine systematische Quälerei, obwohl objektiv nicht schneller zu arbeiten ist. Aber auch für so einen Fall, sollten für diese Tatsachen Zeugen zur Verfügung stehen.

Zeitablauf und fehlende Dokumentationen, können im Zweifel für die Geltendmachung rechtlicher Ansprüche auf Schadensersatz zu einem späteren Zeitpunkt nicht nachgeholt werden (kein Arzt erstellt rückwirkende Atteste), kein noch so empörter Kollege, der die Schlechtbehandlung miterlebt hat will später als Zeuge gegen den Arbeitgeber oder Vorgesetzten aussagen (Schreiben Sie auf, wer was wann erfahren hat und reagieren Sie zeitnah). Zeugen müssen übrigens nicht aussagen wollen. Bitten und Betteln hilft also nix. Aber häufig wird es so sein, dass im Fall einer zeitnahen Reaktion, dass sonst so häufige Statement… „Ach wissen Sie Herr Richter, das ist lange her, … so genau kann ich mich nicht daran erinnern….“ nicht ermöglicht ist oder nicht glaubhaft ist.

Da hohe juristische Hürden bestehen ein sogenanntes Mobbing im Arbeitsgerichtsweg nachzuweisen, ist sehr im Rahmen einer stets zeitnah zu veranlassenden Dokumentation sorgfältig vorzugehen! Nur so schaffen Sie die Tatsachengrundlagen für einen erfolgreichen Prozess.

Auf der anderen Seite ist klar, dass wenn Sie wiederholt Strafanzeigen veranlasst haben oder sich mehrfach ggf. nur mündlich oder schriftlich beim Vorgesetzten beschwert haben, das Arbeitsverhältnis- aus Sicht des Arbeitgebers aufgrund einer von Ihnen veranlassten, wiederholten Störung des Betriebsfriedens ohnehin als zerrüttet bewertet und damit alsbald gekündigt bzw. nicht fortgesetzt werden wird. 

Da es aber ohnehin aufgrund von gesundheitlichen Gründen i.d.R. nicht empfehlenswert ist an einem Arbeitsplatz zu verweilen, an welchem man schikaniert wird, ist zu empfehlen, diesen entweder möglichst schnell selbst zu verlassen, oder, wenn man sich weiterhin einer Schlechtbehandlung durch Mitarbeiter oder Vorgesetzten ausgesetzt sieht, eine bestmögliche Dokumentation zu ermöglichen, die dann den Nachweis erlaubt, dass jemand verantwortlich für Ihre systematische Schlechtbehandlung ist.

Es ist zu ermitteln, welche Motive der einzelnen Fehlbehandlung durch Mitarbeiter oder Vorgesetzte bzw. dem Arbeitgeber zugrunde lagen und in welcher Häufigkeit solche Vorkommnisse zu verzeichnen sind.

Es bedarf einer genauen Analyse der einzelnen Verstöße, um die Diskriminierung oder das Mobbing deutlich herauszuarbeiten zu können. 

Nach dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) hat das Bundesarbeitsgericht für die Umschreibung des Begriffes des Mobbings die Definition einer benachteiligenden Belästigung nach § 3 Abs. 3 AGG herangezogen. 

Danach liegt „Mobbing“ liegt vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. 

Nur falls dies bewiesen werden kann, dass nicht einzelnes Fehlverhalten eines Mitarbeiters oder einzelne Fehlverhalten mehrerer Mitarbeiter vorliegen, sondern ein systematisches Diskriminieren, kann der Arbeitnehmer unseres Erachtens mit den notwendigen Erfolgsaussichten gerichtlich gegen den Vorgesetzten oder auch Mitarbeiter vorgehen. Dies, wenn dem Arbeitgeber (nachweislich) das Fehlverhalten angezeigt und diesem Gelegenheit geboten worden war Abhilfe zu schaffen. 

Das Gesetz geht zum Teil von typisierten Mobbinghandlungen aus, die nicht in einer allgemeinen schlechten Behandlung gleichzusetzen sind, sondern auch eine besondere ethische Vorwerfbarkeit begründen (Unhöflichkeit oder einzeln gelagerte Intrigen von Kollegen die nicht systematisch gesteuert sind gehören nicht hierher!). 

Diskriminierungen wegen eines der Gründe in § 1 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz), sind erniedrigende, gegen die menschliche Würde gerichtete, unmittelbar oder mittelbar benachteiligende oder belästigende Behandlungsweisen wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität, oder Anweisung zu einer Benachteiligung dieser Art (§ 3 AGG). 

Weitere Diskriminierungsverbote sind zum Teil spezialgesetzlich geregelt, z. B.: das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten (§ 4 TzBfG).

Es kann ggf. auch eine Diskriminierung wegen Verstoßes gegen den gewohnheitsrechtlich anerkannten allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegen, z. B. wenn manche Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund von Fortbildungsmaßnahmen ausgeschlossen, bei Beförderungen übergangen und bei Gratifikationen ignoriert werden. Anders als bei Diskriminierungen im Bewerbungsverfahren, oder das Mobbing, als systematisches, langfristiges Schikanieren, Ignorieren oder Belästigen innerhalb eines Arbeitsverhältnisses, ist die Beweissituation dann im Regelfall einfacher, wenn man (als Einziger) nie eine Fortbildung oder Gratifiktion erhält bzw. nie befördert wird. Tun sich einzelne Arbeitnehmer intrigant zusammen und quälen Sie wiederholt aber nicht systematisch und ohne dass strafrechtliche Tatbestände von Beleidigungen oder übler Nachrede erfüllt werden, wird es eher schwer. 

Hier treten in der Regel Beweisprobleme auf, die Erfolgsaussichten Schadensersatz zu erstreiten zu Nichte machen, oder juristisch dagegen mit Unterlassungsansprüchen vorzugehen. Geschieht Mobbing in dieser Art und Weise als versteckte Kriegführung mit unterschiedlichsten Attacken, verdeckten Attacken liegen ggf. im Einzelfall beträchtliche Schikanen vor, die aber nicht notwendig als systematisch koordiniert nachweisbar sind. (Manche Mitmenschen verstehen es ausgezeichnet jemanden spüren zu lassen, dass man nicht als Kollege oder Mensch wertgeschätzt wird und fahren Aktionen, die den anderen unglücklich machen).

Einzelne nicht systematische Unhöflichkeiten und Dergleichen von einem oder verschiedenen Mitarbeitern sind hingegen nach der Rechtsprechung im Zweifel hinzunehmen. In diesen Fällen ist der Nachweis einer systematisch wiederholten Diskriminierung im Zweifel eher schwer zu führen.

Fraglich ist nämlich dann tatsächlich, ob dem im Einzelnen handelnden Mitarbeiter oder sogar Vorgesetzten tatsächlich die gesamte Verantwortung an einem systematischen Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren auferlegt werden kann. 

Wird ein Verantwortlicher für die verschiedenen schlechten Behandlungsweisen nicht gefunden, können meist keine hohen Erfolgsaussichten für den jeweiligen Arbeitnehmer bescheinigt werden, gegen den Arbeitgeber vorzugehen.

Kann man alles beweisen, dann kann der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber analog § 12 Abs. 3 AGG verlangen, dass der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung des „Mobbing“ wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung ergreift. 

Ein Arbeitgeber haftet gemäß §§ 241 Abs. 2, 253 Abs. 2, 278, 280 Abs. 1 BGB für Schäden, die einem Arbeitnehmer durch Mobbing seitens seiner Vorgesetzten entstehen (Schadensersatz und Schmerzensgeld). Ein Ausschluss dieser Haftung nach § 12 Abs. 1 und 2 AGG findet nicht statt (BAG, Urteil v. 25.10.2007, 8 AZR 593/06).

Ebenso kann er gegenüber Mitarbeitern Unterlassungs-, Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen.

MJH Rechtsanwälte

Wir wünschen allen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein gedeihliches Zusammenwirken. Sollten sich einzelne Parteien nicht benehmen können, helfen wir gerne bei der Frage, ob rechtlich beachtliches Mobbing oder reine Unhöflichkeiten vorliegen. Kosten für die Erstberatung liegen bei diesen Fällen bei 226,10 Euro. Schildern Sie uns Ihren Fall gerne vorab per Mail. Wer eine Rechtsschutzversicherung als Arbeitnehmer hat, ist im Übrigen im Regelfall im Vorteil. 


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