Restalkohol – die unterschätzte Gefahr bei Trunkenheit im Verkehr

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Autofahrer sollten sich niemals alkoholisiert oder mit Restalkohol hinters Steuer setzen. Dies zeigen diverse Urteile.

Eine MPU (sog. Idiotentest) kann schon bei relativer Fahruntüchtigkeit angeordnet werden, und zwar schon ab 0,3 Promille (VGH München, AZ: 11 BV 14.2738). 

Fahrerlaubnisentzug schon ab 0,3 Promille möglich

Ab 0,3 Promille, die zum Beispiel schon durch das Trinken von einem Bier erreicht sein können, wird von einer sogenannten relativen Fahruntüchtigkeit, bis 0,5 Promille i. d. R. von einer Ordnungswidrigkeit ausgegangen. Aber: Bei auffälliger Fahrweise, Fahrfehlern oder bei einem Unfall, kommt bereits ab diesem Alkoholwert eine Straftat wegen Trunkenheit im Verkehr in Betracht. 

Der Leitsatz der Entscheidung lautet: „Nach strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), die auf einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss beruht, ist im Wiedererteilungsverfahren unabhängig von der bei der Verkehrsteilnahme vorgelegenen Blutalkoholkonzentration die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen (Änderung der Rechtsprechung).“

Beim Atemalkoholtest ist keine Aufklärung nötig

Ein Autofahrer war dagegen vorgegangen, dass er bei einer Polizeikontrolle nicht über die Freiwilligkeit eines Atemalkoholtestes aufgeklärt worden sei. Das Ergebnis (0,48 Promille) durfte jedoch verwertet werden, da keine Belehrungspflicht bestehe (Brandenburgisches OLG, AZ: 2 B Ss Owi 55/13).

Alkohol muss ursächlich für einen Unfall sein

Ein Autofahrer war mit 0,6 Promille beim Rangieren gegen ein anderes Auto gestoßen und beging anschließend Unfallflucht. Ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen. Er ging erfolgreich dagegen vor. Ihm konnte nicht mit der dafür erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden, dass der Unfall die Folge des Alkoholgenusses sei (AG Mönchengladbach, AZ: 59 GS 151/18). Dieser Ausnahmefall ist mit Vorsicht zu genießen, denn schon die Unfallflucht reicht zum Entzug der Fahrerlaubnis aus.

Lesen Sie hierzu meinen Rechtstipp: Verteidigung bei sog. Fahrerflucht oder unerlaubtem Entfernen vom Unfallort

Alkoholkontrolle auch auf Privatgrundstück möglich

Die Polizei verfolgte nachts einen Autofahrer bis auf sein Grundstück und musste dort einen Atemalkoholtest machen. Der Nachtest auf der Polizeiinspektion bestätigte 0,75 Promille. Das Amtsgericht München ordnete einen Monat Fahrverbot an. Der Autofahrer war vergeblich der Meinung, der Alkoholtest hätte gar nicht auf seinem Grundstück durchgeführt werden dürfen (AG München, AZ: 953 OWi 421 Js 125161/18).

Lassen Sie sich anwaltlich beraten und vertreten und schweigen Sie

Die Fahrerlaubnis ist zu wichtig, um ein dahingehendes Delikt auf die leichte Schulter zu nehmen. Sofern Sie Betroffener sind, empfiehlt sich unbedingt die anwaltliche Vertretung. Wichtig ist, bis zur Akteneinsicht des Verteidigers konsequent zu schweigen. Unterlassen Sie jede Äußerung der Polizei gegenüber, Sie müssen nur Ihre Personalien angeben.

Die Führerscheinstelle hat einen eigenen Ermessensspielraum

Und bedenken Sie: Die Fahrerlaubnisbehörde hat unabhängig vom Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat das eigene Ermessen, Ihre Tauglichkeit zum Führen eines Kraftfahrzeuges zu prüfen. In der Regel teilt die Polizei oder Staatsanwaltschaft jedes Trunkenheitsdelikt der Behörde mit, die dann den Gang des Verfahrens abwartet.

Führerschein und Fahrerlaubnis sind nicht dasselbe

Zu trennen sind die Begriffe Führerschein und Fahrerlaubnis. Der Führerschein ist eine amtliche Bescheinigung, die das Vorhandensein einer Fahrerlaubnis zum Führen bestimmter Fahrzeuge auf öffentlichem Verkehrsgrund belegt. Die Fahrerlaubnis ist dagegen ein Verwaltungsakt, d. h. die behördliche Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen. Sie ist an eine bestimmte Fahrzeugklasse gebunden. Die Fahrerlaubnis wird durch die zuständige Behörde erteilt und ist an die Fahreignung und den Nachweis der Befähigung in Form einer Fahrprüfung geknüpft, die Einzelheiten regelt das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Fahrerlaubnisverordnung (FeV). Die Fahreignung wird im Falle des Entzuges der Fahrerlaubnis (nicht des Führerscheins) durch die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) dann erneut geprüft.

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.



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