Tätlicher Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte als Gefahr für das polizeiliche Führungszeugnis

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Wie die Teilnahme an einer Demonstration die berufliche Zukunft beeinflussen kann

Allzu oft bekommen junge Menschen ans Herz gelegt, sich nicht die Zukunft zu verbauen. Bedeutung kommt diesem Satz in Bezug auf das polizeiliche Führungszeugnis tatsächlich zu. Am Beispiel Aktivismus wird dies besonders deutlich. Jeden Freitag gehen tausende junge Menschen auf die Straße und demonstrieren bei „Fridays for Future“. Es kommt bei diesen Demonstrationen jedoch verstärkt zu Aktionen „zivilen Ungehorsams“, wobei Straßenblockaden errichtet werden und andere mögliche strafbare Handlungen begangen werden. 

Doch wie kann aus einer bloßen Demonstrationsbeteiligung oder zivilem Ungehorsam ein Hindernis in der Zukunft werden?

Startpunkt zur Beantwortung dieser Frage ist das Bundeszentralregister.

Was ist das Bundeszentralregister?

Im Bundeszentralregister, einer elektronischen Datenbank des Bundesamts für Justiz, werden alle in Deutschland begangenen Straftaten in Form von rechtskräftigen Entscheidungen festgehalten. Je nach Schwere der Tat werden sie dort für eine gesetzlich vorgeschriebene Zeit gespeichert. Bei einer Verurteilung beträgt dies mindestens fünf Jahre.

Wann erfolgt eine Eintragung ins polizeiliche Führungszeugnis?

Das polizeiliche Führungszeugnis ist ein Auszug aus diesem Register und legt offen, wenn der Betroffene für eine Straftat verurteilt wurde. Nicht alle Eintragungen aus dem Bundeszentralregister werden auch in das Führungszeugnis übertragen. Außerdem herrschen verkürzte Tilgungsfristen, das heißt, die Straftaten sind dort kürzer vermerkt.

Eine Eintragung ins Führungszeugnis erfolgt bei Freiheitsstrafen ab 3 Monaten (§ 32 Abs. 2 Nr. 5 b BZRG) und Geldstrafen über 90 Tagessätzen (§ 32 Abs. 2 Nr. 5 a BZRG). Um die Wahrscheinlichkeit einer solchen Eintragung abschätzen zu können, empfiehlt sich die im Gesetz für die Verwirklichung der betreffenden Straftatbestände vorgesehen Mindeststrafe zu überprüfen.

Warum ist das polizeiliche Führungszeugnis von Bedeutung?

Vorzuzeigen ist das polizeiliche Führungszeugnis im Regelfall dem zukünftigen Arbeitsgeber und kann damit über die berufliche Zukunft entscheiden. Auch bei einem Praktikum, Auslandsaufenthalt oder einer Ausbildung ist oft Straffreiheit nachzuweisen. Gerade zur Erreichung des Beamtenstatus ist ein reines Führungszeugnis von erheblicher Bedeutung. Zudem haben Polizei, Gerichte und Behörden uneingeschränkte Einsicht in das zentrale Register.

Inwiefern ist kann die Teilnahme an einer Demonstration von Bedeutung sein?

Gerade am Beispiel des tätlichen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach § 114 StGB wird dies besonders deutlich.

Mit der 52. Änderung des Strafgesetzbuchs wurde 2017 aus dem § 113 StGB, dem „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ die Tathandlung des „tätlichen Angriffs“ herausgelöst und in einer für sich stehenden gleichnamigen Vorschrift, dem neuen § 114 StGB verankert. Die eingeführte Norm des „Tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte“ sieht einen erhöhten Strafrahmen, eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, vor.

In der Rechtspraxis wird nunmehr beinahe jeder Widerstands als tätlicher ausgelegt, sodass der neu in Kraft getretene § 114 StGB den § 113 StGB auszuhöhlen droht.

Begründet wird dies zum Teil mit vermeintlich steigenden Zahlen der tätlichen Angriffe gegen Polizeibeamte. Davon unabhängig werden kritische Stimmung über die Neuerung aus verfassungsrechtlichen Lagern und der Strafrechtspraxis laut.

In der Rechtspraxis führt die neue Vorschrift in erster Linie zunächst dazu, dass derartige Angriffe durch die angesetzte Mindeststrafe automatisch im polizeilichen Führungszeugnis des Schädigers einzutragen sind. Zuvor besaß das zuständige Gericht den Spielraum, über ein geringeres Strafmaß frei zu entscheiden.

Eine zunehmende Rolle spielt der Tatbestand des tätlichen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte vor allem in Krisenherden, in denen sich die Polizei nicht mehr in der kontrollierenden Position sieht und bei Durchführungen von Abschiebungen.

Jedoch auch in Bezug auf Demonstrationen oder Straßenblockaden kann ein Bewusstsein über diese Neuerung von Vorteil sein. Beispielsweise kann das Einhacken der Arme unter den Aktivisten in einer Sitzblockade als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gedeutet werden. Die Grenzen zu einem tätlichen Angriff sind dabei fließend. Schon jegliche Bewegung in Richtung Polizeibeamter kann als tätlicher Angriff ausgelegt werden, auch bei einer Demonstration.

So kann aus einer harmlosen Klimademonstration oder spontanen Sitzblockade und einer falschen Bewegung eine Eintragung ins polizeiliche Führungszeugnis resultieren, mit der sich ein unbedachter Aktivist erhebliche Steine in seinen zukünftigen Werdegang legen kann.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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