Teilnahme an Strafverfahren als Hinterbliebene wegen ​Mord und Totschlag

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Es findet ein Strafverfahren statt, bei dem ein nahes Familienmitglied von Ihnen getötet wurde.


Das ist ein Satz, den niemand Betroffenes unbeschadet hören oder lesen kann. Er geht mit viel Wut, Angst und Frust einher. Oft auch mit anderen Gefühlen, die niemand anderes greifen kann. Aber allen Voran mit Trauer. Und dem Wunsch nach Gerechtigkeit, Wiedergutmachung, vielleicht auch Rache. Jedenfalls aber dem Bedürfnis, dass der Fall aufgeklärt wird. Dass der Täter ermittelt, gefasst und gerecht verurteilt wird.


Sollte ein Strafverfahren wegen eines solchen Tötungsdeliktes laufen, steht Ihnen als hinterbliebene Person die Möglichkeit zu, an dem Verfahren teilzuhaben. Auf bestimmte Art und Weise aktiv mitzuwirken.


§ 395 der Strafprozessordnung (StPO) sagt hierzu, dass wenn Sie Elternteil, Kind, Schwester, Bruder, Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner einer rechtswidrig getöteten Person sind, Sie nebenklageberechtigt sind. „Nebenklageberechtigt“ ist ein kompliziertes Wort dafür, dass Sie aktiv auf Opferseite an einem Strafverfahren teilnehmen dürfen. Dies gilt für Tötungsdelikte wie Mord, Totschlag, aber entsprechend des Urteils vom BGH v. 13.06.2002, Az. 4 StR 95/02 auch für die fahrlässige Tötung.


Was bedeutet das genau?

In einem Strafverfahren wird zunächst durch die Staatsanwaltschaft mit der Kriminalpolizei der Vorwurf (Hier z.B. Mord nach § 211 des Strafgesetzbuches (StGB) oder Totschlag nach § 212 StGB) ermittelt. Wenn die Staatsanwaltschaft ausreichend Beweise gegen einen möglichen Täter gesammelt hat, erhebt sie Anklage und bringt damit den Tatvorwurf vor Gericht. Und vor Gericht wird dieser Vorwurf dann offiziell und i.d.R. öffentlich verhandelt. Alle Rechtsfragen werden erörtert, alle Beweismittel gesichtet und analysiert. Zeugen werden vernommen, Spuren in Augenschein genommen. Es werden oftmals Gutachten gefertigt zu bestimmten rechtlichen oder beweiserheblichen Fragestellungen. Und am Ende muss zweifelsfrei dargelegt werden, dass der Beschuldigte der Täter war. In allen andern Fällen wird der Beschuldigte freigesprochen.

In der Gerichtsverhandlung gibt es also die Richter, dann den Beschuldigten auf der einen Seite mit Strafverteidiger und die Staatsanwaltschaft auf der anderen Seite als anklagendes Organ. Möchte man sich also als Hinterbliebene anschließen, schließt man sich quasi dem Anklagevorwurf der Staatsanwaltschaft an, indem man sich beispielsweise einen Opferanwalt nimmt und dieser die Interessen von Ihnen und damit vom Opfer exklusiv mitvertritt. Dieser Anschluss nennt  sich Nebenklage. Der Opferanwalt und die Hinterbliebenen erhalten damit innerhalb des Strafverfahrens Vernehmungsrechte, Rechte zu Erklärungen und Stellungnahmen, das Recht Beweisanträge zu stellen und damit Ermittlungen zu helfen, das Recht zum Plädoyer und allen Voran das Recht auf Akteneinsicht in die Ermittlungsakten. Opferanwälte dürfen samt Ihnen als Nebenkläger während der gesamten Hauptverhandlung anwesend sein. Auch kann ein Opferanwalt im Strafverfahren selbst mögliche Schmerzensgeldansprüche geltend machen oder beim Angebot einer Schadenswiedergutmachung diese mit aushandeln. Ein Opferanwalt ist Ihr Interessenvertreter und erhält damit die Möglichkeit, auf das Verfahren einzuwirken. Und mittelbar sowie unmittelbar erhalten daher auch Sie die Möglichkeit, auf das Verfahren einzuwirken.  

Wenn also das Bedürfnis besteht, bei derartigen Verfahren auch „dabei sein zu wollen“, dann sollten Sie eine sogenannte Nebenklage mit Opferanwalt in Betracht ziehen.


Vorteile der Nebenklagevertretung 

  • Opfer erhalten spezifische Beratung zu ihrem Fall sowie zu den Rechten und Verpflichtungen.
  • Opferanwälte unterstützen das Opfer dabei, die Rechte und Pflichten als Zeugen zu wahren.
  • Opferanwälte können alle Zeugen (auch das Opfer) und den aussagebereiten Angeklagten vernehmen, was die Klärung von Missverständnissen oder die Verstärkung Ihrer Argumente ermöglicht und Unstimmigkeiten oder Unklarheiten auf Seiten der Gegenseite aufdecken kann.
  • Opferanwälte haben die Möglichkeit, sich zu Beweismaterial zu äußern, Rechts- und Bewertungsfragen zu diskutieren und Ihre Positionen rechtlich zu vertreten.
    Konkrete Beweiserhebungen können beantragt werden; auf Ermittlungen kann durch Stellungnahmen eingewirkt werden durch das Einführen neuer Beweise, das Lenken von Ermittlungen in neue bislang unbekannte Richtungen oder durch interessengerechte Beweisanalysen.
  • Opferanwälte können Einsicht in die Ermittlungsakten nehmen, um wichtige Informationen für Befragungen und Stellungnahmen im Prozess selbst zu gewinnen. Obwohl auch das Opfer selbst über den Anwalt Zugang zu den Akten erhalten könnte, ist dies für die Glaubwürdigkeit Ihrer Aussage in der Regel nicht ratsam. In der Regel reicht es aus, wenn der Anwalt über alle relevanten Informationen verfügt und entsprechend agieren kann. 
  • Opferanwälte bereiten den Mandanten auf das Durchstehen der Gerichtsverhandlung vor.
  • Opferanwälte können Ansprüche auf Schmerzensgeld im Strafverfahren stellen und über Angebote zur Wiedergutmachung verhandeln.
  • Opferanwälte sind aufmerksam gegenüber möglicherweise unzulässigen Befragungsmethoden und werden diese gegebenenfalls beanstanden. Sie helfen den Opfern, im Gericht Gehör zu erhalten und unterbinden Respektlosigkeiten im rechtlich möglichen Rahmen.
  • Opferanwälte können durch Aktenanalyse und entsprechenden Stellungnahmen dazu beitragen, vorschnelle Verfahrenseinstellungen zu verhindern und für das Strafverfolgungsinteresse der Opfer einzustehen. 
  • Schließlich setzen sich Opferanwälte unabhängig vom Verlauf des Verfahrens für das Opfer und dessen Interessen ein und plädieren am Ende in dieser Position als Gegengewicht des Verteidigerplädoyers.

Was kosten Hinterliebenenvertreter für die Nebenklage?

Beim Vorwurf der Tötungsdelikte Mord und Totschlag steht Ihnen per Gesetz ein Opferanwalt bzw. Hinterbliebenenvertreter für die Nebenklage zu. Es gelten dieselben Vorgaben wie bei Opfern selbst. Dieser wird in Höhe der gesetzlich geringen Gebühren vom Staat bezahlt. Im Regelfall ist aufgrund des Aufwandes des Verfahrens eine Selbstbeteiligung vereinbar. Ob eine solche Konstellation vorliegt, richtet sich nach dem konkreten Vorwurf. Welcher Vorwurf Gegenstand des Verfahren ist, steht auf Ihrer Ladung. Viele Anwälte schließen hierbei eine kleinere Zusatzkostenvereinbarung mit ihren Mandanten ab, da die Kosten, die vom Staat übernommen werden, sehr gering sind und oftmals den Aufwand nicht abdecken, den ein Anwalt mit einem solchen Mandat hat. Sprechen Sie hierzu offen mit dem gewünschten Anwalt. Letztlich müssen beide Seiten zufrieden sein mit dem Vorgehen.

Es gibt auch die Möglichkeit, dass die Rechtschutzversicherung aufkommt, sofern dies vom Versicherungsvertrag abgedeckt ist. Hierzu sollten Sie im Vorfeld eine schriftliche Deckungszusage einholen, also die Rechtsschutzversicherung um schriftliche Bestätigung der Kostenübernahme für ein strafrechtliches Nebenklageverfahren bitten.

Bei „geringeren“ Vorwürfen wie fahrlässiger Tötung, kann auch die Möglichkeit von Prozesskostenhilfe in Betracht kommen. 

In allen anderen Fällen, müssen Sie für sich überlegen, ob Sie einen tatsächlichen Anwaltsvertrag abschließen möchten. Sie zahlen also dann Ihren Opferanwalt selbst. Sollte der Beschuldigte verurteilt werden, trägt er Ihre Anwaltskosten (in gesetzlicher Höhe). Sie müssen jedoch in Vorkasse gehen und sind in diesen Fällen auf die Liquidität des Verurteilten angewiesen, wenn Sie sich die Kosten beim Verurteilten wiederholen.


Und nun?

Wenn Sie aktiv an dem Tötungsverfahren teilnehmen möchten, suchen Sie nach Anwälten für Opfervertretungen. Ihnen könnte Google hierbei helfen. Schreiben Sie der Kanzlei eine Mail oder Rufen Sie an und vereinbaren Sie ein erstes Beratungsgespräch zu Ihren Möglichkeiten. Das geht bereits im Ermittlungsverfahren, spätestens natürlich auch, wenn das Gerichtsverfahren ansteht. Es ist jedoch zu empfehlen, schon im Ermittlungsverfahren einzusteigen, um die Einwirkungsmöglichkeiten zu erhöhen. Unsere Kanzlei steht Ihnen gerne zur Verfügung.

Für Belastungen, die neben den rechtlichen Problembereichen auf Sie zukommen können, könnten Sie zudem Kontakt zu einer Opferschutzorganisation aufnehmen. Hier arbeiten Personen wie Sozialarbeiter, die zuhören und Rat kennen. Eine bekannte Opferschutzorganisation ist der Weißer Ring e.V. - aber auch lokale Organisationen in Ihrer Nähe können helfen.

Da entsprechende Verluste auch mit Ausnahmegefühlen einher gehen können, kann in vielen Fällen die Inanspruchnahme einer Therapie sinnvoll sein. Trauerbewältigung in einer derartigen Schwebesituation ist für viele Menschen nicht alleine zu verarbeiten. Und das ist keine Schande.

Atmen Sie durch. Diese Zeit muss unermässlich hart für Sie sein. Wenden Sie sich an Menschen, die Ihnen helfen können und möchten. Sie müssen da nicht alleine durch.


Benötigen Sie eine Anwältin, die Sie in Ihrer Strafsache betreut? Benötigen Sie eine Opferanwältin (Nebenklagevertreterin) wie oben beschrieben?

Rechtsanwältin Hannah Funke - Anwalt für Gewaltverbrechen

Wir arbeiten schwerpunktmäßig im Bereich der Gewaltverbrechen und Kapitalverbrechen. Lernen Sie uns kennen.

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Foto(s): Hannah Funke

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