Was ist eine Härtefallscheidung und warum ist sie nicht immer sinnvoll?

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Härtefallscheidung

Bei einer Scheidung stellen sich die Betroffenen häufig die Frage, ob eine Scheidung auch ohne eine Trennungszeit möglich ist. Man spricht dann von der sogenannten „Härtefallscheidung“. Dieser Artikel gibt einen Überblick, wann eine Härtefallscheidung möglich ist und wie diese abläuft.

In der Regel ist eine „schnelle“ Scheidung ohne ein Jahr Trennungszeit bei der einvernehmlichen Scheidung bzw. ohne dreijährige Trennungszeit bei der streitigen Scheidung nicht möglich. Allerdings kann in Ausnahmefällen von diesem Grundsatz abgewichen werden.

Welche Voraussetzungen müssen vorliegen?

Voraussetzung für eine Härtefallscheidung ohne Trennungszeit ist, dass die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller eine unzumutbare Härte darstellt.

Entscheidend für die Frage, ob ein solcher Härtefall vorliegt, ist jedoch nicht das subjektive Empfinden des Antragstellers. Als Maßstab ist vielmehr das Empfinden einer besonnenen dritten Person heranzuziehen, die bei einer Abwägung aller Umstände zu dem Schluss kommt, dass das Verhalten des Ehegatten eine unzumutbare Belastung darstellt und deshalb eine sofortige Trennung rechtfertigen würde. Dabei müssen die Gründe für die Härtefallscheidung nicht zwingend während der Ehe eingetreten sein. Ausreichend kann bereits das Entstehen solcher Gründe während der Trennungsphase sein. Auch setzt die Härtefallscheidung nicht unbedingt ein Verschulden des anderen Ehegatten voraus. Es reicht beispielsweise aus, wenn persönliche Eigenschaften oder Krankheiten vorliegen (für die der Ehepartner in der Regel kein Verschulden trägt), die eine Härtefallscheidung rechtfertigen können.

An das Vorliegen einer unzumutbaren Härte stellt das Familienrecht jedoch weitere hohe Anforderungen:

1.) Die unzumutbare Härte muss besonders gravierend sein und gem. § 1565 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Person des anderen Ehegatten liegen.

2.) Der Antragsteller muss die Gründe für die Härtefallentscheidung darlegen und beweisen.

Als Beispiele für Eheprobleme, die eine Härtefallscheidung rechtfertigen können, sind u.a.

  • Alkoholmissbrauch
  • Scheitern von Entzugskuren
  • Beleidigungen
  • Bedrohungen
  • Misshandlungen von schwerster Art
  • Morddrohungen
  • Drogenmissbrauch
  • Vergewaltigungen und
  • diverse weitere Straftaten

zu nennen.

Eine nachlässige Haushaltsführung, eine unbegründete Eifersuchtsszene oder ein einmaliger, im Affekt begangener körperlicher Angriff rechtfertigen in der Regel keine Härtefallscheidung.

Was gilt bei Ehebruch?

Ein Ehebruch per se stellt keine besondere Härte dar. Gleiches gilt wenn ein Ehepartner seine Unterhaltspflichten verletzt oder eine gleichgeschlechtliche Beziehung aufnimmt.

Wie läuft eine Härtefallscheidung ab?

Wer eine Härtefallscheidung durchsetzen möchte, muss die Gründe für die unzumutbare Härte im Scheidungsantrag darlegen. Des Weiteren ist der Antragsteller in der Pflicht hierfür Beweis anzubieten. Dies kann beispielsweise durch Zeugenaussagen oder Urkunden wie ärztliche Atteste und der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erfolgen. Bestreitet der andere Ehegatte daraufhin, dass solche Gründe vorliegen, wird das Gericht eine Beweisaufnahme durchführen, in der es die benannten Zeugen vernimmt oder Urkunden verliest.

Warum ist eine Härtefallscheidung unter Umständen nicht sinnvoll?

Die Härtefallscheidung erscheint zwar als geeignetes Instrument, sich der langwierigen Trennungsphase zu entziehen, allerdings kann sie in den meisten Fällen auch selbst viel Zeit in Anspruch nehmen. Denn durch die Beweisaufnahme kann sich der Scheidungsprozess derart in die Länge ziehen, dass er nicht wesentlich kürzer ist als eine Scheidung mit einjährigem Trennungsjahr.

Auch im Hinblick auf den Versorgungsausgleich muss die Härtefallscheidung nicht unbedingt günstiger sein. Denn wenn die Parteien nicht einvernehmlich auf den Versorgungsausgleich verzichten und kein Ausschlussgrund gegeben ist, ist dieser zwingend durchzuführen, sodass leicht vier bis sechs Monate ins Land ziehen, bis die bei den Versorgungsträgern einzuholenden Auskünfte vorliegen. Auch scheitert ein Antrag auf Abtrennung vom Verfahren, der drei Monate nach Zustellung des Scheidungsantrags gestellt werden kann, in den meisten Fällen an der erforderlichen Zustimmung des anderen Ehegatten.

Außerdem kann es im Hinblick auf die spätere Rente günstiger sein, statt einer sofortigen Härtefallscheidung ein Scheidungsverfahren mit Trennungsphase durchzuführen bzw. den Scheidungsantrag erst später einzureichen. Denn als für den Ausgleich relevante Ehezeit gilt die Zeit vom ersten Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist bis zum letzten Tag des Monats, bevor der Scheidungsantrag zugestellt wurde, § 2 Abs. 3 VersAusglG. Je länger also die Ehe dauert, desto stärker kann sich die spätere Rente erhöhen. Dies ist zum Beispiel in dem Fall, in denen etwa der Ehemann als Angestellter ein hohes Gehalt mit einer erheblichen betrieblichen Zusatzversicherung bezieht, während die Ehefrau kein Einkommen erzielt. Umgekehrt sollte der Ehemann, der einer unzumutbaren Härte unterliegt, in einem solchen Fall besonders schnell einen Scheidungsantrag stellen.

Ob eine Härtefallentscheidung sinnvoll ist, sollte für jeden Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Gerne stehen wir Ihnen hierbei zur Verfügung und beraten Sie, ob ein solches Vorgehen erfolgsversprechend ist.


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