Wenn der Mieter stirbt, aber der Mietvertrag weiterläuft – wer zahlt?

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Stirbt ein Mieter, treten die Erben an seine Stelle in den Mietvertrag ein. Kündigen die Erben das Mietverhältnis nicht außerordentlich, entstehen weitere Mietzinsforderungen des Vermieters. Die Frage ist nun, wer für diese Forderungen haftet – kann der Vermieter diese direkt gegen die Erben geltend machen oder beschränkt sich die Haftung auf den Nachlass des verstorbenen Mieters? Dazu entschied der BGH in einem kürzlich ergangenen Urteil (Az.: VIII ZR 122/18).

Der Sachverhalt

Verstirbt ein Mieter, kann dessen Erbe einen Nachlassverwalter bestimmen. Dann haftet der Erbe für Schulden des Verstorbenen nicht mehr mit seinem privaten Vermögen, die Haftung wird auf den Nachlass des Verstorbenen begrenzt. Dies gilt jedoch nicht für Verbindlichkeiten, die der Erbe bei ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses eingeht.

Stirbt ein Mieter, wie im vorliegenden Fall geschehen, haben sowohl der Erbe als auch der Vermieter das Recht, das Mietverhältnis außerordentlich innerhalb eines Monats gem. § 564 S. 2 BGB zu kündigen. Dies hat der Erbe unterlassen. Auch der Vermieter hat das Mietverhältnis nicht außerordentlich gekündigt, wodurch weitere Mietforderungen entstanden sind. Der Vermieter verklagte daraufhin den Erben persönlich auf Zahlung der offenen Mieten und Betriebskosten und begründete dies damit, dass das Unterlassen der außerordentlichen Kündigung durch den Erben eine Verwaltungsmaßnahme des Erben darstelle, durch welches dieser seine persönliche Haftung für die Mietforderungen begründe. Er könne die Forderungen folglich sowohl gegen den Nachlass als auch gegen den Erben persönlich geltend machen.

Die Entscheidung des BGH

Diese Frage ist seit Langem umstritten. Noch in zweiter Instanz entschied das LG Düsseldorf, das Unterlassen der außerordentlichen Kündigung stelle eine rechtsgeschäftliche Handlung dar, die als Verwaltungsmaßnahme des Erben die persönliche Haftung durch eben diesen begründen würde.

Dem widersprach der BGH. Der Erbe habe lediglich von einem ihm zustehenden Recht keinen Gebrauch gemacht. Daraus könne keine persönliche Haftung des Erben entstehen. Der Erbe tritt kraft Gesetzes für den Erblasser in den Mietvertrag ein, § 1922 BGB. Zweck des § 564 S. 2 BGB sei es, dem Erben die außerordentliche Kündigung dieses Mietvertrages zu ermöglichen, in den er automatisch eingetreten ist. Regelungen zur Haftung des Erben für Verbindlichkeiten aus diesem Mietvertrag enthält § 564 S. 2 BGB ausdrücklich nicht. Demnach richte sich die Haftung nach den erbrechtlichen Regelungen. Auf Grundlage des § 564 S. 2 BGB kann keine abweichende Haftungsregelung begründet werden.

Auch die Frist des § 564 S. 2 BGB stehe einer persönlichen Haftungsbegründung bei Unterlassung der außerordentlichen Kündigung im Wege. So beträgt die Frist des § 564 S. 2 BGB 4 Wochen. Ob der Erbe das Erbe annehmen möchte, muss er jedoch in 6 Wochen entscheiden. Somit würde der Erbe durch die 2 Wochen kürzere Frist des § 564 S. 2 BGB gedrängt, nachlassverwaltende Maßnahmen zu ergreifen, um eine persönliche Haftung zu vermeiden, obwohl er noch gar nicht entschieden haben muss, ob er das Erbe annehmen und den Nachlass übernehmen möchte, so der BGH.

Einschätzung & Empfehlung

Bei verstorbenen Mietern, die keinen nennenswerten Nachlass oder sogar Schulden hinterlassen, wird regelmäßig die Frage aufkommen, wie der Vermieter dann seine Forderungen aus dem Nachlass des verstorbenen Mieters befriedigen können soll. In solchen Fällen empfiehlt es sich, vom außerordentlichen Kündigungsrecht des § 564 S. 2 BGB Gebrauch zu machen, welches neben dem Erben auch dem Vermieter zusteht.

Zudem kann der Vermieter sich in solchen Fällen in aller Regel auf die Unzumutbarkeit der Fortführung des Mietverhältnisses berufen, § 543 I BGB. Auch kann er den Erben zur Erstellung eines Inventarverzeichnisses über den Nachlass auffordern. Erledigt der Erbe dies nicht innerhalb der gesetzten Frist oder ist ihm Inventaruntreue vorzuwerfen, haftet dieser dem Vermieter uneingeschränkt persönlich. Die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass greift in diesem Fall nicht mehr.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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