Arbeiten trotz Krankschreibung – Welche Konsequenzen erwarten mich?

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Arbeiten trotz Krankschreibung – Welche Konsequenzen erwarten mich?

Egal ob aus Pflichtgefühl oder weil sich der gesundheitliche Zustand bereits verbessert hat: Arbeitnehmer stellen sich oftmals die Frage, ob sie ihre Arbeit wieder aufnehmen können, obwohl sie eigentlich noch krankgeschrieben sind. In diesem Rechtstipp klären wir die rechtlichen Hintergründe dieser Situation auf und geben Arbeitnehmern und Arbeitgebern praktische Handlungshinweise!

1. Darf man trotz Krankenschein arbeiten gehen?

In der Fachsprache wird der Begriff der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verwendet. Im Volksmund werden die Worte Krankenschein, Krankmeldung und Krankschreibung oftmals als Synonyme aufgefasst. Inhaltlich bedeuten diese Begrifflichkeiten jedoch das Gleiche: Wer aufgrund seines gesundheitlichen Zustands nicht in der Lage ist, arbeiten zu gehen, wird zum Zwecke der Genesung freigestellt. Grundlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes ist eine Prognose über den zu erwartenden Krankheitsverlauf.

Die Krankschreibung ist also kein Arbeitsverbot. Denn selbst eine ärztliche Prognose kann sich im Einzelfall als falsch herausstellen. Wenn sich der Beschäftigte früher als erwartet wieder besser fühlt, kann er durchaus wieder arbeiten gehen. Hierzu ist er sogar verpflichtet. Eine „Gesundschreibung“ des behandelnden Arztes bedarf es hierfür übrigens nicht. In Deutschland gibt es eine solche Bescheinigung schlicht und ergreifend nicht. Das Urteil über den eigenen Gesundheitszustand trifft jeder Arbeitnehmer selbst.

2. Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Den Arbeitgeber treffen eine Reihe von Fürsorgepflichten. Grundlage hierfür ist der Arbeitsvertrag. Im drastischsten Fall, wenn also der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz Krankmeldung arbeiten lässt, verletzt er seine Fürsorgepflichten und kann sich unter Umständen sogar schadensersatzpflichtig machen.

Kommt der Mitarbeiter vor Ablauf des Krankenscheins wieder zur Arbeit, muss der Arbeitgeber sich also absichern, dass der Beschäftigte tatsächlich arbeitsfähig ist. Es muss gewährleistet sein, dass der Arbeitnehmer dazu in der Lage ist, die arbeitsvertragliche Leistung zu erbringen, ohne dass sich sein gesundheitlicher Zustand bei der Arbeit verschlechtern könnte.

Wenn Sie als Arbeitgeber den Eindruck gewinnen, dass Ihr Angestellter noch nicht wieder ganz fit ist, dürfen Sie ihn auch nach Hause schicken. So erfüllen Sie einerseits Ihre Fürsorgepflichten gegenüber dem erkrankten Arbeitnehmer und schützen andererseits die Belegschaft vor einer eventuellen Ansteckungsgefahr.

3. Trotz Krankenschein arbeiten: Der Versicherungsschutz bleibt!

Möchte der Mitarbeiter vor Ablauf der Krankschreibung wieder arbeiten gehen, steht diesem Wunsch versicherungsrechtlich nichts im Wege. Der Beschäftigte genießt auch dann den vollen Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Haben Sie beispielsweise den Arm gebrochen und können deswegen Ihre übliche Tätigkeit nicht ausüben, dürfen Sie dennoch an einer Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen, bei der Ihnen die gesundheitliche Beeinträchtigung kein Hindernis bereitet. Von Ihrer eigentlichen Tätigkeit bleiben Sie für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit freigestellt.

4. Arbeiten trotz Krankschreibung – Das Wichtigste in Kürze

  1. Die Krankschreibung ist kein Arbeitsverbot! Der Beschäftigte kann trotz Krankenschein früher wieder in den Job einsteigen.
  2. Der Versicherungsschutz bleibt erhalten, auch wenn Sie vor dem Ablauf der Krankschreibung wieder arbeiten gehen.
  3. Der Arbeitgeber kann den krankgeschriebenen Mitarbeiter wieder nach Hause schicken, wenn sich herausstellt, dass er nicht wieder voll arbeitsfähig ist.

5. Krankheitsbedingte Kündigung

Wegen erheblicher krankheitsbedingter Arbeitsausfälle und Vertragsstörungen kann dem Arbeitnehmer im Einzelfall eine krankheitsbedingte Kündigung drohen. Diese Maßnahme ist ein Unterfall der personenbedingten Kündigung, mit der das Vertragsverhältnis zum Arbeitnehmer ordentlich gekündigt werden kann.

Entgegen einer weitläufig verbreiteten Ansicht kann der Arbeitnehmer auch während des Krankenscheins gekündigt werden. Die Krankheit schützt vor Kündigung nicht. Im Gegenteil: Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen können der Grund für die drastische Maßnahme des Arbeitgebers sein.

Wer allerdings berechtigterweise krankgeschrieben ist, muss sich nicht dazu hinreißen lassen, vor Ablauf des Krankenscheins wieder arbeiten zu gehen. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist an strenge Voraussetzungen geknüpft. Als Arbeitnehmer können Sie Ihrem Körper also die Ruhe und Genesungszeit schenken, die er benötigt.

6. Fazit zur Arbeit trotz Krankenschein

Als Arbeitnehmer steht es Ihnen frei trotz Krankenschein wieder vorzeitig in den Job einzusteigen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes ist kein Arbeitsverbot. Auch aus versicherungsrechtlicher Perspektive haben Sie nichts zu befürchten. Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung bleibt bestehen. Als Arbeitnehmer sollten Sie allerdings damit rechnen, dass Ihr Arbeitgeber Sie wieder nach Hause schicken darf, wenn er den Eindruck hat, dass Sie nicht wieder voll einsatzbereit sind. In einem solchen Fall ist Ihrer Gesundheit Vorrang einzuräumen.


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