BGH Online Casino Klagen ausgesetzt - EuGH Urteil wird erwartet | 2024

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Glücksspielrecht Anwalt erklärt alles rund um die Aussetzung

In der sich schnell entwickelnden Welt des Online-Glücksspiels sind Rechtsstreitigkeiten keine Seltenheit, insbesondere in Deutschland, wo die gesetzlichen Bestimmungen sehr streng sind. Spielerklagen gegen Betreiber von Online-Casinos, die oft ihren Sitz in Ländern wie Malta oder Zypern haben, werfen ein Licht auf die komplexen Wechselwirkungen zwischen nationalem Recht und EU-Gesetzgebung. Diese rechtlichen Auseinandersetzungen erreichen eine neue Dimension, indem sie vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verhandelt werden. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, ob deutsche Regelungen, die Online-Glücksspiel ohne deutsche Lizenz untersagen, mit der europäischen Niederlassungsfreiheit konform sind.

Die Anwaltskanzlei Kaufmann hat sich als Anwalt der Spieler in diesem rechtlichen Dilemma etabliert. Mit der überzeugenden Argumentation, dass viele Online-Casinos ohne die notwendige deutsche Lizenz tätig sind, hat die Kanzlei signifikante Siege für ihre Mandanten errungen, indem sie die Ungültigkeit der Spielverträge aufgrund von Verstößen gegen das deutsche Glücksspielgesetz durchsetzte. Jüngst hat ein maltesisches Gericht ein Vorabentscheidungsverfahren in Bezug auf die deutsche Glücksspielgesetzgebung vor den EuGH gebracht, was den Bundesgerichtshof veranlasste, in einem seiner Revisionsverfahren (I ZR 53/23) die Verhandlung auszusetzen und die Entscheidung aus Luxemburg abzuwarten.

Der Artikel erörtert die Hintergründe dieser Aussetzung und die möglichen Folgen des EuGH-Urteils für die rechtliche Beurteilung des Online-Glücksspiels in Deutschland sowie wichtige Empfehlungen für betroffene Spieler.


Hintergründe der deutschen Casino-Klagen

In den Medien wird häufig über die Klagen von Online-Casino-Spielern gegen die Betreiber dieser Plattformen berichtet. Die Kanzlei Kaufmann vertritt zahlreiche dieser Spieler sehr erfolgreich. Der Hauptgrund für die häufigen Gerichtserfolge unserer Mandanten liegt darin:

  • Die meisten Betreiber von Online-Casinos sind in Malta, Zypern oder Curacao ansässig und verfügen in der Regel nur über eine Lizenz des Landes, in dem sie sich niedergelassen haben.

  •  Gemäß dem deutschen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) ist jedoch eine deutsche Lizenz erforderlich, die von der zuständigen deutschen Glücksspielbehörde ausgegeben wird, um legal Online-Glücksspiel in Deutschland anbieten zu können. 

  • Ohne diese deutsche Lizenz ist das Angebot dieser Casinos in Deutschland illegal, und die Verträge mit den deutschen Spielern sind nach deutschem Zivilrecht ungültig. 

  • Diese Ungültigkeit führt dazu, dass nach deutschem Bereicherungs- und Deliktsrecht die verspielten Einsätze zurückgezahlt werden müssen.

Die Anwälte der Online-Casino-Betreiber argumentieren regelmäßig vor Gericht, dass § 4 Abs. 4 GlüStV, der das Verbot von nicht lizenziertem Glücksspiel regelt, nicht mit dem Europarecht, insbesondere der Niederlassungsfreiheit gemäß Artikel 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), vereinbar sei. Die meisten Gerichte bestätigen jedoch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahr 2008, die die Konformität dieser Regelungen mit dem Europarecht bejaht.


BGH setzt Verfahren aus

Im Zuge der in Deutschland durchgeführten Rückforderungsprozesse haben deutsche Gerichte die Konformität des nationalen Rechts mit europäischen Rechtsvorgaben wiederholt überprüft und bestätigt. Eine endgültige Entscheidung eines zuständigen europäischen Gerichts steht jedoch noch aus. 

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), ein eigenes Verfahren auszusetzen, scheint darauf abzuzielen, eine einheitliche Handhabung aller ähnlichen Fälle gemäß den erwarteten Richtlinien des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu gewährleisten.

Das spezifische Verfahren des BGH befasst sich mit der Rückforderung von Verlusten aus Online-Pokerspielen, die unter das umfassende Verbot des § 4 Abs. 4 des Glücksspielstaatsvertrags von Juli 2012 bis Juni 2021 fallen. In diesem Fall fordert die Klägerin, die zwischen 2018 und 2019 an Online-Pokerspielen eines in Malta ansässigen Betreibers teilnahm, die Rückzahlung ihrer Verluste in Höhe von 132.850,55 € zurück. Sie argumentiert, dass sie nicht wusste, dass das Angebot illegal war und die Verträge somit ungültig sind. Die deutschen Gerichte stimmten ihr in vorherigen Instanzen zu, basierend auf der Ungültigkeit der Glücksspielverträge gemäß § 134 BGB aufgrund eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012. 

Der EuGH soll nun prüfen, ob diese Regelung mit dem EU-Recht übereinstimmt.

Die Revision des beklagten Glücksspielbetreibers zielt darauf ab, die Klage abzuweisen, während die Klägerin die Entscheidung des Berufungsgerichts verteidigt. Dass der BGH seine Entscheidung inzwischen an eine Entscheidung aus Luxemburg knüpfen bzw. auf diese warten will, ist ein nicht alltäglicher Schritt.

Einige Landes- und Oberlandesgerichte haben die bei ihnen laufenden Verfahren inzwischen auch ausgesetzt und warten auf die Luxemburger Entscheidung. Andere Gerichte lassen sich von der Aussetzung durch den BGH jedoch nicht beeinflussen und setzen ihre Verfahren fort.


Was Betroffene tun sollten

Zunächst ist zu betonen, dass die Diskussion um eine Verfahrensaussetzung sich ausschließlich auf Fälle bezieht, die gegen Betreiber innerhalb der EU, primär in Malta und Zypern, geführt werden. Verfahren gegen Betreiber aus Curacao sind von dieser Aussetzung nicht betroffen und können fortgesetzt werden.

Zudem besteht bei den (potenziellen) Klägern die Befürchtung der Verjährung. Es könnte eine lange Zeit vergehen, bis der EuGH eine wegweisende Entscheidung fällt. Diese Zeit steht den Betroffenen jedoch nicht zur Verfügung, weshalb die Klagen zügig weiterverfolgt werden sollten.

Das Oberlandesgericht Bamberg hat im Februar 2024 (Az. 10 U 22/23 e) entschieden, dass die Rückforderung von Spieleinsätzen auch unabhängig vom GlüStV möglich ist. Das Gericht berief sich dabei auf § 284 StGB (Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels) anstelle von § 4 Abs. 4 GlüStV. § 284 setzt voraus, dass keine behördliche Erlaubnis, also keine deutsche Glücksspiellizenz, vorliegt, was die Strafbarkeit begründet. Dies führt zur Nichtigkeit im Sinne von § 134 BGB, womit die Rückforderung der Spieleinsätze nach deutschem Deliktsrecht möglich wird.

Wenn Spieler ihre Klagen also auf § 284 StGB stützen, statt oder zusätzlich zum GlüStV, kann eine Verfahrensaussetzung vermieden werden.


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Foto(s): Foto von Erik Mclean auf Unsplash


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