Bundesgerichtshof stärkt Rechte getäuschter Anleger überteuerter Schrottimmobilien

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer am 09.06.2008 veröffentlichten Entscheidung (BGH, Urt. v. 29.04.2008 – XI ZR 221/07) klargestellt, dass eine kreditgebende Bank ihren Kunden vor dem Abschluss des Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Immobilienkaufs nicht nur dann darüber aufzuklären hat, dass der Kaufpreis der von ihr zu finanzierenden Immobilie knapp doppelt so hoch ist wie deren Verkehrswert, wenn sie hiervon tatsächlich Kenntnis hat. Die Bank haftet vielmehr auch dann gegenüber ihrem Kunden auf Rückzahlung aller Zins- und Tilgungsleistungen, wenn sich einem zuständigen Bankmitarbeiter die Erkenntnis einer solchen sittenwidrige Überteuerung im konkreten Einzelfall aufdrängen musste, er den Kunden jedoch hierüber nicht informiert.

Eine Bank, so die ständige Rechtsprechung des BGH, kann regelmäßig davon ausgehen, dass ein Kunde über ausreichend Sachkunde und Erfahrungen verfügt oder sich diese durch Dritte zugänglich macht, um die Risiken eines Immobilienerwerbs zu überschauen. Insofern besteht nach Auffassung des BGH grundsätzlich keine Pflicht der einen Immobilienerwerb finanzierenden Bank, den Kunden über die Risiken des konkreten Vorhabens aufzuklären.

Eine solche Verpflichtung ist jedoch ausnahmsweise anzunehmen, wenn die Bank zum Beispiel über einen sog. Wissensvorsprung verfügt, d.h. Kenntnis über Risiken die konkrete Immobilie betreffend hat und zudem erkennen kann, dass dem Kunden diese Risiken unbekannt sind. Klärt die Bank in einem solchen Falle ihren Kunden nicht über ihren Wissensvorsprung auf, so haftet sie ihrem Kunden auf Schadensersatz.

Der BGH vertrat bislang in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, eine Haftung wegen eines solchen Wissensvorsprungs komme nur dann in Betracht, wenn die Bank tatsächlich Kenntnis davon hatte, dass der Kaufpreis der zu finanzierenden Immobilie knapp doppelt so hoch ist wie deren Verkehrswert, den Kunden jedoch nicht informiert. Mit der vorliegenden Entscheidung erweitert der BGH die Haftung von Banken, die Immobilienerwerbe finanzieren. Nach Auffassung des BGH kommt eine Rückzahlung sämtlicher Zins- und Tilgungsleistungen an den Kunden auch dann in Betracht, wenn sich die Bank der Erkenntnis einer sittenwidrigen Überteuerung der Immobilie verschlossen hat. Dies ist dann anzunehmen, wenn es sich den zuständigen Bankmitarbeitern aufgrund der ihnen vorliegenden Informationen und Unterlagen geradezu aufdrängen musste, dass der Kaufpreis wesentlich zu hoch angesetzt war, sie dies unbeachtet gelassen und den Kunden hierüber nicht informiert haben.

Mit dieser Fortschreibung seiner Rechtsprechung ermöglicht es der BGH einer Vielzahl von Anlegern, welche insbesondere in den 90er Jahren zum Kauf überteuerter Eigentumswohnungen, sog. Schrottimmobilien, regelmäßig ohne Einsatz jeglichen Eigenkapitals, durch findige Vermittler verführt worden sind, gegenüber den finanzierenden Banken erfolgreich im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Darlehens und damit die Rückzahlung der über Jahre an die Bank gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen geltend machen zu können.

Opfer sog. Schrottimmobilien sollten sich nicht zuletzt aufgrund dieser anlegerfreundlichen Rechtsprechung des BGH um die Rückabwicklung ihrer Darlehensverträge bemühen und sich zu diesem Zweck von einem auf dem Gebiet des Bank- und Kapitalanlagerechts spezialisierten Rechtsanwalt über die Erfolgschancen im konkreten Einzelfall beraten lassen.


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