"Bunte Blüte": Doch kein Freispruch!

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Der Bundesgerichtshof hat am 16. Januar 2023 die vom Landgericht Berlin erlassenen Freisprüche gegen mehrere Mitarbeiter des Unternehmens "Bunte Blüte" aufgehoben (Urteil vom 16.01.2023 - 5 StR 269/22). Aber Warum?


Wie ist der Fall?

Das Unternehmen "Bunte Blüte" vertrieb Bestandteile von Cannabispflanzen mit einem geringen Gehalt von THC und einem hohen Gehalt des nicht berauschenden Wirkstoffs CBD (CBD-Produkte) über Spätverkaufsstellen und im Online-Handel. Das Unternehmen importeierte aus der Schweiz und Luxemburg mehrere Kilo Blütenstände mit einem TCH-Gehalt von ca. 13 g. Wichtig hierbei ist, das ab einem Gehalt von 7,5 g THC die Grenze zur sog. nicht geringen Menge überschritten ist und damit eine erheblich höhere Strafandrohung im Raum steht. 

Wichtig ist aber auch, dass immer auch Vorsatz bezüglich der Tatsache gegeben sein muss, dass die importierten und weiterverkauften Cannabisbestandteile zu Rauschzwecken verwendet werden. Diesen Vorsatz hat das Landgericht abgelehnt und die Angeklagten daher freigesprochen. 


BGH rügt Beweiswürdigung!

In seinem Urteil rügt der 5. Strafsenat des BGH (dieser ist u.a. für Revisionen aus dem Raum Berlin zuständig) , dass das Landgericht rechtsfehlerhaft den Vorsatz abgelehnt hat. 

Der BGH stört sich vor allem an der Beweiswürdigung des Landgerichts. So habe das Landgericht nichts zur Glaubhaftigkeit der Aussagen der Angeklagten gesagt. Das ist deshalb wichtig, da jede Aussage einer Prozessbeteiligten (Angeklagter, Zeugen usw.) auf die Frage der Glaubhaftigkeit zu überprüfen ist. Das Gericht muss erst mal davon ausgehen, das jede einzelne Aussage (egal ob Angeklagter oder Zeuge) falsch ist und muss dann schauen, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, das sie doch stimmt (sog. Nullhypothese). Solche Anhaltspunkte können Wiedersprüche innerhalb der Aussage sein aber auch lebensfremde Aussagen. Dies habe das Landgericht hier nicht getan.    

Das Landgericht habe sich auch nicht mit den Vorstrafen der Angeklagten genug auseinandergesetzt. Daraus hätte sich ergeben können, ob die Angeklagten die Rauschfähigkeit der CBD-Produkte erkannt hatten oder nicht. Wenn sie es aus ihrer eigenen Erfahrung hätten erkennen können, spricht das für Vorsatz. 

Dies sind die Hauptargumente des BGH. Nun muss eine neue Kammer des Landgericht Berlin entscheiden. 


Was bedeutet diese Entscheidung?

Zum einen ist festzuhalten, dass der EUGH entscheiden hat, das CBD nicht als Betäubungsmittel einzustufen ist (EuGH, Urteil v. 19.11.2020, Az. C-663/18). 

Nach dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ist es auch nicht als Betäubungsmittel dem BtMG unterstellt (https://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/_FAQ/Cannabis/faq-liste.html?cms_fid=566334). 

Daher könnte man meinen, alles in Ordnung und das Urteil des BGH ist nur eine Ausnahme.

Leider nein! Nicht immer sind CBD-Produkte legal! Das wichtigste Kriterium ist, dass man sich an den Mitteln nicht berauschen kann. Das hatte der BGH schon vor geraumer Zeit entschieden.  Dabei besteht jedoch ein Problem. Wie bereits oben erwähnt liegt die sog nicht geringe Menge bei 7,5 g reinem THC. Dabei spielt es keine Rolle, wie hoch der Wirkstoffgehalt in Prozent ist. In einem Urteil des BGH lag zugrunde, das ein Betreiber eines CBD-Geschäftes Cannabistee mit einem Wirkstoffgehalt von ca. 0,33% verkauft hat (zum vergleich: Straßencannabis hat einen Gehalt von ca. 10%). Wenn man genug davon lagert, dann kommt man auch auf den Gehalt von 7,5 g reinem THC und ist deswegen wegen des Verkaufs von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge dran. 

Wichtig ist aber, die Eigenschaft zu Rauschzwecken. Die ist bei einem so geringen TCH-Gehalt in der Regel nicht gegeben. Das muss man als Verkäufer aber wissen.

Wenn man es nicht weis, es einem Egal ist oder man es bewusst falsch einschätzt, so kann man sich wegen Vorsatzes strafbar machen. 


Welcher Rat kann also gegeben werden?

Jeder und jede, der mit CBD-Produkten handelt, sollte die Menge, die er hat und den Wirkstoffgehalt an THC kennen. Dazu muss man nicht zwingend eine eigene Laborprobe machen aber zumindes von seinem eigenen Zulieferer eine Versicherung einholen, wie hoch der TCH-Gehalt ist. Sollte man diesen als zu hoch einschätzen, dann besser Finger davon lassen. 

Das Hier genannte BGH Urteil geht genau in diese Richtung. Man muss wissen, oder zumindest sich im Klaren darüber sein, ob das Produkt einen THC-Gehalt hat, der potentiell berauschend wirken kann oder nicht. 


(Dieser Rechtstipp ist ein grober und unvollständiger Überblick über ein kleines Rechtsgebiet. Der Autor kennt den Fall nur aus der Presse und der entsprechenden Fachliteratur und war selber nicht an der Bearbeitung des Falles beteiligt! Daher können Details des Falles, die dem Autor nicht bekannt sind, zu einer anderen Einschätzung führen. Es kann keine Gewähr dafür übernommen werden, dass die Rechtslage und die Rechtsprechung dauerhaft unverändert bleiben. Daher gilt: Je älter dieser Rechtstipp ist, mit desto mehr Vorsicht ist er zu genießen. Ich rate davon ab, ohne Rechtsberatung durch einen Anwalt der sich mit ihrem Fall auskennt, nur auf Grundlage dieses Rechtstipps zu handeln.) 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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