ChatGPT: Risiken bei der Testamentserstellung

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Durch die kostenlose KI-Software ChatGPT versuchen viele Menschen sich die Arbeit zu erleichtern und Kosten zu sparen. Angeblich kann das Programm Gedichte schreiben, Dokumente zusammenfassen und sogar einfach Computer-Codes generieren. Die Idee liegt nahe, sich ein Testament einfach elektronisch und kostenlos erstellen zu lassen, statt den „aufwändigen“ Schritt zum Anwalt zu gehen.

Welche Risiken birgt das Programm?

Verlangt man juristischen Rat von ChatGPT erhält man die Antwort, dass es als KI nicht befugt sei, juristisch zu beraten und man sich an einen Anwalt oder Notar wenden solle. Diese Schutzmechanismen können jedoch durch die richtigen Fragen vom Nutzer umgangen werden.

Auf die Aufgabe an die KI, ein Berliner Testament in der Rolle als Anwalt zu erstellen, erfolgten lediglich folgende Rückfragen:

KI: "[...]

Ein Berliner Testament wird von Ehepartnern oder eingetragenen Lebenspartnern verwendet, um ihre gegenseitigen Vermögensinteressen nach dem Tod des einen Partners zu regeln. Es ermöglicht, dass der überlebende Ehepartner das gesamte gemeinsame Vermögen erbt und erst nach dessen Tod die gemeinsamen Kinder erben. Um ein Berliner Testament zu erstellen, benötige ich folgende Informationen:

1. Die Namen und Adressen des Ehepartners oder des eingetragenen Lebenspartners.

2. Eine Aufstellung des gemeinsamen Vermögens.

3. Informationen darüber, wer das Vermögen im Falle des Todes des Ehepartners oder des eingetragenen Lebenspartners erben soll, und wie es aufgeteilt werden soll.

4. Informationen darüber, wer als Testamentsvollstrecker oder Testamentsvollstreckerin eingesetzt werden soll.

Sobald ich diese Informationen von Ihnen erhalten habe, werde ich das Berliner Testament entwerfen und Ihnen zur Überprüfung vorlegen. Sollten Sie weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung."


Diese wurde mit folgenden Angaben beantwortet:

Nutzer: "
1. Name: Fred und Wilma Feuerstein 

2. Aufstellung des Vermögens: 

Haus im Wert von 100.000€
zwei Autos im Wert von jeweils 12.000€
Aktiendepot im Wert von 30.000€
Barvermögen im Wert von 10.000€ 

3. Informationen wer Erben soll:

Eine Hälfte soll an die gemeinsame Tochter gehen.
Ein Viertel an die Tochter aus erster Ehe von Wilma Feuerstein.
Ein Viertel soll gespendet werden an die "Slate & Co e.V."

4. Testamentvollstrecker soll Cliff Vanderfels
wohnhaft in der Dino-Straße 3, 23132 Steintal. Geboren in Felsental 100.000 v.C."


Daraufhin wurde folgender Entwurf von der KI erstellt:

Vielen Dank für die Informationen. Basierend darauf, würde das Berliner Testament wie folgt lauten:

Berliner Testament von Fred und Wilma Feuerstein

Wir, Fred und Wilma Feuerstein, setzen uns als Erben gegenseitig ein und treffen folgende Regelungen für den Erbfall:

1. Im Falle des Todes von einem von uns, erbt der andere Ehepartner das gesamte Vermögen.

2. Nach dem Tod beider Ehepartner soll das Vermögen wie folgt verteilt werden:

  • Die Hälfte des Vermögens geht an unsere gemeinsame Tochter Pebbles Feuerstein.
  • Ein Viertel des Vermögens geht an Wilmas Tochter aus erster Ehe, Frau Betty Kieselsand.
  • Ein Viertel des Vermögens soll an den "Slate & Co e.V." gespendet werden.

3. Wir ernennen Cliff Vanderfels wohnhaft in der Dino-Straße 3, 23132 Steintal, geboren in Felsental 100.000 v.C., zum Testamentsvollstrecker. Er soll die Durchführung unserer testamentarischen Anordnungen überwachen und insbesondere dafür sorgen, dass die Vermögenswerte entsprechend unseren Anweisungen verteilt werden.

Datum und Unterschriften

Ort und Datum: _________________

Unterschrift von Fred Feuerstein: ___________________

Unterschrift von Wilma Feuerstein: ___________________"

Bitte beachten Sie, dass ich als Anwalt die Richtigkeit der Informationen, die Sie mir gegeben haben, annehmen musste, und dass es sich um ein Muster-Berliner Testament handelt. Es ist wichtig, dass Sie das Dokument vor Unterzeichnung sorgfältig überprüfen und gegebenenfalls Änderungen oder Ergänzungen vornehmen, um sicherzustellen, dass es Ihren Wünschen und Bedürfnissen entspricht.

Die Kürze des Testaments zeigt die Risiken auf, die die KI nicht erkennt und durch Rückfragen nicht ausschließt. Folgende Punkte wurden nicht beachtet und zeigen daher, dass eine Beratung unerlässlich ist.

1. Form

Das Programm klärt nicht darüber auf, wie die Errichtung des Testaments zu erfolgen hat. Hier stellt das Gesetz strenge Anforderungen. Es bedarf entweder der notariellen Form oder der kostengünstigeren Variante des eigenhändigen Testaments, bei dem das Testament vollständig handschriftlich verfasst sein muss. In der Praxis tauchen immer wieder elektronisch abgefasste Testamente auf, welche mangels korrekter Form unwirksam sind.

Das Programm klärt weder über diese Formbedingungen noch über die Möglichkeit der amtlichen Verwahrung einer letztwilligen Verfügung auf.


2. Nationale Rechtswahl

Eine Rechtswahl zum deutschen Recht ist nicht nur relevant bei mehreren oder unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten der Ehepartner, sondern kann besonders dann Auswirkungen haben, wenn der Lebensabend im spanischen Ferienhaus verbracht werden soll oder generell längere Auslandaufenthalte zum Lebensstil dazugehören. Um die plötzliche Anwendung spanischen Erbrechts zu vermeiden sollte über die testamentarische Rechtswahl gesprochen werden, was das Programm nicht tut.


3. Risiko Pflichtteil

Durch die für das Berliner Testament typische gegenseitige Einsetzung des Ehegatten, entstehen bei den Kindern Pflichtteilsansprüche, über die die KI ebenfalls nicht aufklärt. Das Risiko kann durch entsprechende Pflichtteilsstrafklauseln verringert werden, welche im automatisierten Entwurf nicht auftauchen oder vorgeschlagen werden.


4. Bindungswirkung

Durch das Ehegattentestamt werden die Ehegatten in ihrer Testierfreiheit eingeschränkt, da die Verfügungen in der Regel wechselbezüglich sind. Eine alleinige/einseitige Änderung durch einen Ehegatten ist oft nicht möglich, es sei denn, dies wird entsprechend im Testament festgelegt.

Im Entwurf des Programms finden sich keine Konkretisierungen für diese Wechselbezüglichkeit. Es wird nicht darüber aufgeklärt, welche vertragsähnliche Bindung beide Ehegatten durch die Errichtung eingehen und welche Möglichkeiten bestehen, diese zu vermeiden oder nachträglich zu ändern.

Ohne entsprechende Beratung haben sich beide Ehegatten im worst case ohne ihr Wissen in ihrer Testierfreiheit eingeschränkt und können nach Tod ihres Ehegatten nicht mehr ihr Testament einer vielleicht geänderten Lebenssituation anpassen.

Wenn diese Einschränkung nicht gewollt ist, können entsprechende Änderungen im Testament aufgenommen werden. Diese zeigt das Programm leider nicht auf oder weist auf die Risiken eine Berliner Testaments hin.


5. Testamentsvollstreckung

Zudem fragt die KI sofort nach dem Namen des zukünftigen Testamentsvollstreckers. Dadurch könnte der Eindruck entstehen, dass eine solche Anordnung zwingend notwendig ist. Eine Testamentsvollstreckung ist jedoch freiwillig. Zudem sollten in diesem Zusammenhang auch offene Fragen wie Ersatz-Testamentsvollstrecker oder Vergütung der Person geklärt werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.


6. Möglichkeiten werden nicht voll ausgeschöpft

Auch wenn das Wichtigste bei einem Testament wohl die Erbeinsetzung ist, steht dem Verfasser die gesamte Breite/Palette des Erbrechts zu. Um den Willen des Einzelnen optimal umsetzen zu können gibt das Gesetz die Möglichkeit der Vermächtnisse, Teilungsanordnungen, Vor- und Nacherbschaft, Auflagen und sonstiger Klauseln.

Über all diese Möglichkeiten klärt ChatGPT nicht selbständig auf. Es erforscht nicht den Willen des Fragenden, um dessen Wünsche juristisch darstellen zu können, noch klärt es über Risiken des Entwurfs auf. Auch steuerrechtliche Aspekte werden nicht erläutert.

Es zeigt sich, dass eine anwaltliche Beratung hier unerlässlich ist.  Vom „schnellen und einfachen“ Weg über eine Künstliche Intelligenz ist bei einem so wichtigen Thema wie der Nachlassplanung dringend abzuraten.


Was die Kanzlei von Buttlar Rechtsanwälte für Sie tun kann:

  • Wenn Sie sich Gedanken um Ihren Nachlass machen, helfen wir Ihnen gerne dabei, rechtssichere und passende Lösungen zu entwickeln, die genau auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind.
  • Wir überprüfen Ihre bisherigen Regelungen daraufhin, ob diese noch zu Ihrer derzeitigen Lebenssituation passen.
  • Wir beraten Sie, falls bei einem Erbfall die Frage aufkommt, wem was zu steht.
  • Wir entwerfen für Sie Schenkungsverträge.
  • Wir beraten ehrlich, kompetent und kostentransparent.

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Ihre Ansprechpartnerin:

Rechtsanwältin Anna Mohr

Foto(s): von Buttlar Rechtsanwälte

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