Corona [Update] – Kurzarbeit verhandeln

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Das Coronavirus ist auch eine Gefahr für die Wirtschaft und viele Unternehmen gehen zu Kurzarbeit über. Was Kurzarbeit eigentlich ist und wie das funktioniert, habe ich bereits hier: Was ist Kurzarbeit? erörtert.

Kurzarbeit – nur mit Zustimmung

Für eine so weitreichende Maßnahme benötigt der Arbeitgeber allerdings eine explizite Befugnis, welche sich häufig aus dem Arbeitsvertrag, aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergibt.

Obacht: Arbeitsverträge unterliegen der sog. AGB-Kontrolle. Eine Klausel, wonach der Arbeitgeber sich die Einführung von Kurzarbeit vorbehält ist, z. B. gem. § 307 BGB unwirksam, wenn sie nicht klar und verständlich (also intransparent) ist oder den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat bspw. erkannt (Urteil v. 07.10.2010 – 2 Sa 1230/10), dass solche Klauseln unwirksam sind, wenn sie nicht ausdrücklich eine Ankündigungsfrist vorsehen. Darüber hinaus können sie auch dann gem. § 307 BGB unwirksam sein,

  • wenn sie Regelungen über Umfang und Ausmaß der Kurzarbeit, Festlegung des betroffenen Personenkreises, Art und Weise der Einbeziehung des Personenkreises u. ä. völlig offenlassen. 
  • Auch die bloße Bezugnahme auf die Vorschriften der §§ 169 ff SGB 3 führt weder für sich genommen noch über die Regelung des § 310 Abs. 4 BGB zu einer Legitimation der Klauseln, die den genannten Grundsätzen nicht entsprechen.

Daher sollten Arbeitgeber gut prüfen, ob sie wirklich berechtigt sind, Kurzarbeit einzuführen. Entsprechend sollten Arbeitnehmer ebenfalls die Frage stellen, ob sie das hinnehmen müssen.

Zustimmung erteilen – aber verhandeln

Liegen die Voraussetzungen nicht vor, muss der Arbeitgeber die Zustimmung auf individueller Ebene einholen. Üblicherweise wird er dazu eine Betriebsversammlung einberufen (und auf den Abstand achten), das virtuell machen oder im Umlaufverfahren. Das bleibt abzuwarten – neue Krisen erfordern neues Handeln. 

Der Arbeitgeber wird dann die schlechte wirtschaftliche Lage (wohl zu Recht) darlegen und an die Belegschaft appellieren, dass die Existenz des Betriebs auf dem Spiel steht. Das wird man tatsächlich nicht von der Hand weisen können, wenn die derzeitige „Verbotslage“ weiter bestehen bleibt. 

Vor diesem Hintergrund wird er um die Zustimmung bitten, um ansonsten wohl unvermeidliche Kündigungen zu umgehen. Die Arbeitnehmer sollten sich dann überlegen, ob sie zustimmen. Einiges spricht dafür. Allerdings sollten sie das nicht „gratis“ tun, sondern die Bedingungen aushandeln. Denkbar sind insb. folgende Punkte:

1. Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen 

Es könnte eine Regelung getroffen werden, wonach der Arbeitgeber bis zu einem bestimmten Datum auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet. Das würde den Arbeitnehmern eine gewisse Sicherheit geben. 

2. Aufstockungen

Das KUG füllt die Entgelt-Lücke, die durch die verminderte Arbeit entsteht, zu 60 bzw. 67 %. Im schlimmsten Fall fällt ein Angestellter bei „Kurzarbeit Null“ auf null Gehalt zurück, die Lücke ist dann 100 % und das KUG beträgt 60 bzw. 67 % des Nettogehalts (grob gesagt). Zahlt der Arbeitgeber weiterhin einen gewissen Teil des Entgelts, ist die Lücke kleiner und der Gesamtbezug steigt. Gerade im Bereich kleiner Einkommen kann das gleichwohl kritisch werden.

Daher gibt es die Möglichkeit der Aufstockung. Gem. § 106 Abs. 2 S. 2 SGB III kann der Arbeitgeber einen Zuschuss gewähren, der bei der Berechnung der Lücke außer Betracht bleibt und folglich das KUG der Höhe nach nicht mindert. 

3. Regelungen zur Dauer 

Es können auch Regelungen zur Dauer der Kurzarbeit getroffen werden. Wahrscheinlich hat keine Partei ein Interesse daran, länger als nötig auf Kurzarbeit zurück zu greifen. Das steht aber einer Regelung nicht entgegen. Dann müsste ggf. nach einer gewissen Zeit nachverhandelt werden. 

Fazit

Sollten die Parteien keine Regelung finden, bleibt die Entwicklung abzuwarten. Nach derzeitiger Lage scheinen Kündigungen nicht vermeidbar. Sollte auch das nicht ausreichen, dürfte einigen Betrieben die Insolvenz drohen. Das Entgelt der Belegschaft wäre dann für 3 Monate durch das Insolvenzgeld gedeckt. Der Arbeitsplatz wäre aber verloren. Das dürfte niemandem helfen. Daher auch hier der Rat, mit Augenmaß und „miteinander“ verhandeln.

Wenn Sie Fragen haben, sprechen Sie uns an. Wir helfen Ihnen.

Daniel B. Jutzi

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsinformer Rechtsanwälte Osnabrück


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