Dauerbrenner bei der Schadensregulierung: der Vorschaden

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Geschädigte haben nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall grundsätzlich das Recht, ihr Fahrzeug so reparieren zu lassen, als ob es den Unfall nicht gegeben hätte. Immer wieder berufen sich Versicherungen bei der Schadensregulierung aber dann auf sogenannte Vorschäden. Sie verweigern die Kostenübernahme mit der Begründung, dass die Beschädigung auch aus einem vorherigen Schadensereignis rühren könne. Damit sollten sich Geschädigte aber nicht „abspeisen“ lassen. Auch wenn das Fahrzeug schon vor dem aktuellen Unfall beschädigt war, steht dies einer Ersatzpflicht nicht unbedingt entgegen.

Was muss der Geschädigte beweisen und wie?

Zunächst einmal gilt: Liegt ein früherer Schaden am Fahrzeug in einem Bereich, der definitiv außerhalb der Zone des neuen Schadens liegt, darf er keinerlei Einfluss auf die Ermittlung der Reparaturkosten haben – gleichgültig, ob der Vorschaden beseitigt ist oder nicht.

Häufig ist es aber so, dass ausgerechnet derselbe Bereich betroffen ist wie bei einem vorhergegangenen Unfall („Überdeckungsfälle“). Geschädigte, die die Reparaturkosten voll ersetzt haben möchten, müssen dann nachweisen, dass der geltend gemachte Schaden auf den aktuellen Unfall zurückzuführen ist bzw. dass sie die Schäden aus dem Vorunfall fachgerecht haben reparieren lassen. Dieser Nachweis kann zum Beispiel durch Fotos, durch die Vorlage einer Reparaturbescheinigung oder einer Werkstattrechnung geschehen. Auch Zeugen sind ein mögliches Beweismittel. Unter anderem das Landgericht Frankfurt hat in einem solchen Fall betont, dass die Darlegungs- und Beweislast bei einem neuen Unfall im vorgeschädigten Bereich sowohl für den Umfang als auch für die Reparatur des Schadens beim Geschädigten liegt (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.07.2015, AZ: 2/07 O 324/12).

Sonderfall: nicht oder nicht vollständig reparierte Vorschäden

Richtig spannend wird es bei nicht oder nicht vollständig reparierten Vorschäden. Liegen solche vor, sollte eine genaue Abgrenzung vorgenommen werden, welche Schäden auf den aktuellen Unfall zurückzuführen und welche Kosten zur Beseitigung des aktuellen Schadens erforderlich sind. Sind die Schäden voneinander trennbar, ist dann lediglich eine Kürzung der (Gesamt-)Reparaturkosten durch die Versicherung zu befürchten. Ist aber eine Abgrenzung zu einem oder mehreren früheren Schäden unmöglich, besteht die Gefahr, dass die Versicherung die Schadensregulierung zu Recht verweigert.

Vorschaden verschwiegen: welche Konsequenzen drohen?

Um solche Komplikationen zu vermeiden, kommen manche Geschädigte auf die Idee, Vorschäden einfach zu verschweigen. Tun Sie das nicht – bzw. nicht ohne Ihren Anwalt! Vor Gericht verstoßen Sie damit unter Umständen gegen Ihre Wahrheitspflicht. Außerdem könnte man Ihnen versuchten Betrug vorwerfen. Gleichwohl sind Geschädigte nicht in jedem Fall verpflichtet, die gegnerische Haftpflichtversicherung über sämtliche Vorschäden in Kenntnis zu setzen. Holen Sie daher auf jeden Fall rechtlichen Rat ein, bevor Sie wissentlich einen Vorschaden verschweigen.

Was gilt bei Gebrauchsspuren?

So heilig das Auto den Deutschen auch ist: es ist ein Gebrauchsgegenstand. Das bedeutet, dass es auch nach kurzer Zeit schon Gebrauchsspuren trägt. Solange diese Spuren sich im normalen Rahmen bewegen (Kratzspuren am Stoßfänger, der nun unfallbedingt ausgetauscht werden muss), sind sie keine Vorschäden, die Versicherer von ihrer Ersatzpflicht befreien (vgl. Oberlandesgericht Hamm, Urteil v. 28.06.2022, Az. 7 U 45/21).

Folgen für die Praxis

Für Versicherungen ist der Vorschaden ein dankbarer Einwand, um eine Schadensregulierung zu verweigern bzw. zu verzögern oder zumindest den Erstattungsbetrag zu kürzen. Verhindern können Sie diesen Einwand wahrscheinlich nur, indem Sie täglich Ihr Fahrzeug rundum fotografieren und so belegen, dass es keinerlei Vorschäden gab. Für alle, denen das zu aufwendig erscheint: wenden Sie sich vertrauensvoll an mich! Ich berate Sie gerne rund um die Schadensregulierung nach einem Verkehrsunfall. Sie erreichen mich ganz einfach über das anwalt.de-Kontaktformular.



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