Der „Handy-Blitzer“ - mit künstlicher Intelligenz Verstöße gegen das „Handheld-Verbot“ verfolgen
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I. Aufwändige manuelle Beweiserhebung führt zu hoher Dunkelziffer bei massenhaften „Handheld-Verstößen“
Es ist wohl jedem Verkehrsteilnehmer bekannt, dass die Benutzung von Mobiltelefonen am Steuer während der Fahrt verboten ist. Darüber hinaus sind zahlreiche sonstige Verhaltensweisen im Zusammenhang mit elektronischen Geräten für den Fahrzeugführer als Ordnungswidrigkeit zu erfassen, was ebenfalls vielen von uns bekannt ist. Gleichwohl kommt es zu derartigen Verkehrsverstößen Tag für Tag unzählige Male. Mit Geldbußen und mittelbar auch mit Punkten in Flensburg sowie nur in groben Fällen hier und da auch mit einem Fahrverbot geahndet werden aber nur die wenigsten Fälle dieses „Massen-Vergehens“.
Der Grund dafür ist simpel: Bislang steht hinter nahezu jeder Anzeige der Bericht eines polizeilichen Augen-Zeugen. Manchmal geht es dabei um zufällige Feststellungen anlässlich der Streifen-Fahrt, andererseits aber auch um konzentrierte Überwachungs-Aktionen. Immer aber bedarf es dann der persönlichen Anhaltung des/der Betroffenen zu Zwecken der Identitätsfeststellung. Wenn die Tat bestritten wird, müssen die PolizistInnen zur gerichtlichen Hauptverhandlung erscheinen und dort als Zeugen über einen oft Monate früher (angeblich) stattgehabten Vorfall berichten. Das kostet Zeit und Ressourcen, die anderenorts fehlen. Freilich kann auf die beschriebene Weise ohnehin nur ein Bruchteil der Verstöße dokumentiert werden.
II. Automatisierte Beweiserhebung bei „Handheld-Verstößen“ mittels MONO-Cam und KI - ein Pilot-Projekt in Rheinland-Pfalz im Jahr 2022
Daher ist es naheliegend, über eine Automatisierung bei der Beweiserhebung zu sinnieren und sich dabei von den Erfahrungen lenken zu lassen, die in anderen Ländern bereits gemacht wurden. Angesprochen wird damit insbesondere die sogenannte MONO-Cam, bei der es sich um ein aus den Niederlanden bekanntes System handelt, mit dem über eine z.B. an Autobahn-Brücken über der Fahrbahn angebrachte Kamera und implementierte künstliche Intelligenz erkannt werden soll, ob ein Verkehrsteilnehmer in typischer Weise ein unter § 23 Abs.1a und 1b StVO fallendes Gerät verbotswidrig benutzt. Die Aufnahmen werden sodann von geschulten Polizeibeamten ausgewertet.
Verbunden ist mit dem Einsatz dieses Systems bei den Verfolgungsbehörden - neben einer Stärkung der Verkehrssicherheit durch general-präventive Aspekte - die Hoffnung, die Dunkelziffer bei „Handheld-Verstößen“ zu reduzieren und mit deutlich geringerem Personal-Einsatz mehr Ordnungswidrigkeiten verfolgen und beweisen zu können.
Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Hoffnung erfüllen lässt. Getestet wird dies mit dem besagten System seit Juni 2022 in Rheinland-Pfalz, zunächst für drei Monate in Trier und sodann für den gleichen Zeitraum nochmals in Mainz.
III. Zweifel an der Tauglichkeit und Rechtmäßigkeit des „Handy-Blitzers“ aus Sicht des anwaltlichen Verteidigers
Zweifel haben wir nicht nur deswegen, weil schon bislang bei vermeintlichen „Handheld-Verstößen“, die beiläufig anhand eines Blitzer-Fotos von Geschwindigkeits- oder Abstandsmessverfahren beanzeigt werden, nach unseren praktischen Erfahrungen ein Großteil eingestellt werden muss, da die Bilder aufgrund von Unschärfe und häufigen Überdeckungen durch Sonnenblenden und Innenspiegel die verbotswidrige Benutzung eines vom Tatbestand umfassten elektronischen Geräts gerade nicht beweisen können. Inwiefern der MONO-Cam dies besser gelingt, bleibt abzuwarten. Wir werden dies in jedem Einzelfall und notwendigenfalls unter Zuhilfenahme technischer Sachverständiger detailliert überprüfen.
Im Übrigen hegen wir erhebliche Bedenken, ob diese Art der Verfolgung rechtmäßig erfolgt. Schließlich werden nach derzeitigem Kenntnisstand mit dem System auch all jene Verkehrsteilnehmer, die völlig beanstandungslos fahren, von der Kamera erfasst. Die damit einhergehenden und verfassungs- und datenschutzrechtlich relevanten Verstöße gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht sind möglicherweise zumindest derzeit in Ermangelung einer geeigneten Rechtsgrundlage nicht zu rechtfertigen. Ähnliche Bedenken scheint auch der Landesdatenschutzbeauftragte aus Rheinland-Pfalz zu haben.
Betroffene, denen ein Verstoß gegen das „Handheld-Verbot“ vorgeworfen wird und bei denen im Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid als Beweismittel auf die MONO-Cam, ein Bild oder ein Video hingewiesen wird, sollten den Vorwurf vom Anwalt ihres Vertrauens prüfen lassen.
Dr. Sven Hufnagel
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Dr. jur. Sven Hufnagel ist auf die Verteidigung nach angeblichen Verstößen gegen das „Handheld-Verbot“ spezialisiert.
In der „FOCUS-Anwaltsliste“ wurde er in den Jahren 2015 bis 2021 sieben Jahre hintereinander als „Top-Anwalt für Verkehrsrecht“ aufgeführt. Seine Kanzlei wurde im STERN-Magazin in den Jahren 2020 bis 2022 durchgehend als eine der „besten Kanzleien Deutschlands im Verkehrsrecht“ genannt.
Nähere Informationen auf unserer speziellen Themen-Webseite unter www.handyverbot.com .
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