Der überschuldete Nachlass – Wege zur Haftungsbeschränkung

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Mit dem Tod des Erblassers geht dessen gesamtes Vermögen auf den oder die Erben über. Zum Vermögen gehören aufgrund der sog. Universalsukzession (Gesamtrechtsnachfolge)aber nicht nur die Aktiva, das Vermögen des Erblassers, sondern auch die Passiva, also die Verbindlichkeiten. Dies führt dazu, dass der Erbe dann mit seinem privaten Vermögen haftet, wenn die Verbindlichkeiten des Erblassers dessen Vermögen übersteigen, mit anderen Worten, dass Vermögen nicht ausreicht um alle Gläubiger zu befriedigen.

Was gehört zu den Nachlassverbindlichkeiten?

Da sind zunächst die vom Erblasser selbst herrührenden Schulden, die sog. Erblasserschulden. Dies sind z. B.

  • Darlehensverbindlichkeiten
  • Unterhaltsschulden
  • Verpflichtungen aus Bürgschaften
  • Herausgabeansprüche
  • Zugewinnausgleichsansprüche

Zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen auch Schulden, die erst durch den Erbfallentstehen, sog. Erbfallschulden. Beispielhaft seien hier genannt:

  • Beerdigungskosten
  • Pflichtteilsansprüche
  • Vermächtnisse und Auflagen

Der Erbe wird zumeist verhindern wollen, dass auch noch sein Privatvermögen für diese Schulden in Anspruch genommen werden kann. Dies ist einfach, wenn Sie schon genau wissen, dass der Nachlass überschuldet ist. Dann haben Sie ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Todesfalles oder Ihrer Erbenstellung 6 Wochen Zeit, das Erbe auszuschlagen. Wenn Sie Ihren einzigen Wohnsitz im Ausland haben oder sich zum Zeitpunkt des Todes im Ausland aufgehalten haben, haben Sie 6 Monate Zeit für die Ausschlagung.

Problematisch ist es allerdings, wenn sich nicht abschätzen lässt, ob der Nachlass überschuldet ist oder nicht. Bis zur Annahme der Erbschaft ist eine Erbenstellung nicht gegeben. Ohne Vollmacht wird bei Banken oder Dritten keine Auskunft zu erlangen sein.

Der potentielle Erbe hat also keine andere Möglichkeit, als sich über Akteneinsicht beim Nachlassgericht einen Überblick zu verschaffen. Zu beachten ist, dass die 6-Wochen-Frist weiterläuft und nach Ablauf der Frist das Erbe als angenommen gilt.

Das Thema ist komplex und es seien hier nur 2 Möglichkeiten die Haftung zu beschränken genannt:

1.
Zunächst gibt es die Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist. Bei Unkenntnis der Überschuldung zum Zeitpunkt der Annahme (auch nach Ablauf der 6-Wochen-Frist) oder bei einem Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses kommt eine Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist und eine fristgerechte Nachholung der Ausschlagung in Betracht. Die Anfechtung muss innerhalb von 6 Wochen ab der Kenntnis von der Überschuldung gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden.

2.
Ein weiteres Mittel, die Haftung des Erben zu beschränken, ist die Nachlassverwaltung. Vorteil der Nachlassverwaltung ist, dass man hier flexibler agieren kann als bei der Ausschlagung. Der Erbe ist zeitlich unbeschränkt zur Antragstellung berechtigt, bei mehreren Erben muss der Antrag von allen gestellt werden. Es ist jedoch darauf zu achten, dass noch keine unbeschränkte Haftung, z. B. durch Verstreichen der Auschlagungsfrist, eingetreten ist. Die Antragstellung erfolgt gegenüber dem Nachlassgericht, das die Verwaltung anordnet, öffentlich bekannt gibt und einen Nachlassverwalterbestellt. Die Nachlassverwaltung endet entweder mit der Einstellung mangels Masse oder der Eröffnung der Nachlassinsolvenz.

Wie Sie sehen, ist die Rechtslage nicht einfach und daher die Gefahr groß, einen Fehler zu begehen, der zu Lasten Ihres eigenen Vermögens gehen kann. Gerne stehe ich Ihnen daher mit Rat und Tat zur Seite.

Vorankündigung: Meine nächsten Beiträge werden u. a. die Themen „Erben in der Patchwork-Familie“ und „Fehler bei der vorweggenommenen Erbfolge“ behandeln. 


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