Die Einstellung eines Bußgeldverfahrens gegen Ableistung von Sozialstunden
- 2 Minuten Lesezeit
Bei Ordnungswidrigkeitenverfahren im Verkehrsrecht kann es zu der Konstellation kommen, dass bei einem eindeutig nachgewiesenen Verstoß zwar keine Einstellung nach § 47 II OWiG in Betracht kommt, die Rechtsfolgen, nämlich insbesondere
- Punkteeintrag in Flensburg
- Fahrverbot
für den Betroffenen aber so erheblich sind, dass sich die Prozessbeteiligten Gedanken über eine Einstellung des Verfahrens auf anderem Wege machen. Im Strafrecht gibt es hierfür den § 153a StPO: dieser sieht eine Einstellung des Strafverfahrens gegen Auflage, meist Zahlung einer bestimmten Geldsumme, vor. Dies geht im Bußgeldverfahren nicht: § 47 III OWiG regelt eindeutig:
"Die Einstellung des Verfahrens darf nicht von der Zahlung eines Geldbetrages ... abhängig gemacht oder damit in Zusammenhang gebracht werden".
Der Sinn ist klar: niemand soll sich bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit "freikaufen" können.
Dennoch ist bei der Ahndung einer Tat stets entscheidend, ob die Durchführung eines Verfahrens und die Ahndung der Tat notwendig und angemessen ist. Dies wird Opportunitätsgrundsatz oder Opportunitätsprinzip genannt und ist in § 47 I S.2 OWiG ausdrücklich als verfahrensleitende Überlegung von dem Gesetzgeber niedergelegt worden. Im Verkehrsrecht wird es daher im Einzelfall darauf ankommen, ob die Verurteilung notwendig erscheint, um die Verkehrsdisziplin bei dem jeweils Betroffenen zu erhöhen (vgl. hierzu z.B. den Beitrag von Deutscher, NZV 1999, S. 185). Und dies kann bisweilen durchaus zu bejahen sein. Wenn z.B. ein berufstätiger Kraftfahrer dazu herangezogen wird, in seiner Freizeit gemeinnützige Arbeit zu leisten und dies auch einen Zusammenhang zu seinem Verkehrsverstoß hat, kann hier ein erheblicher erzieherischer Effekt eintreten. Warum soll der Betroffene, wenn er wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes zu verurteilen wäre, nicht zur Pflege eines Verkehrsopfers verpflichtet werden? Ihm würden die möglichen Folgen seines Verkehrsverstoßes auf diese Weise doch viel besser und direkter vor Augen geführt werden, als bei einer "sterilen" Verurteilung. Der genannten Auffassung, wonach eine Verfahrenseinstellung gegen Sozialstundenableistung möglich sein soll, ist somit zuzustimmen.
Dr. Henning Karl Hartmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Oranienburg
Weitere Infos:
http://www.ra-hartmann.de/einstellung-eines-bussgeldverfahrens-gegen-ableistung-von-sozialstunden-dr.-hartmann-partner.html
Artikel teilen: