Die „nicht geringe Menge“ Cannabis nach dem neuen § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG - juristisches Neuland!

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Das neue Konsumcannabisgesetz (KCanG) stellt bekanntlich bloß eine Teillegalisierung zum Zwecke des Eigenkonsums bzw. Eigenanbaus von Cannabis dar. Zahlreiche Handlungen bleiben strafbar und es droht eine Vorladung von der Polizei.

Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (bei Gescher, Ahaus, Steinfurt) gibt Ihnen über die gesamten Straftatbestände des § 34 Abs. 1 KCanG (Besitz mehr als 30 bzw. 60 Gramm, Handeltreiben, Einfuhr, Überlassung zum Verbrauch usw.) hier:

Überblick zum KCanG


Hier soll es so lange die Diskussion noch „heiß“ ist, allein um das Problem der Bestimmung der nicht geringen Menge gehen.


Warum das Erreichen oder Nicht-Erreichen der nicht geringen Menge so wichtig ist

Eine Straftat nach Abs. 1 mit einer nicht geringen Menge zu begehen, stellt gem. § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG einen besonders schweren Fall dar (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren).

Eine Straftat nach § 34 Abs. 4 KCanG stellt sogar ein Verbrechen dar, wenn die weiteren Kriterien erfüllt sind (Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren).

Es kommt also für die Frage, ob man lediglich eine kleine Geldstrafe zahlen muß oder das Verfahren gar eingestellt wird oder ob man hingegen ins Gefängnis muß, ganz maßgeblich drauf an, ob die nicht geringe Menge erreicht wurde oder nicht.  


Die nicht geringe Menge THC nach alter Rechtsprechung zum BtMG

Der BGH hat den Wirkstoffanteil als maßgebliches Kriterium zur Bestimmung der nicht geringen Menge bei Betäubungsmitteln festgelegt. Bei Cannabis wurde der THC-Gehalt bislang – unter der alten Geltung des BtMG – als maßgebliches Kriterium festgelegt. Zuvor lag die  Grenze bei 7,5 Gramm. 

Laut Gesetzesentwurfsbegründung gilt die Grenze von 7,5 g THC unter dem KCanG nicht mehr. Der Gesetzgeber geht davon aus, daß sich diese Grenze der wesentlich nach oben verschieben wird. Es heißt dort: „Der konkrete Wert einer nicht geringen Menge wird abhängig vom jeweiligen THC-Gehalt des Cannabis von der Rechtsprechung aufgrund der geänderten Risikobewertung zu entwickeln sein. Im Lichte der legalisierten Mengen wird man an der bisherigen Definition der nicht geringen Menge nicht mehr festhalten können und wird der Grenzwert deutlich höher liegen müssen als in der Vergangenheit.“


Derzeit vertretene Auffassungen zur nicht geringen Menge im KCanG

Doch so einfach ist es nicht.

Die ersten Strafrechtler haben bereits verkündet, auch unter dem KCanG die Wirkstoffgrenze zur nicht geringen Menge weiterhin bei 7,5 THC zu vertreten.

Andere wollen die nicht geringe Menge THC-Wirkstoffanteil bei 100 g ansetzen.

Andere wollen unbeachtlich des THC-Wirkstoffanteils pauschal eine Pflanzenmenge von 60 Pflanzen, wahlweise pauschale Bruttomenge 500 Gramm ansetzen – was ja schon ganz ordentlich wäre.

Doch so sieht’s derzeit in der Rechtsprechung zum KCanG  mit der nicht geringen Menge aus:

  • 80 Gramm THC-Wirkstoff sind nicht geringe Menge (ngM),  Landgericht Freiburg, Urteil vom 5.04.024 – 17/23 3 KLs 690 Js 3513/23 (nicht rechtskräftig).
  • 7,5 g THC-Wirkstoffgehalt sind ngM – also alles beim Alten gemäß OLG Hamburg, Beschluß vom 9.04.2024 – 5 Ws 19/24 (kein Rechtsmittel gegen Beschluß möglich).
  • 500 g Cannabis sind ngM – also sehr großzügig beim AG Karlsruhe, Urteil vom 9.04.2024 – 1 Ls 610 Js 32177/23 (nicht rechtskräftig).


Im Übrigen hört man noch weitere buntgemischte Meinungen durch Verteidigerkollegen quer aus der Republik, wozu aber noch nichts handfest (Stand 19.04.2024) veröffentlicht wurde. Dieser Rechtstipp wird daher laufend aktualisiert, sobald Entscheidungen veröffentlicht sind. 

Gerade die Staatsanwaltschaften machen nun Druck, daß zu „milde“ Urteile nicht in Rechtskraft erwachsen – und die nicht geringe Menge auch im KCanG möglichst weit unten angesetzt wird.   


Verteidigung im KCanG wichtiger denn je!

Abgesehen davon, daß man als Beschuldigter im Betäubungsmittelstrafverfahren auf keinen Fall ohne Rechtsanwalt in Strafsachen dastehen sollte, gilt dies augenscheinlich nun auch unter dem Recht des neuen Konsumcannabisgesetz. Gerade in Bezug auf die nicht geringe Menge herrscht Null Sicherheit – wer in Stadt B mit 500 Gramm zum Handeltreiben noch bestens milde davon kommt, kann in Stadt G mit 70 Gramm als Verbrecher im Knast enden. Ist mega ungerecht, aber damit müssen Cannabis / Marihuana bezogene Personen aktuell leben.

Wenden Sie sich in jedem Fall als Beschuldigter und auch als (potentiell beschuldigter) Zeuge ab der ersten Vorladung durch die Polizei an einen versierten Fachanwalt und beauftragen ihn mit Akteneinsicht und Übernahme Ihrer Verteidigung! H. Urbanzyk aus Coesfeld (bei Borken, Dülmen, Rheine) ist als Fachanwalt für Strafrecht erfahren im Bereich Verteidigung gegen Vorwürfe aus dem BtMG – und hält nun für Sie auch die Verteidigung gegen KCanG-Verstöße aktuell im Blick.  

Ihr Fachanwalt für Strafrecht - auch zum KCanG!
Foto(s): Heiko Urbanzyk

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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