Die Rechtsschutzversicherung im Arbeitsrecht: Sinnvoll oder überflüssig?

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Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, ausstehender Lohn, Streitigkeiten um den Urlaub oder die Formulierung eines Arbeitszeugnisses - in der heutigen Arbeitswelt können Konflikte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern leider nicht ausgeschlossen werden. Ein Rechtsstreit kann dabei schnell hohe Kosten verursachen - lohnt sich hier also der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung?


Das Kostenrisiko im Allgemeinen

In den meisten zivilrechtlichen Fällen verhält es sich mit den Kosten des Rechtsstreits wie folgt: Die gerichtlichen Kosten und auch die Anwaltskosten der Gegenseite trägt in der Regel die Partei, die den Rechtsstreit verloren hat. Sofern die Parteien den Rechtsstreit teils gewinnen und teils verlieren, richten sich die Kosten nach der entsprechenden Quote und werden auf Antrag der Parteien durch das Gericht bestimmt.


Es besteht somit bei der Klageerhebung und bei Durchführung des gerichtlichen Verfahrens immer das Risiko, dass Sie einen Teil der Kosten tragen müssen, sofern Sie mit Ihrer Forderung nicht vollständig durchdringen. Insbesondere in Verfahren vor den Amtsgerichten, in denen die Parteien zunächst auch ohne Anwalt agieren können, kann dies daher unangenehme Folgen haben.


Die Besonderheit des Arbeitsrechts

In arbeitsrechtlichen Verfahren gilt hier jedoch eine entscheidende Besonderheit. Denn nach § 12a Arbeitsgerichtsgesetz [ArbGG] heißt es:


In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistands.


Auch wenn diese Vorschrift zunächst nur vom Urteilsverfahren spricht, so gilt die Regelung grundsätzlich auch für die außergerichtlichen Kosten. Kurz gesagt bedeutet es, dass Sie die Kosten des Verfahrens, insbesondere also auch die Kosten Ihres Rechtsanwalts, selbst dann zu tragen haben, wenn Sie das Verfahren erfolgreich für sich entscheiden. Eine Erstattung Ihrer Kosten durch die Gegenseite erfolgt nicht.


Grund dieser Regelung? Der Arbeitnehmer soll nicht von einer Durchsetzung seiner Ansprüche und von einer Klage abgehalten werden, weil er befürchten muss, im Falle des Unterliegens auch die Kosten des gegnerischen Anwalts zu tragen. Die entstehenden Anwaltskosten sind somit bereits im Vorfeld kalkulierbar.


Die Vorschrift soll also zugunsten des Arbeitnehmers dessen Kostenrisiko begrenzen. Sie führt jedoch auch dazu, dass Sie die eigenen Anwaltskosten selbst in den Fällen ausgleichen müssen, in denen Sie das gerichtliche Verfahren gänzlich für sich entscheiden. Gleiches gilt auch für die Kosten der Arbeitgeberseite.


Zur Veranschaulichung ein Beispiel

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten nach 10 Jahren Beschäftigung die Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses. Sie werden anwaltlich vertreten, erheben gegen diese Kündigung fristgerecht Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht und es kommt zur gerichtlichen Verhandlung. Bereits im Vorfeld wissen Sie, dass Sie die Kosten Ihres Rechtsanwalts selbst tragen müssen, die Kosten der Gegenseite trägt diese ebenso selbst.


Sofern für Sie durch einen Vergleich eine Abfindung herausspringt, können Sie hiervon zumeist die Rechtsanwaltskosten ausgleichen, was jedoch Ihre Abfindung entsprechend verringert. Wenn Sie das Verfahren sogar gewinnen, die Kündigung also unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis unverändert fortgesetzt wird - tragen Sie ebenfalls die eigenen Kosten, können nun jedoch nicht auf eine Abfindung zurückgreifen.


In diesen Fällen kann eine Rechtsschutzversicherung, die das Arbeitsrecht in erster Instanz abdeckt, die Kosten Ihres Rechtsanwalts übernehmen.


Lohnt sich also eine Rechtsschutzversicherung?

Die Entscheidung, ob sich eine solche Versicherung lohnt hängt von verschiedenen Faktoren ab. Arbeitnehmer sollten ihre individuelle Situation, ihre Arbeitsbedingungen und die Wahrscheinlichkeit von Rechtsstreitigkeiten berücksichtigen. In Branchen mit höherem Konfliktpotential oder unsicheren Arbeitsbedingungen kann eine Rechtsschutzversicherung eine beruhigende Sicherheit bieten. Insbesondere, wenn es bereits in der Vergangenheit arbeitsrechtliche Konflikte gab, sollte daher über eine Versicherung nachgedacht werden.


Auch für Arbeitgeber sollte eine Rechtsschutzversicherung für Arbeitsrecht eine ernsthafte Option darstellen. Je mehr Mitarbeiter für Sie arbeiten, umso wahrscheinlicher ist es, dass es früher oder später zu einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung kommt. Sofern Sie dann für jedes Verfahren einen Rechtsanwalt beauftragen, kann sich dies ebenfalls finanziell erheblich auswirken.


Allerdings gibt es auch Einschränkungen und Kosten zu beachten. Nicht alle Fälle werden von den Versicherungen abgedeckt, hier sollte genau geprüft werden, wie weit der Versicherungsschutz letztlich reicht. Zudem kommen neben Wartezeiten, ehe die Rechtsschutzversicherung für Ihren Fall einspringt, auch Selbstbeteiligungen in Betracht, wobei diese im Vergleich zu den Anwaltskosten zumeist überschaubar sind. Es ist daher unerlässlich, die jeweiligen Versicherungsbedingungen genau zu prüfen.


Fazit

Eine fundierte Entscheidung bezüglich einer Rechtsschutzversicherung im Arbeitsrecht erfordert eine sorgfältige Abwägung der individuellen Risiken und Kosten. Wer sich umfassend informiert und die Bedingungen kennt, kann von diesem zusätzlichen Schutz profitieren. Insbesondere in Kündigungsverfahren, in denen ohnehin die Nerven zumeist etwas blank liegen, kann eine solche Versicherung in der Hinterhand dabei helfen, die Ruhe zu bewahren und auf ein erfolgreiches Ergebnis hinzuarbeiten. Arbeitsrechtliche Streitigkeiten gehören somit definitiv zu jenen Rechtsgebieten, bei denen ernsthaft über den Abschluss einer solchen Rechtsschutzversicherung nachgedacht werden sollte.


Sie haben eine Kündigung erhalten, haben Fragen zu Ihrem Arbeitsverhältnis oder benötigen Unterstützung in einem arbeitsrechtlichen Fall? Als Rechtsanwalt für Arbeitsrecht berate und vertrete ich Sie gern. Schreiben Sie mir daher jederzeit gern eine E-Mail an info@kanzlei-apitzsch.de , über das Anwalt.de Profil oder rufen Sie mich einfach an unter 0341 234 60 119. Gemeinsam finden wir die bestmögliche Lösung für Ihr Anliegen.

Robert Apitzsch

Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Leipzig


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