Erfolg als 1-Personen-Kanzlei: „Es geht darum, dauerhaft inspiriert zu bleiben“

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Erfolg als 1-Personen-Kanzlei: „Es geht darum, dauerhaft inspiriert zu bleiben“
Leah Schmidt anwalt.de-Redaktion

Wodurch erzeugt man als Einzelanwalt am besten Sichtbarkeit für die eigene Kanzlei? Wie baut man seinen Mandantenstamm auf? Und welche Marketingmaßnahmen sind unverzichtbar? Rechtsanwalt Aaron Albrecht hat seine 1-Personen-Kanzlei zum Erfolg geführt und erzählt im Interview, worauf es dabei ankommt. 

Was war für Sie der ausschlaggebende Grund, eine 1-Personen-Kanzlei zu gründen? Welche Überlegungen gingen Ihrer Entscheidung voraus?

In der Hauptsache waren es die Arbeitsbedingungen in meinem letzten Angestelltenverhältnis. Ich hatte das Gefühl, dass ich stark hinter meinem Potenzial zurückbleibe, und erhielt keine Möglichkeiten, dieses zu entfalten. Ich sah viele überkommene Prozesse, die ganz einfach hätten automatisiert werden können. Auch das Arbeitsklima entsprach nicht meinen Vorstellungen. 

Am Anfang stand daher die Vision, wie ich mein Leben künftig und dauerhaft leben wollte. Ich sah meine Familie kaum und brauchte einen Grad an Flexibilität, der hier in keinem Angestelltenverhältnis geboten wurde. Also fasste ich den Entschluss, diesen Job eben selbst zu entwerfen. Hierbei haben mir die praktischen Erfahrungen aus meinem Werdegang enorm geholfen, da ich eine Idee davon hatte, was funktioniert und was nicht. 

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Was macht für Sie den Reiz aus, als 1-Personen-Kanzlei aufgestellt zu sein? 

Die Verantwortung für sich selbst. „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“, würde ich als Protestant sagen. Ich schätze auch den sehr direkten Mandantenkontakt. Ich war sehr zufrieden als Einzelanwalt, aber es kann streckenweise einsam sein. Ich bin ein kommunikativer Mensch und umgebe mich gern mit Menschen. Durch eine glückliche Fügung konnte ich nach einigen Monaten eine großartige und topfitte Rechtsanwältin einstellen. Aus der 1-Personen-Kanzlei wurde also schnell mehr. 

Welche Voraussetzungen sind Ihrer Ansicht nach für die Gründung einer eigenen Kanzlei nötig?

Grundvoraussetzungen sind Unternehmergeist, Startkapital und Gottvertrauen. Man muss kein Unternehmer sein, aber man muss einer werden wollen. Es gehört eine Menge Kreativität und Mut dazu. Ein bisschen Erfahrung in der Fallbearbeitung ist wichtig. Direkt nach dem Referendariat in die Selbstständigkeit zu gehen, halte ich für zu riskant. Allerdings braucht man auch nicht Jahre, um die praktischen Grundsätze zu verstehen.  

Ferner braucht es je nach Modell schon einiges an Kapital, besonders in der Anfangsphase. Wer hier zu knapp plant, dem geht leicht das Geld aus. Deshalb ist es wichtig, einen ausführlichen Business- und Finanzplan zu formulieren, um sich keinen Illusionen hinzugeben. Abraten würde ich jenen von einer Gründung, die über wenig Selbstvertrauen verfügen. Anwalt sein, ist Menschenführung, also Mandanten in unsicheren Situationen Halt und Perspektive geben. Wenn man selbst nicht innerlich gefestigt ist, geht das nicht. Mein starker christlicher Glaube gibt mir die Standfestigkeit, die ich brauche.  

Breit aufgestellt oder auf einzelne Rechtsgebiete spezialisiert: Was ist in Ihren Augen als Einzelanwalt die beste Strategie? 

Wer zu breit aufgestellt ist, wird leicht ineffektiv. Ich habe mich daher primär für das Zivilrecht entschieden und bearbeite besonders gern arbeitsrechtliche Mandate. Wenn einem das Rechtsgebiet liegt, ist man schneller und die Qualität der Arbeit ist höher. Die Mandanten danken es einem und man vermeidet auch persönliche Frustrationen. 

Gibt es bestimmte Skills außerhalb der juristischen Fachlichkeit, die für Einzelanwälte besonders wertvoll sind? 

Als Einzelanwalt vereinigt man viele Rollen in seiner Person. Softskills wie gutes Zuhören, Seelsorge, Mitgefühl und Verständnis sind da sehr wertvoll. Fachlich ist die Betriebswirtschaft unabdingbar. Hier muss man etwa stets den Cashflow im Auge behalten, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden. 

Besonders wichtig ist die Produktivität, da die Menge an parallelen Mandaten teils extrem ist. Man muss ein Verständnis dafür entwickeln, die laufenden Prozesse zügig abzuarbeiten, und darf sich nicht in Detailfragen verlieren, da einem das Dezernat sonst absäuft. Man wächst in allen Bereichen mit seinen Aufgaben, sollte aber nicht blind für Überforderung werden. 

Konnten Sie bei der Gründung bereits auf einen eigenen Mandantenstamm zurückgreifen? 

Nicht direkt. Der Mandantenstamm aus meiner vorherigen Tätigkeit wusste zunächst nichts von meiner Kanzlei. Erst als sich meine Neugründung herumsprach, änderte sich das.  

Der geringe Bekanntheitsgrad ist am Anfang das allergrößte Problem einer Neugründung. Mit der richtigen Strategie ändert sich das schnell. 

Wie haben Sie Ihren Mandantenstamm aufgebaut? 

Durch Marketing und Empfehlungsmanagement. anwalt.de ist dabei absolut zentral. Natürlich ist es aufwendig, aber man erhält Zugriff auf das Google-Top-Ranking von anwalt.de.  

Ich schreibe nur Artikel über Themen, die praktisch relevant sind und die mich selbst interessieren. So erhalte ich mittlerweile monatlich viele Dutzend Anfragen aus dem ganzen Bundesgebiet. Die Anfragen werden direkt über die Artikelseiten gestellt. Dadurch ähneln sich die Fälle oft, was die Bearbeitung ungemein vereinfacht. Ich habe anwalt.de mittlerweile auch auf meiner Homepage eingebunden. 

Mit welchen Mitteln erzeugen Sie die nötige Sichtbarkeit für Ihre Kanzlei, sowohl offline als auch online?  

Offline werbe ich ab und zu durch Printwerbung. Online erzeuge ich die Sichtbarkeit durch Suchmaschinenoptimierung (SEO). Hier habe ich bei anwalt.de eine kostenfreie Schulung gemacht, die mir sehr wertvolle Ansätze gegeben hat. Social Media nimmt für mich nur eine geringe Bedeutung ein. Die Auffindbarkeit im Internet ist sehr wichtig, da „googeln“ zum Standard für viele geworden ist. 

Ein guter Ruf ist für jede Kanzlei unerlässlich. Was gehört für Sie zu erfolgreichem Reputationsmanagement?  

Die Reputation folgt direkt aus der eigenen Arbeit. Kaum etwas fördert die eigene Reputation mehr, als wenn Dritte für einen bürgen, die kein Eigeninteresse verfolgen. Insoweit ähneln sich Empfehlungen unter Mandanten und Online-Bewertungen.  

In beiden Fällen sagen Dritte zu potenziellen Mandanten: „Dieser Anwalt ist gut!“ Online-Bewertungen sind insgesamt aber eher selten. Ich freue ich mich über jede einzelne Bewertung und teile diese auch mit meiner Familie. 

Welche Marketingmaßnahmen sind Ihrer Erfahrung nach für den Erfolg als Einzelanwalt unverzichtbar? 

Das kommt auf den Standort und die Ausrichtung der Kanzlei an. Im Ergebnis muss das Marketing dort ansetzen, wo die Mandanten sind. Printwerbung ist dann sinnvoll, wenn man die Leser als Mandantenstamm identifiziert hat. Wer sich auf jüngere Alterskohorten fokussiert, wird mit Social-Media-Werbung besser beraten sein.  

Die Kanzlei mit einem überregional bekannten Ort zu verbinden, hilft jedenfalls ungemein. Für mich ist es der Standort Am Markt in Bad Hersfeld, der auch in den Nachbarkreisen ein Begriff ist. Insoweit nimmt die Standortanalyse am Marketing teil. Grundsätzlich gilt, dass ohne Online-Präsenz heute kaum noch etwas geht. 

Mit einer eigenen Kanzlei sind vielfältige Aufgabenbereiche verbunden. Wie teilen Sie sich diese ein, damit für die fachliche Arbeit genügend Zeit bleibt?  

Zur Mandatsarbeit hinzu treten die Bereiche Steuern, Marketing und Verwaltung. Die steuerliche Komponente habe ich komplett ausgelagert, da das zu viel Zeit kostet. Marketing mache ich selbst, weil es mir Spaß macht. Hierzu setze ich mich meist abends nach der Arbeit noch mal hin.  

Die Verwaltung wird zu einem großen Teil durch unsere Software erledigt, aber es bleiben doch einzelne Dinge hängen, etwa die Bestellung von Büromaterial. Diese Dinge laufen am Anfang zwar einfach so mit, aber irgendwann braucht es Personal dafür. Auch hier muss man konstant prüfen, was man eigentlich erreichen will. 

Welche Tipps waren für Sie bei der Gründung Ihrer Kanzlei besonders wertvoll?  

Ein guter Hinweis war die Aufnahme eines Gründerkredits. Einerseits braucht eine Kanzlei einiges an Investitionen am Anfang. Andererseits lähmen Geldsorgen auch leicht.  

Mit ausreichend Puffer kann man sich auf das Wesentliche konzentrieren. Mein persönliches Umfeld war insgesamt sehr unterstützend, sodass ich kaum Hinweise erhalten habe, die sich als ungünstig herausgestellt hätten. 

Was haben Sie im Verlauf Ihrer Karriere gelernt, das Sie bei Gründung Ihrer Kanzlei gern gewusst hätten? 

Ich habe in den vergangenen Monaten gelernt, dass es nicht auf Einzelziele ankommt. Die Kanzlei ist ein Dauerschuldverhältnis. Man kann eine Kanzlei nicht „gewinnen“.  

Es gibt keine Ziellinie, bei deren Überschreitung die Kanzlei plötzlich erfolgreich ist. Es gibt ja auch keinen ersten Platz in der Ehe. Es geht darum, dauerhaft inspiriert zu bleiben, sich mit angenehmen Leuten zu umgeben und stets an sich selbst zu arbeiten. 

Rechtsanwalt Aaron Albrecht steht seinen Mandanten unter anderem im Zivilrecht zur Seite. Er berät sie bei ihren Anliegen sowohl in den Räumen seiner eigens gegründeten Kanzlei in Bad Hersfeld als auch online. 

(LES; ZGRA)  

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Foto(s): ©privat/Aaron Albrecht, ©Adobe Stock/mangpor2004

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