Fahrlässige Körperverletzung Verkehrsunfall

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Fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr: Strafrechtliche Sicht

Im hektischen Verkehrsgeschehen kann ein Moment der Unachtsamkeit schwerwiegende Folgen haben. Ein Unfall mit Personenschaden kann als fahrlässige Körperverletzung gewertet werden und zu einem Strafverfahren führen. In diesem Artikel beleuchten wir die einschlägigen Tatbestände aus dem Strafgesetzbuch, die möglichen Strafen und geben Verhaltenstipps für den Ernstfall. Wenn Sie mehr zu dem Thema erfahren möchten, lesen Sie auch unseren Artikel "Fahrerflucht oder nicht? Das richtige Verhalten bei Parkschäden/Parkremplern"

1. Strafverfahren nach Verkehrsunfall

Verkehrsunfälle stehen in Deutschland an der Tagesordnung. Die meisten gehen zwar glimpflich aus, aber in vielen Fällen gibt es auch Sach- oder Personenschäden. Deswegen können nach einem Unfall unter Umständen schwerwiegende strafrechtliche Konsequenzen drohen. Im Strafverfahren wird geprüft, ob eine fahrlässige Körperverletzung oder weitere Straftaten vorliegen und wer dafür verantwortlich ist. Um das nachzuweisen ist meist eine Kette an Indizien und Beweisen nötig. Wir erklären Ihnen, wie die Fahrlässigkeit ermittelt wird und wie sie sich gegen solche Anschuldigungen verteidigen können. Als erfahrene Rechtsanwälte im Strafrecht helfen wir Ihnen dabei, die besondere rechtliche Situation zu verstehen und Ihre Verteidigung zu planen.

2. Fahrlässige oder vorsätzliche Körperverletzung?

Wenn eine Person verletzt wird, stellt sich zunächst die Frage: Handelt es sich um eine fahrlässige oder vorsätzliche Körperverletzung? Im Strafrecht wird hier genau differenziert, denn das unterschiedliche Maß des verwirklichten Unrechts durch den Täter schlägt sich im Strafmaß nieder.

  • Fahrlässige Körperverletzung liegt vor, wenn die Verletzung durch mangelnde Sorgfalt verursacht wurde, § 229 StGB. Dabei geht es um das Außerachtlassen der allgemein erforderlichen Sorgfalt. Sie kann in zwei Formen vorliegen.

    • unbewusste Fahrlässigkeit der Täter hat keine Kenntnis von den möglichen Folgen seines Verhaltens oder hält sie nicht für möglich 

    • bewusste Fahrlässigkeit = der Täter sieht die Verletzung zwar als möglich vorher, aber vertraut darauf, dass sie nicht eintritt

      Zur Orientierung der Bewertung der Fahrlässigkeit dienen die Straßenverkehrsordnung aber auch allgemeine gesellschaftliche Verhaltensnormen und Erfahrungssätze zum Verhalten im Straßenverkehr.

  • Vorsätzliche Körperverletzung nach §§ 223 ff. StGB stellt eine bewusste Handlung dar. Generell gibt es drei verschiedene Vorsatzformen.

    • Absicht = dem Täter kommt es darauf an/ es ist sein Ziel, mit seiner Handlung das Gegenüber zu verletzen

    • direkter Vorsatz = der Täter weiß sicher, dass es durch sein Verhalten zu einer Verletzung des Gegenübers kommt, und handelt trotzdem

    • bedingter Vorsatz = der Täter hält die Verletzung des Gegenübers für möglich und nimmt diese Möglichkeit aber billigend in Kauf, um sein eigenes Ziel zu erreichen (auch, wenn ihm die Verletzung unerwünscht ist)

Zwar ist bei den meisten Verkehrsunfällen eine vorsätzliche Begehung unwahrscheinlich, jedoch gibt es Konstellationen, in jüngster Zeit insbesondere in Zusammenhang mit PS-starken Autos und verbotenen Straßenrennen, in denen das Gericht teilweise sogar einen Tötungsvorsatz angenommen hat. Die Annahme eines Vorsatzes bei einer Körperverletzung im Straßenverkehr ist also nicht ganz ausgeschlossen.

Beachte: Die Abgrenzung von Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit ist nur unscharf möglich. Daher ist im Einzelfall eine individuelle Prüfung unter Beachtung aller Umstände zu tätigen, um herauszufinden, ob die Körperverletzung vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Grob gesprochen kann man sagen, dass sich der Täter bei der bewussten Fahrlässigkeit „Es wird schon gut gehen!“ und beim bedingten Vorsatz „Na wenn schon!“ denkt.
 Für die Beurteilung ist jedes Detail wichtig! Machen Sie daher keine Angaben zu dem Geschehen ohne Rücksprache mit Ihrem Strafverteidiger zu halten, auch wenn Sie sich keiner Schuld bewusst sind.

3. Prüfung einer fahrlässigen Körperverletzung

Die konkreten Voraussetzungen für das Bejahen einer fahrlässigen Körperverletzung sind allerdings wesentlich komplexer. Daher werden sie im Folgenden nochmal genauer (aber dennoch juristisch vereinfacht) dargestellt.

I.Tatbestand

  • Durch das Verhalten einer Person wurde eine andere Person an der Gesundheit geschädigt.

  • Sorgfaltspflichtverletzung/Fahrlässigkeit des Handelnden.

  • Zusätzlich müssen aus Sicht eines Außenstehenden die Handlung und die Verletzung zusammenhängen und zwar nicht im Nachhinein, sondern aus einer Vorab-Perspektive:

    • Wäre der gleiche Erfolg auch bei verkehrsgerechtem Verhalten eingetreten?“

    • „War die Folge (Körperverletzung) der Handlung vorhersehbar?“

    • War die Folge (Körperverletzung) der Handlung vermeidbar?“

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld
 Auch aus Sicht der handelnden Person mussten die Sorgfaltspflichtverletzung, Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit vorliegen. Hier ist ein individueller Maßstab anzulegen, der beispielsweise zwischen einem routinierten Taxifahrer und einem jungen Fahranfänger unterscheidet, da hier verschiedene individuelle Anforderungen an die Sorgfalt gestellt werden müssen.

4. Sonstige strafrechtliche Vorschriften

Sowohl das StGB als auch das StVG enthalten zahlreiche weitere Strafnormen mit Bezug zum Straßenverkehr. Hierzu zählen vor allem:

  • § 315b StGB gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr

  • § 315c StGB Gefährdung des Straßenverkehrs

  • § 315d StGB Verbotene Kraftfahrzeugrennen

  • § 316 StGB Trunkenheit im Verkehr

  • § 21 StVG Fahren ohne Fahrerlaubnis

Auch die fahrlässige Tötung nach § 222 StGB kann bei Verkehrsunfällen mit Todesfolge einschlägig sein.

5. Außerstrafrechtliche Konsequenzen

Außer den strafrechtlichen Folgen können bei einer fahrlässigen Körperverletzung im Straßenverkehr auch weitere rechtliche Konsequenzen auf Sie zu kommen. Hierbei spielen vor allem zivilrechtliche Ansprüche eine wichtige Rolle. Denn Opfer haben das Recht, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, um für entstandene Kosten (zB. Klinikaufenthalt) und Schmerzensgeld entschädigt zu werden. Etwaige Forderungen sollten Sie umgehend Ihrer Kfz-Haftpflichtversicherung melden und durch einen Anwalt mit Erfahrung im Zivilrecht prüfen lassen.

In einem strafrechtlichen Urteil, das bei fahrlässiger Körperverletzung von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren reichen kann, können zudem weitere Maßnahmen angeordnet werden. Je nachdem, ob andere strafrechtlichen Normen (zB. Trunkenheit im Verkehr) hinzukommen, kann auch der Entzug des Führerscheins oder die Anordnung von Fahrverboten oder ein Berufsverbot angeordnet werden.

7. Fazit

All diese Aspekte können Sie in Ihrem Alltag stark einschränken. Daher ist es ratsam, sich nach einem Unfall, insbesondere bei Personenschäden, so früh wie möglich mit einem Fachanwalt für Strafrecht auszutauschen und ihn mit Ihrem individuellen Fall zu betrauen. Dieser kann Sie nicht nur durch das Strafverfahren begleiten, sondern dieses auch durch das Einreichen von Stellungnahmen und den Austausch mit den Ermittlungsbehörden zu Ihrem Vorteil beeinflussen.

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Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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