Fallen bei Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe
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Allgemein bekannt ist, dass man Prozesskostenhilfe (PKH) bzw. Verfahrenskostenhilfe (VKH) beantragen kann, wenn man die Prozesskosten nicht aus eigenen Mitteln aufbringen kann. Sinn macht dies grundsätzlich dann, wenn das verfügbare eigene Einkommen und Vermögen „Sozialhilfe-Niveau“ nicht wesentlich übersteigt.
Welche Hürden müssen übersprungen werden? Zunächst müssen nach dem Gesetz folgende zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Das verfügbare Einkommen bzw. das einzusetzende Vermögen reichen nicht aus, um die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Bestimmte Belastungen und Schulden werden beim Einkommen berücksichtigt.
Beispiel: Eine alleinerziehende Mutter von drei minderjährigen, in ihrem Haushalt lebenden, Kindern verdient monatlich € 1.900,00 netto. Sie erhält monatlich insgesamt € 558,00 Kindergeld, zahlt € 535,00 Miete und Raten ab à € 330,00 für einen Privatkredit. Der Frau wurde für ein Scheidungsverfahren antragsgemäß VKH bewilligt, allerdings nur mit Raten. Dies bedeutet in ihrem Fall, dass sie die ihr voraussichtlich entstehenden Prozesskosten in monatlichen Raten à € 500,00 zurückzahlen muss.
Allerdings sind bei Bewilligung von VKH für den Bedürftigen die Kosten seines Anwalts niedriger, da dieser nur die geringeren VKH-Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz erhält.
Zu beachten ist aber, dass im Falle, dass der PKH-Antragsteller den Prozess verliert, er die Anwaltskosten auf der Gegenseite – und diese sind nicht reduziert! – aus eigener Tasche zahlen muss.
In Scheidungsverfahren – und auch in vielen sonstigen familienrechtlichen Verfahren – erfolgt jedoch regelmäßig Kostenaufhebung, was bedeutet, dass jede Partei seine eigenen Anwaltskosten trägt und die Gerichtskosten halbiert werden.
2. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung muss hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und darf nicht mutwillig erscheinen.
Klar ist, dass querulatorische Prozesse auf Kosten der Steuerzahler vermieden werden sollen.
In Scheidungsverfahren und den meisten familienrechtlichen Verfahren wird hinreichende Erfolgsaussicht unterstellt. Mutwillig ist ein Prozess, wenn eine nicht bedürftige Partei den Prozess – trotz Erfolgsaussichten – nicht führen würde. Hier sind völlig unwirtschaftliche Prozesse gemeint.
Was viele nicht wissen:
3. PKH oder VKH wurde bewilligt, der Prozess ist abgeschlossen. Das bedeutet für die meisten: Aus den Augen, aus dem Sinn! Aber Vorsicht: Der Staat kann die gezahlte PKH noch vier Jahre lang zurückfordern, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des damals Bedürftigen sich nicht unwesentlich verbessert haben! Nachfragen kommen hier in der Regel bei Personen, bei denen ein deutlicher Einkommens- oder Vermögenszuwachs erwartet wird.
Beispiel: Eine frisch gebackene Tierärztin bekam für einen Prozess vor dem Arbeitsgericht PKH. Nach zwei Jahren forderte der Fiskus die PKH zurück, nachdem sich aus erneuten Einkommensermittlungen bei der Betreffenden ergeben hatte, dass diese nun als Tierärztin deutlich mehr verdiente.
Und last but not least:
4. Wenn ein Antragsteller einen Unterhaltsanspruch hat – z.B. ein Kind gegen seine Eltern oder ein Ehegatte gegen den anderen – so muss er u.U. diesen Unterhaltsschuldner auf einen Prozesskostenvorschuss verklagen und bekommt keine PKH. Hier greift der Grundsatz: Der Staat haftet nur subsidiär!
Wie Sie sehen, ist auch bei dem PKH- bzw. VKH-Verfahren einiges zu beachten. Sollte VKH oder PKH für Sie in Betracht kommen, erkundigen Sie sich am besten bei dem Anwalt/der Anwältin, den oder die sie in der Hauptsache beauftragen wollen.
In Scheidungs- und familienrechtlichen Verfahren sowie vielen anderen Rechtsgebieten hilft Ihnen die Autorin gerne weiter.
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