Familienrecht-Serie: Ich will mein Kind - was ist das Umgangsrecht? (Teil 4)
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Ein Interview von Rechtsanwalt Alexander Bredereck mit Fachanwalt für Familienrecht Volker Dineiger, Berlin und Essen.
Trennen sich die Eltern eines gemeinsamen Kindes oder kommt es zur Scheidung, wollen beide natürlich möglichst viel vom Kind haben. In diesem Beitrag klären Rechtsanwalt Bredereck und Fachanwalt Dineiger, wie das mit dem Umgangsrecht der Eltern funktioniert.
Rechtsanwalt Bredereck: Im Familienrecht geht es häufig darum, den Umgang mit den Kindern zu regeln. Was heißt das eigentlich?
Fachanwalt Dineiger: Wenn die Beziehung zwischen den Eltern noch intakt ist, haben beide Elternteile Umgang mit den Kindern, sie haben ja täglich im Alltag Kontakt mit ihnen. Geht die Beziehung auseinander, dann ist es eben häufig so, dass das Kind oder die Kinder bei einem der beiden Elternteile bleiben und dort versorgt werden; der andere Elternteil will dann natürlich Kontakt mit dem Kind bzw. den Kindern haben. Das nennt man Umgang.
Rechtsanwalt Bredereck: Wir haben ja schon ausführlich über das Thema elterliche Sorge gesprochen. Ist das das Gleiche?
Fachanwalt Dineiger: Nein, das sind zwei verschiedene Dinge. Der Umgang ist der tatsächliche Kontakt mit dem Kind. Unjuristisch ausgedrückt, geht es darum, das Kind bei sich zu haben und mit ihm Zeit zu verbringen. Die elterliche Sorge hingegen betrifft die Aufsicht, das Erziehungsrecht usw. Auch das Gesetz unterscheidet zwischen elterlicher Sorge und Umgang.
Rechtsanwalt Bredereck: Was heißt das konkret?
Fachanwalt Dineiger: Das Familienrecht hat natürlich auf die Schwierigkeiten im Laufe der letzten Jahrzehnte reagiert. Das Umgangsrecht der Eltern mit ihrem Kind ist nun in einer eigenen Vorschrift geregelt. Dort sind auch Regelungen enthalten, was das Umgangsrecht genau bedeutet und wie das Umgangsrecht ausgeübt werden muss.
Rechtsanwalt Bredereck: Was heißt also Umgangsrecht genau?
Fachanwalt Dineiger: Nach dem Gesetz hat zunächst einmal das Kind Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; umgekehrt hat auch jeder Elternteil Recht zum Umgang mit dem Kind, interessanterweise aber auch die Pflicht zum Umgang. Das Gesetz geht also zunächst einmal davon aus, dass das Umgangsrecht ein Recht des Kindes ist, in zweiter Linie ist es erst das Recht der Eltern. Dieses Recht ist allerdings auch eine Pflicht. Will also ein Elternteil Umgang, dann muss es diesen Umgang auch durchführen und dies in einer Art, der dem Umgangsrecht gerecht wird. Ein Umgangsrecht kann und darf sich also nicht darauf beschränken, das Kind zu sich zu holen und es dann zum Beispiel die ganze Zeit vor dem Fernseher zu parken.
Rechtsanwalt Bredereck: Was ist beim Umgangsrecht denn noch zu beachten?
Fachanwalt Dineiger: Das Gesetz bestimmt ausdrücklich, dass die Eltern das Umgangsrecht gegeneinander verantwortlich ausüben müssen. Es besteht ausdrücklich die Pflicht der Eltern, dem jeweils anderen Elternteil den Umgang zu ermöglichen und alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil eintrübt oder den Umgang erschwert. Das Gesetz will damit ausdrücklich vermeiden, dass das Kind zum Zankapfel wird. Es soll auch verhindert werden, dass die Eltern ihre Streitigkeiten über den Umgang mit dem Kind austragen, also der Umgang mit dem Kind als Druckmittel gegenüber dem anderen Elternteil verwendet wird.
Rechtsanwalt Bredereck: Was mache ich, wenn das nicht klappt?
Fachanwalt Dineiger: Funktioniert der Umgang wegen Streitigkeiten zwischen den Eltern nicht und klappt auch die Vermittlung über das Jugendamt nicht, dann muss das Familiengericht den Umgang regeln. Das Familiengericht darf Umfang, Zeit und Lage des Umgangs regeln. Gab es gravierende Vorfälle, dann kann das Familiengericht den Umgang auch einschränken oder mit Auflagen versehen. Das kommt beispielsweise vor, wenn nach einer großen Entfremdung des Kindes vom Elternteil das Familiengericht zunächst begleiteten Umgang anordnet.
Rechtsanwalt Bredereck: Umgang jedes zweite Wochenende von Freitag bis Sonntag und die Hälfte der Ferien; ist das der Regelfall?
Fachanwalt Dineiger: Einen Regelfall gibt es nicht. Natürlich ist diese Aufteilung eine, die in der Realität ganz häufig vorkommt. Im Gesetz findet sich das aber nicht. Bei der Regelung des Umgangs muss das Kindeswohl im Vordergrund stehen. Es kommt also darauf an, wie alt das Kind ist, wie die Bindung zum jeweiligen Elternteil ist, ob beide Elternteile in der Lage sind, das Kind auch in der Wohnung zu versorgen und unterzubringen, usw. Je nachdem, wie diese Einzelkriterien zu beurteilen sind, kann das Umgangsrecht umfänglicher sein oder auch knapper. Nachdem beim Umgangsrecht das Kind im Mittelpunkt steht, wird das Familiengericht den Umgang so regeln, wie es für das Kind am besten ist.
Rechtsanwalt Bredereck: Haben Oma und Opa Umgangsrecht?
Fachanwalt Dineiger: Ja, grundsätzlich schon. Das Gesetz gestaltet dieses Umgangsrecht aber schwächer aus als das Umgangsrecht der Eltern. Oma und Opa und auch die Geschwister haben dann ein Recht auf Umgang mit einem Kind, wenn dieser Umgang dem Kindeswohl dient. Hier ist also positive Voraussetzung, dass bei diesen Umgangsformen im Streitfall dargelegt werden kann, dass der Umgang für das Kind wichtig und für die Kindesentwicklung förderlich ist. Dieses Kriterium besteht beim Umgangsrecht der Eltern mit ihrem eigenen Kind so nicht. Dieses Umgangsrecht in der abgeschwächten Form besteht im Übrigen auch für sonstige Bezugspersonen des Kindes, mit denen das Kind eine sozial-familiäre Beziehung gepflegt hat oder pflegt.
16.07.2014
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