Typische Fehler bei Firmengründung in Vietnam

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1.    Nichtaufbringung des Stammkapitals innerhalb von 90 Tagen: 

In Vietnam muss das Stammkapital (“Charter Capital”) der Gesellschaft (GmbH / Aktiengesellschaft) innerhalb von 90 Tagen ab der Erteilung des “Enterprise Registration Certificate” (ERC) aufgebracht werden (mit der Erteilung des ERC entsteht die Gesellschaft als juristische Person). Ausländische Investoren müssen das Stammkapital auf ein zu diesem Zwecke einzurichtendes spezielles Konto bei einer in Vietnam lizensierten Bank überweisen bzw. einzahlen (“Direct Investment Account”, DIA). Das zu überweisende Kapital muss exakt der im ERC in Vietnamesischen Dong (VND) ausgewiesenen Summe des Stammkapitals entsprechen. Die Nichterfüllung dieser Verpflichtung kann schwerwiegende Konsequenzen bis hin zur Rücknahme des ERC haben. 

2.    Einschaltung vietnamesischer Strohleute zur Gründung der Gesellschaft: 

Die Einschaltung sog. „Nominees“ oder „Proxy-Shareholder“ zur Gesellschaftsgründung ist nach wie vor ein nicht unüblicher Weg der Gesellschaftsgründung in Vietnam. Investoren erhoffen sich damit vor allem die geschickte Umgehung bzw. Ausschaltung der Vorschriften des vietnamesischen Investitionsrechts (Law on Investment, das bei ausländischer Mehrheitsbeteiligung von 50% oder mehr anwendbar ist) und damit eine schnelle, günstige und unkomplizierte Gesellschaftsgründung. Denn unter dem Law on Investment müssen Investoren neben dem ERC auch noch ein "Investment Registration Certificate" (IRC) beantragen. Die Gründung erfolgt in solchen Fällen dadurch, dass ein vietnamesischer Strohmann das Gründungskapital von den  wirklich gewollten ausländischen Investoren zum Erwerb von mehr als 50% an der Gesellschaft privat überwiesen bekommt, verbunden mit dem Versprechen des Strohmannes, diese Anteile nach Erteilung des ERC an die „wahren“ ausländischen Investoren zurück zu übertragen. Damit sind allerdings erhebliche Risiken verbunden: Erstens kennt das vietnamesische Recht keinen gesellschaftrechtlichen Anspruch auf Übertragung der Anteile eines Strohmanns. Zweitens ist ein allein denkbarer Darlehnsanspruch gegen den Strohmann ohne Kreditsicherheiten nur schwer durchzusetzen (zumal den Investoren insoweit auch noch der Vorwurf der Umgehung des Investitionsrecht gemacht werden kann). Drittens wäre ein Darlehn in aller Regel nur in VND zurückzuzahlen, so dass Gründungskapital nicht ohne weiteres in Fremdwährung konvertiert und ins Ausland überwiesen werden kann. Viertens stellt sich die nachträgliche Anteilsübertragung vietnamesischer Gesellschaftsanteile an ausländische Investoren aus Kostensicht ähnlich wie die erstmalige Gründung dar (Beratungs- und Gründungskosten), da bei nachträglichem Erwerb der ausländischen Investoren von 50% oder mehr an der vietnamesischen Gesellschaft dann eine Verpflichtung zur Beantragung des IRC entsteht.

3.    Gesellschafterdarlehen außerhalb des „Direct Investment Accounts“ der vietnamesischen Gesellschaft:

Obwohl die Vorstreckung von Kapital durch Gesellschafterdarlehn als unkomplizierte und logische Methode erscheint, den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft alsbald aufzunehmen bzw. zu erweitern, kann dies für den Darlehnsgeber unvorhergesehene Konsequenzen haben: Erstens trägt der Gesellschafter damit - über das Stammkapital hinaus -  das persönliche Risiko der Rückzahlung. Zweitens kann sich der Gesellschafter das Darlehn von der vietnamesischen Gesellschaft lediglich in VND zurückzahlen lassen. Größere Darlehn lassen sich daher nicht bzw. nur über Umwegen aus Vietnam herausschaffen. Ausländische Investoren in Vietnam sollten daher Fremdwährungsdarlehen aus dem Ausland ausschließlich auf den Direct Investment Account (DIA) der vietnamesischen Tochtergesellschaft überweisen, um sicherzustellen, dass die Rückzahlung ebenfalls in ausländischer Währung erfolgen kann und das Darlehn bei der vietnamesischen Gesellschaft steuerlich absetzbar ist. Zur Einrichtung eines DIA sind ausländische Investoren nach dem vietnamesischen Investmentgesety ohnehin verpflichtet.

4.    Gewährung formloser Fremdwährungsdarlehen: 

Investoren sind sich häufig der Formvorschriften für Fremdwährungsdarlehn nach Vietnam aus dem Ausland heraus nicht bewußt: Erstens werden Darlehen bzw. Zinszahlungen auf formlos erteilte  Darlehn von den vietnamesischen Steuerbehörden nicht als Einkünfte / Ausgaben anerkannt (und damit zahlen Gesell-schafter u.U. Steuer auf ihr eigenes Darlehn!). Zweitens müssen Fremdwährungsdarlehn mit einer Laufzeit von 12 Monaten oder länger bei der vietnamesischen Zentralbank („State Bank of Vietnam“, SBV) registriert werden. Geschieht dies nicht, ist nicht nur die steuerliche Anerkennung versagt, sondern auf die Rückkonvertierung des Darlehns von VND in Fremdwährung. 

5.    Verkennung der Unterscheidung zwischen gesetzlichem Vertreter und Geschäftsführer der Gesellschaft / 30-Tage Residenz-Erforderlichkeit: 

Jede Vietnamesische Kapitalgesellschaft muss mindestens einen gesetzlichen Vertreter („Legal Representative“) in Vietnam benennen. Die organschaftliche Stellung als Legal Representative ist mit einer umfassenden persönlichen Haftung verbunden, und muß funktional streng von der (oft in Personeneinheit gegebenen) Stellung als Geschäftsführer (“Director” oder “General Director”) unterschieden werden. Das vietnamesische Gesellschaftsrecht verlangt, daß mindestens einer der Legal Representatives einen Wohnsitz in Vietnam begründet, und bei Abwesenheit von 30 Tagen oder länger einen Vertreter benennt. Folgende Fehler werden in diesem Zusammenhang häufig gemacht: Erstens wird die 30-Tage Regelung in aller Regel nicht Ernst genommen, und kein Vetreter benannt (oder schlimmer: Es wird überhaupt kein in Vietnam residierender Legal Representative ernannt, sondern z.B. der Regionalverantwortliche des Investors im Ausland). Zweitens sind sich viele entsandte Arbeitnehmer der o.g. Trennung zwischen Geschäftsführer und ge-setzlichem Vertreter (mit umfassender persönlicher Haftung) nicht bewußt, und verzichten bei arbeitsrechtlicher Entsendung sorglos auf eine Freistellungsvereinbarung mit dem entsendenden Arbeitgeber. 

6.    Keine sofortige Registrierung bei der vietnamesischen Steuerbehörde: 

Häufig werden steuerrechtliche Verpflichtungen in Vietnam nicht so ernst genommen wie sie sollten. Insbesondere  bei der Einschaltung vietnamesischer Strohleute lassen sich viele Investoren immer noch darauf ein, steuerliche Verpflichtungen auf dem “vietnamesischen Weg” zu erledigen (d.h. durch Bestechung, zu spät oder gar nicht). Dies kann auf lange Sicht nie gutgehen, und zieht bei späterer Entdeckung / Audits empfindliche Nachzahlungen, Strafen und Zinszahlungen nach sich. Dies gilt nicht nur für die Körperschaftsteuer, sondern vor allem auch für die Mehrwertsteuer („Value Added Tax, VAT“): So können etwa bei fehlender VAT-Registrierung „VAT credits“ nicht verrechnet oder erstattet werden (was insbesondere für Start-ups im Hinblick auf Gründungsaufwand im ersten Jahr erheblich sein kann).

7.    Nichternennung des „Chief Accountants”:

 Vietnamesische Kapitalgesellschaften sind in aller Regel verpflichtet, für die Gesellschaft einen “Chief Accountant” (CA) zu ernennen, der eine Qualifizierung als Buchhalter sowie über Erfahrung in der Buchführung verfügen muss. Ein für eine vietnamesische Gesellschaft ernannter CA darf grundsätzlich nicht gleichzeitig CA einer anderen vietnamesischen Gesellschaft sein. Der CA hat neben dem Director / General Director eine zentrale und wichtige Funktion in der Gesellschaft, und wird häufig zugleich als Legal Representative bestellt: So verfügt der CA etwa über Zugang zu Bankkonten, und ist für die Einhaltung und Über-wachung steuerlicher Verpflichtungen sowie generell der Compliance in der Gesellschaft zuständig. Investoren unterschätzen häufig diese Schlüsselrolle des CA, und ersetzen diesen aus Kostengründen mit einer unterqualifizierten Person, die häufig vom (vietnamesischen) Director oder General Director vorgeschlagen wird (statt vom Investor selbst - unabhängig von General Director – ausgewählt und ernannt wird). In diesem Zusammenhag ist mittelfristig auch von dem „Outsourcing“ der Buchhal-tung an vietnamesische Serviceprovider abzusehen (Der Kostenvorteil zu einem „echten“ CA wird häufig überschätzt).

8.    Verkennung der Bedeutung „roter Rechnungen“ sowie Barzahlungsgrenzen:

Das Erfordernis sog. „Roter VAT-Rechnungen“ verwirrt viele Investoren in Vietnam, und kann bei Nichtbeachtung zahlreiche negative Konsequenzen haben. Vereinfacht ausgedrückt sollten Gesellschaften, die Ausgaben/Zahlungen für Güter und Dienstleistungen vornehmen, diese Zahlungen nur gegen Ausstellung einer „offiziellen“ roten Rechnung vornehmen. Andernfalls sind derartige Ausgaben/Zahlungen einkommensteuerrechtlich nicht abzugsfähig, und auch die Mehrwertsteuer (VAT) darf nicht verrechnet bzw. in Ansatz gebracht werden. Daher sollten Investoren von Anfang an auf die strikte Beachtung sämtlicher Erforder-nisse hinsichtlich roter Rechnungen bestehen. Zudem müssen Zahlungen über 20 Millionen VND (etwa 800 EUR) stets per Bank-Überweisung, und nicht bar gemacht werden, ansonsten sind diese – unabhängig vom Vorliegen einer roten Rechnung – steuerlich nicht absetzbar.

Foto(s): @Fotolia.com/59160413

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