Flüchtlingsanerkennung für Palästinenser aus Syrien

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In Syrien und im Nahen Osten leben zahlreiche Personen palästinensischer Herkunft, die unter dem Schutz des UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East/ Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten) stehen. Dabei ist Syrien nur eines der Einsatzgebiete des UNRWA.

Trotz der gegenwärtigen Verwaltungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge haben Palästinenser aus Syrien einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn sie als staatenlose Palästinenser in Syrien den Schutz des UNRWA genossen und diesen Schutz unfreiwillig verloren haben. Danach ist ihnen der ipso-facto-Schutz nach § 3 Abs. 3 AsylG zu gewähren.

Als Nachweis einer Inanspruchnahme des Schutzes oder Beistandes ist es hierbei ausreichend, wenn die Betroffenen von UNRWA förmlich registriert wurden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.06.2017 – A 11 S 664/17 – juris; OVG Saarland, Urteil vom 21.09.2017 – 2 A 447/17 – juris).

Bei Vorliegen der Voraussetzungen des ipso-facto Schutzes wird nicht noch zusätzlich rechtlich geprüft, ob der Schutzsuchende nach den Grundsätzen des § 3 Abs. 1 und 2 AsylG einer (individuell) flüchtlingsrelevanten Verfolgung ausgesetzt war oder ihm eine solche Verfolgung droht.

Wie ist dieser Fall bei aus Syrien stammenden Schutzsuchenden zu behandeln, wenn sie sich vor der Einreise in das EU-Gebiet längere Zeit außerhalb Syriens und des UNRWA-Mandatsgebiets aufgehalten haben?

Das BVerwG hat den Rechtsstreit ausgesetzt und dem EuGH eine Reihe von Fragen zur Auslegung des Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 RL 2011/95/EU vorgelegt:

Dabei geht es unter anderem um die Frage, auf welches Gebiet in räumlicher Hinsicht für die Beurteilung der Frage, ob einem staatenlosen Palästinenser aus Syrien Schutz und Beistand des UNRWA nicht mehr länger gewährt wird, abzustellen ist.

Entweder allein auf das jeweilige Operationsgebiet (Gazastreifen, Libanon, Jordanien Westjordanland, Syrien), in dem der Staatenlose bei Verlassen des Mandatsgebietes des UNRWA seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte, oder auch auf weitere dem Mandatsgebiet des UNRWA angehörende Operationsgebiete? Fraglich ist, ob es darauf ankommt, ob der Schutzsuchende territorialen Bezug zu diesem Operationsgebiet hatte. Klärungsbedürftig ist aber auch, welche Gründe für das Verlassen dieses Operationsgebietes maßgeblich waren und ob er dorthin zurückkehren kann, ob es erheblich ist, in welchen Operationsgebieten außerhalb Syriens er einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hatte.

In der Praxis erkennt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auch bei einer Direktausreise aus Syrien trotz ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. etwa OVG Saarlouis, Urt. v. 21.09.2017 – 2 A 447/17; OVG Saarlouis, Urt. v. 18.12.2017 – 2 A 541/17; zuletzt etwa OVG Saarlouis, Urt. v. 16.05.2018 – 1 A 679/17; s.a. VG Schwerin, Urt. v. 02.08.2018 – 3 A 1870/16 As SN; OVG Weimar, Urt. v. 15.06.2018 – 3 KO 167/18; VGH Kassel, Beschl. v. 30.07.2018 – 3 A 582/17.A) wiederholend trotz Vorliegen der die Flüchtlingseigenschaft der Voraussetzungen des ipso-facto-Schutzes nicht zu.


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