Influencer-Marketing oder: Was ist eigentlich Werbung?

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Influencer-Marketing oder: Was ist eigentlich Werbung?

Bei allen Beteiligten (Influencern, Unternehmen, Werbeagenturen) herrscht eine gewisse Unsicherheit darüber, unter welchen Voraussetzungen Influencer ihre Posts oder Blogbeiträge eigentlich explizit als Werbung bezeichnen müssen.

1. Ein Beispielsfall zur Veranschaulichung

Nehmen wir folgenden Beispielsfall: Die 18-jährige Lara-Sophie hat auf Instagram 100.000 Abonnenten. Sie hat sich bei „dm“ den neuen Lippenstift „Shining“ von „XY Cosmetics“ gekauft und berichtet davon nun auf ihrer Instagram-Seite. Eine Vergütung bekommt sie dafür nicht. Allerdings wird sie von dm zur „Glow“ eingeladen, Flug und Hotel inklusive.

Frage: Muss sie ihren Post als Werbung kennzeichnen? 

2. Die rechtlichen Vorgaben

Es sind vor allem zwei Gesetze, die man sich in diesem Zusammenhang näher ansehen muss, nämlich zum einen das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) und zum anderen das TMG (Telemediengesetz)

a) § 5a UWG

Nach dieser Bestimmung handelt – verkürzt wiedergegeben – unlauter und damit wettbewerbswidrig (rechtswidrig), wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht. Mit anderen Worten: Werbung muss auch als Werbung gekennzeichnet werden. (Ausnahme: Dies gilt nicht, wenn sich der kommerzielle Zweck unmittelbar aus den Umständen ergibt).

b) § 6 TMG

Diese Norm besagt, wiederum verkürzt: Diensteanbieter haben ihre kommerziellen Kommunikationen klar als solche kenntlich zu machen. (Diensteanbieter ist gemäß § 2 dieses Gesetzes übrigens jeder, der Telemedien zur Nutzung bereithält.)

3. Und was heißt das nun für unseren Beispielsfall?

Letztendlich stellt sich also die Frage, wann eine geschäftliche Handlung mit kommerziellem Zweck (UWG) oder eine kommerzielle Kommunikation (TMG) vorliegt.

a) Die eindeutigen Fälle

Wer fremde Waren oder Dienstleistungen anpreist und dafür eine Vergütung erhält, handelt kommerziell. Die Vergütung kann in einer Einmalzahlung/Pauschalzahlung bestehen oder auch in einer Umsatzbeteiligung. Eine geschäftliche Handlung zu einem kommerziellen Zweck liegt aber auch dann vor, wenn der Influencer dafür eine Sachleistung erhält, also beispielsweise die Einladung zu einem Event mit Erstattung der Hotel- und Reisekosten. Oder wenn er das Produkt kostenlos zur Verfügung gestellt bekommt und behalten darf.

Eine gute Zusammenstellung der verschiedenen Gestaltungen findet sich in dem Leitfaden der Medienanstalten „Werbekennzeichnung bei Social Media-Angeboten“.

Danach stellt der oben skizzierte Beispielsfall eine geschäftliche Handlung mit einem kommerziellen Zweck (bzw. eine kommerzielle Kommunikation) dar, die auch als solche zu kennzeichnen ist. Andernfalls droht eine kostenpflichtige Abmahnung.

b) Kompliziertere Fälle

Wandeln wir den obigen Beispielsfall etwas ab, und zwar so, dass Lara-Sophie für ihren Instagram-Post über den Lippenstift überhaupt keine Gegenleistung bekommt, weder von dm noch vom Hersteller des Produktes.

a) Ihre Sichtweise, die vermutlich viele Influencer teilen werden, ist: „Ich mache doch gar keine Werbung für das Produkt, sondern ich berichte meinen Abonnenten nur darüber, dass ich mir den Lippenstift gekauft habe und wie ich ihn finde. Bei dieser Beurteilung hat mich niemand beeinflusst, und ich habe auch von niemandem irgendeine Gegenleistung dafür bekommen. Das kann doch keine kennzeichnungspflichtige Werbung sein, oder?“

b) So sehen das wohl auch die Medienanstalten. In dem bereits genannten Leitfaden heißt es, dass Beiträge über Produkte, Dienstleistungen, Marken usw., die aus eigener Motivation ohne kommerziellen Anreiz Dritter veröffentlicht werden, in der Regel nicht als Werbung gekennzeichnet werden müssen.

c) Auch ich würde diese Sichtweise teilen: Wenn ich aus eigener Motivation, völlig unbeeinflusst und ohne Gegenleistung eines Dritten einfach meine Meinung über ein bestimmtes Produkt sage, dann ist das meines Erachtens keine Werbung (geschäftliche Handlung zu einem kommerziellen Zweck, kommerzielle Kommunikation), sondern schlicht meine private Meinungsäußerung. Es wäre sogar umgekehrt irreführend, wenn ich einen solchen Post als „Werbung“ bezeichnen müsste, da andere Leute dann fälschlicherweise davon ausgehen, dass ich für diesen Post eine Gegenleistung erhalte – was aber in unserem Abwandlungsfall gerade nicht richtig ist.

d) Anders sieht das aber offenbar das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 24.05.2018 (Aktenzeichen 52 O 101/18). (Der Ehrlichkeit halber muss man allerdings sagen, dass die Influencerin ihren Instagram-Post in dem dort entschiedenen Fall mit den Seiten der Hersteller der gezeigten Produkte verlinkt hatte). Sie hatte dafür zwar keine Vergütung bekommen, trotzdem meint das Gericht: Die Präsentation von Produkten durch eine nicht unbedeutende Influencerin ist geeignet, die Aufmerksamkeit von Unternehmen zu erlangen und deren Interesse zu wecken, konkrete Geschäftsbeziehungen anzubahnen, aus denen sich dann in Zukunft wirtschaftliche Vorteile für die Influencerin ergeben können. Bei der Gesamtbetrachtung der im dort entschiedenen Fall vorliegenden Umstände war das Gericht also zu dem Ergebnis gelangt, dass – auch ohne aktuelle Vergütung oder sonstige Gegenleistung – eine kennzeichnungspflichtige Werbung vorliegt. Die Influencerin handelte mit ihrem Instagram-Auftritt nach Auffassung des Gerichts auch zur Förderung des eigenen „Unternehmens“. Als Influencerin erziele sie – generell, wenn auch nicht mit dem konkreten Produkt – Einkünfte damit, dass sie Produkte vermarktet und dabei trotzdem authentisch erscheint. Damit wird sie für Unternehmen interessant, die für ihre Werbung an möglichst glaubwürdigen Werbeträgern interessiert sind, und verdient damit Geld, umso mehr, je größer die Zahl ihrer Follower ist. – Ob andere Gerichte das auch so sehen werden, bleibt abzuwarten.

4. Fazit

Auch wenn man als Influencer für einen Beitrag, in dem ein bestimmtes Produkt gezeigt oder besprochen wird, unmittelbar keine Vergütung oder sonstige Gegenleistung erhält, kann dennoch kennzeichnungspflichtige Werbung vorliegen. Besonders Influencer mit einer hohen Anzahl von Abonnenten sollten also ganz besonders vorsichtig sein.

Dr. Wolfgang Gottwald

Rechtsanwalt



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