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Insolvente GENO Wohnbaugenossenschaft eG - Genossen sollen zahlen: Was ist nun zu tun?

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Nachdem die GENO Wohnbaugenossenschaft eG seit 1.08.2018 insolvent ist, konnten Genossen welche vor Insolvenzeröffnung ausgeschieden sind, ihr Auseinandersetzungsguthaben zur Insolvenztabelle anmelden und brauchen auch keine Raten mehr einzahlen.   Alle andere Ratenzahler, welche nicht bis zur Insolvenzeröffnung aus der Genossenschaft ausgeschieden sind, sollen angeblich für die restlichen Raten bis zur Beitrittssumme haften. Mit seinem neuerlichen Schreiben macht der Insolvenzverwalter Scheffler klar, welche Urteile er gegen Genossen bereits erstritten hat und das er die restliche Beträge bis 30.09.2020 haben will.   Nach unseren Recherchen, sind die Urteile nicht alle rechtskräftig und zeigen lediglich eine gewisse Tendenz.  

Man muss an dieser Stelle auch klar sagen, dass diese Urteile für die Anwälte der betroffenen Genossen kein Ruhmesblatt sind.  Jeder Anwalt ist dazu verpflichtet, seinem Mandanten den sichersten und günstigsten Weg zu empfehlen. Zwingend hierzu erforderlich ist es aber, dass man als Anwalt das Genossenschaftsrecht überhaupt versteht und für die vorliegenden Fälle auch die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kennt.  

Wir wissen, dass es hier keine reichen Genossen trifft sondern Menschen, welche mit kleinem Einkommen trotzdem Wohnraum erhalten oder eine Immobilie erwerben wollten und deshalb Ratenzahlungen vereinbarten. Irreführend wurde mit dem Slogan „Immer Sicher Wohnen“ geworben, ohne  umfassende Risikobelehrung.  Umso mehr ist es aber wichtig, dass den häufig sehr aufgebrachten Genossen trotzdem „reiner Wein“ eingeschenkt wird und eben von Anwälten nicht das erzählt wird, was sie gerade hören wollen.   Davon abgesehen sollte sich eine richtige anwaltliche Aufklärung betroffener Genossen auch auf die folgenden Punkte beziehen:    

1.              Ordentliche Kündigungen    Man sollte wissen, dass eine Kündigung nur schriftlich erfolgen konnte und das eine ordentliche Kündigung nur zum Ende eines Geschäftsjahres möglich war, allerdings mit einer Frist von einem Jahr lt. §5 der Satzungen.   Das bedeutet, dass alle Genossen die ab dem 1.01.2017 kündigten, vor der Insolvenzeröffnung nicht mehr aus der Genossenschaft ausgeschieden sind, obwohl sie vielleicht eine Bestätigung der Kündigung von der GENO bis zur Insolvenzeröffnung am 1.08.2018 bekamen. Schon das wollen viele Genossen nicht glauben. In § 65 Abs. 4 GenG ist geregelt, dass: „Die Mitgliedschaft endet nicht, wenn die Genossenschaft vor dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam geworden wäre, aufgelöst wird.“ Gemäß § 101 GenG wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Genossenschaft aufgelöst. Vor diesem Hintergrund ist eine Kündigung nun nicht mehr möglich und ein Auseinandersetzungsguthaben kann grundsätzlich nicht mehr entstehen.

2.              Widerrufe / fristlose Kündigungen etc.   Es ist völlig natürlich, dass bei unverhofften Zahlungsaufforderungen an eine fristlose Kündigung oder Widerruf gedacht wird.   Der Anwalt des Insolvenzverwalters und die Gerichte meint jedoch, dass alle Raten schon sofort bei Beitritt zur GENO und damit vor Insolvenzeröffnung fällig gewesen wären, weil die Ratenzahlungsvereinbarung gegen das Genossenschaftsgesetz verstieß. Demnach sollen eine nachträgliche Kündigung oder ein Widerruf oder eine Anfechtung nicht mehr helfen, da sie nach gegnerischer Rechtsauffassung nicht rückwirkend gelten.  

3.              Falschberatung / Täuschung / Betrug   Bekanntlich ist der letzte Vorstand der GENO in Haft und läuft derzeit vor dem LG Stuttgart der Strafprozess gegen ihn mit unzähligen Zeugenvernehmungen.   Angeklagt sind aber nur Straftaten, die er ab 1.01.2015 (!) begangen haben soll und es gilt immer noch die Unschuldsvermutung. Wenn überhaupt, könnten lediglich Beitritte samt Zahlungsverpflichtungen ab 1.01.2015 in Frage gestellt werden. Das wäre eine der wenigen Chancen für die Genossen.   Etwaige Straftaten durch den Vorstand wie auch eine etwaige Falschberatung durch den jeweiligen Berater oder Vermittler können zwar grundsätzlich zu einem Schadensersatzanspruch des Genossen führen, helfen aber nicht gegen die Ansprüche des Insolvenzverwalters auf Erfüllung der Einlageverpflichtung.  

4.              Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft   Die gegnerischen Anwälte meinen, weil die Ratenzahlungsvereinbarung nichtig ist, geltend die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft mit der Rechtsfolge, dass alle Beträge sofort verlangt werden können. Wir haben da erhebliche Zweifel und unterscheiden jedenfalls zwischen der Frage der Anwendbarkeit und den Rechtsfolgen. Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft ist im Laufe ihrer jahrzehntelangen Entwicklung in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft anhand von recht unterschiedlich gelagerten Einzelfällen – einen solchen wie hier gab es noch nicht - den mit zum Teil verschiedenen Begründungen schrittweise zu allgemeiner Anerkennung gelangt. 

Es gilt der Grundsatz, dass eine fehlerhafte Gesellschaft regelmäßig nicht von Anfang an nichtig, sondern wegen des Nichtigkeits- und Anfechtungsgrundes nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar ist. Die Kernfrage in den vorliegenden Fällen ist, was gilt, wenn wie hier die Ratenzahlungsvereinbarungen nichtig sind und dies erstmals im Insolvenzverfahren geltend gemacht wird. Klar dürfte sein, dass die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft keine Argumentationskrücke sein können, trotz Insolvenz - und damit Zweckfortfall für die Genossenschaft - alle Raten bekommen zu dürfen.

Das wurde bislang nicht entschieden. Sehr gut lesen lassen sich dafür die Ausführungen des Bundesgerichtshofes in BGH II ZR 13/77: Der Geschäftsanteil eines Genossen als der Höchstbetrag, bis zu dem er sich mit Einlagen beteiligen kann (§ 7 GenG), und die Einzahlungen auf ihn sind ihrer Rechtsnatur und Zweckbestimmung nach auf einen lebenden Geschäftsbetrieb bezogen (RGZ 73, 410ff). Sie dienen in erster Linie dazu, die Genossenschaft mit flüssigen Mitteln auszustatten (BGHZ 15, 66, 70) und können für die Bildung von Geschäftsguthaben und die Verteilung von Gewinn und Verlust (§ 19 GenG) oder eines Liquidationserlöses (§ 91 GenG) von Bedeutung sein. Dasselbe gilt für die Übernahme weiterer Geschäftsanteile. Sie begründet zwar keine mehrfache Mitgliedschaft, erweitert aber die vermögensmäßige Beteiligung mit den dazu gehörigen Rechten und Pflichten (RGZ 125, 196, 201). Für eine solche Erweiterung ist nach Auflösung der Genossenschaft kein Raum mehr.    

Sollte bedeuten, dass es nach Insolvenzeröffnung keinen Grund gibt Raten zu verlangen, deren ursprüngliche Fälligkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten wäre.     

5.              Verjährung   Natürlich können Ansprüche des Insolvenzverwalters auch verjähren. Diese erfolgt 10 Jahre taggenau nach Beitritt gemäß §22 Abs.6, S.1 GenG. Solche Fälle sind allerdings sehr selten.  

6.              Prozesskostenrisiko   Die durchschnittliche Forderungshöhe beträgt hier € 10.000,00. Verliert ein Anleger diesen Prozess, weil er sich nach anwaltlichen Rat eben nicht vorgerichtlich einigen wollte, muss er neben diesem Betrag auch noch mindestens € 4.000 Anwalts- und Gerichtskosten zahlen.  Bei einer Forderung von € 5.000 wären es € 2.500 und bei € 20.000 schon € 5.500.   Es ist klar, dass jeder Anwalt auch Geld verdienen will. Es ist aber unzulässig, selbst aufgebrachte Genossen in ein „offenes Messer“ laufen zu lassen und die Prozessrisiken nicht nachdrücklich klar zu machen. 


Foto(s): www.rechtsanwalt-reime.de


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