Internationales Steuerrecht: Wohnung in Deutschland, Arbeiten im Ausland: Bestimmung des Wohnsitzes
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Die unbeschränkte Steuerpflicht nach dem deutschen EStG richtet sich danach, ob man seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt iSv. § 8f Abgabenordnung (AO) in Deutschland inne hat. Ist dieses zu bejahen, so ist man mit seinem gesamten Welteinkommen in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet.
Nach § 8 Abgabenordnung (AO) hat eine natürliche Person einen Wohnsitz an dem Ort, wo dieser eine Wohnung im jeweiligen Veranlagungszeitraum inne hat und wo objektive Umstände darauf schließen lassen, dass die Person die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
Entgegen vielen falschen Gerüchten ist für die Bejahung eines Wohnsitzes nicht entscheidend, dass dieser auch den Lebensmittelpunkt darstellt. Auch kann man mehrere Wohnsitze innehaben. Wichtig kann die Frage der Wohnsitzbestimmung gerade in den Fällen werden, wo man zwar im Ausland arbeitet und lebt, aber in Deutschland aus welchen Gründen auch immer noch eine Wohnung unterhält.
Fraglich ist bei der Bejahung eines Wohnsitzes im Inland meist nur das Tatbestandsmerkmal der Benutzung der Wohnung. Das Benutzen einer Wohnung ist gegeben, wenn objektiv erkennbare Umstände vorliegen, dass die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden kann(!).
Für die Frage des Benutzt-werden-Könnens spielt unter anderem die Einrichtung der Wohnung, Größe und Ausstattung (Qualitatives Element), sowie eine gewisse regelmäßige Nutzung der Wohnung eine Rolle (Quantitatives Element).
An letzteres werden aber keine allzu großen Anforderungen gestellt. So können auch unregelmäßige Aufenthalte in einer Wohnung zur Beibehaltung eines dortigen Wohnsitzes führen. Bei kurzzeitigen Aufenthalten ist mithin entscheidend, ob objektiv erkennbare Umstände dafür sprechen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung für Zwecke eigenen Wohnens beibehält und die Aufenthalte nicht nur sog. Besuchscharakter haben.
Noch schwieriger wird die Wohnsitzbestimmung bei Ehegatten. Diese ist grundsätzlich für jeden der Ehegatten separat zu beurteilen. Über die Bestimmung eines gemeinsamen (fiktiven) Familienwohnsitzes kann es jedoch zu Ergebnisverschiebungen bei der Wohnsitzbestimmung des anderen Ehegatten kommen.
Problematisch wird es, wenn nur einer der Ehegatten ins Ausland zieht, der andere aber weiterhin im Inland verbleibt. Fraglich ist nun, ob der wegziehende Ehegatte noch einen Wohnsitz im Inland innehat, was wiederum zur unbeschränkten Steuerpflicht seiner ausländischen Einkünfte führen könnte.
Sofern dem Ehegatten nicht bereits ein originär eigener deutscher Wohnsitz zugerechnet werden kann, kommt die Zurechnung über einen sog. Familienwohnsitz in Betracht. Letzterer wird seitens der Rechtsprechung des BFH widerlegbar vermutet, wenn die Familie einen Wohnsitz in Deutschland innehat. Dann gilt dieser auch als Wohnsitz des im Ausland lebenden Ehegatten, obwohl dieser sich kaum oder gar nicht in der Familienwohnung im fraglichen Veranlagungszeitraum aufhielt.
Diese sogenannte Mitteilung des Familienwohnsitzes durch den Ehegatten ist aber nur für den Fall durch den BFH entschieden worden, dass die bisherige gemeinsame Wohnung durch den in Deutschland bleibenden Ehegatten beibehalten worden ist. In diesem Fall wurde dem anderen – im Ausland lebenden – Ehegatten der Familienwohnsitz in Deutschland fiktiv zugeordnet, mit der Folge, dass auch er in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig blieb.
Anders ist der Fall aber m.E. nach zu beurteilen, wenn die bisherige gemeinsame Wohnung aufgegeben wird, ein Ehegatte ins Ausland zieht und der verbleibende Ehegatte eine andere neue und kleinere Wohnung bezieht. Dieser Fall ist vom BFH noch nicht entschieden worden. Es spricht jedoch vieles dafür, in diesem anders gelagerten Fall keine Mitteilung des Familienwohnsitzes anzunehmen. Hier kommt es auf eine geschickte Argumentation gegenüber den Finanzbehörden an. Die Erfahrung zeigt, dass die Finanzämter meist profiskalisch entscheiden und einen inländischen Wohnsitz im Zweifel annehmen werden. Dann bleibt nur noch der Weg über die Finanzgerichte, um zu seinem Recht zu kommen.
Die Bejahung eines inländischen Wohnsitzes heißt aber noch nicht, dass es auch tatsächlich zu einer deutschen Steuer kommt. Dies entscheidet sich vielmehr in den meisten Fällen nach den Bestimmungen der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Die meisten DBA stellen die ausländischen Einkünfte des im Ausland arbeitenden Ehegatten in Deutschland frei oder lassen die Anrechnung der gezahlten ausländischen Steuer auf die deutsche Steuer zu.
In einigen wenigen Fällen kann das Bestehen eines deutschen Wohnsitzes aber zur sog. Wohnsitzfalle führen. Dies ist der Fall, wenn das jeweilige DBA die Einkünfte des im Ausland lebenden Deutschen nicht in Deutschland freistellt bzw. Deutschland das Besteuerungsrecht zubilligt.
Beispielhaft ist dafür das DBA Vereinigte Arabische Emirate (VAE). Nach diesem DBA hat Deutschland das Besteuerungsrecht für Lohneinkünfte des in den VAE arbeitenden Deutschen, wenn dieser nach Art. 4 DBA als in Deutschland ansässig anzusehen ist. Eine Ansässigkeit in den VAE scheidet in dem meisten Fällen aus, da das DBA dafür die VAE-Staatsbürgerschaft verlangt. Ist man nicht VAE-Staatsbürger und hat nach oben Gesagten noch einen (fiktiven) Wohnsitz in Deutschland, unterfallen die gesamten Lohneinkünfte vollständig der deutschen Steuer. Hier kann die noch bestehende Wohnung in Deutschland schnell zum Bumerang werden.
Insbesondere in einem solchen Fall sollte gründlich geprüft werden, ob in Deutschland tatsächlich kein Wohnsitz mehr besteht bzw. wie die Annahme eines solchen durch die Finanzbehörden vermieden werden kann. Notfalls muss eine leer stehende Wohnung in diesem Fall zur Sicherheit langfristig untervermietet oder gar verkauft werden. Anderenfalls sind böse Überraschungen und erhebliche Steuernachzahlungen in Deutschland durch das Finanzamt nicht zu vermeiden.
Falk-Christian Barzik
Rechtsanwalt/Diplom-Finanzwirt (FH
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