Kapitalisierung von Ansprüchen

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Nach einem schweren unverschuldeten Unfall oder einem Behandlungsfehler stehen den Geschädigten aufgrund der Unfallfolgen Schadensersatzansprüche zu, die entweder in Form einer Rente oder als einmalige Abfindung gezahlt werden. Ist ein Dauerschaden eingetreten, wie beispielsweise eine lebenslange Einschränkung der Beweglichkeit, sind dabei nicht nur die Ansprüche für die Vergangenheit, sondern auch die für die Zukunft zu berücksichtigen.

Einmalzahlung

Oftmals ist es günstig, dass Geschädigte sich sämtliche Ansprüche – auch die für die Zukunft – nicht als monatliche Rente, sondern in Form einer Kapitalabfindung auszahlen lassen.

Bei der Auszahlung der Abfindung werden die Ansprüche für die Vergangenheit einfach addiert. Was die Ansprüche für die Zukunft angeht, hat der Geschädigte einen Anspruch auf Zahlung einer Rente, die grundsätzlich Monat für Monat fällig wird, und je nach Anspruch auch bis zum Lebensende. Um im Rahmen einer Abfindung den „richtigen“ Einmalbetrag zu ermitteln, muss sichergestellt werden, dass dieser, unter Einsatz des Kapitals und der daraus erwirtschafteten Zinsen, den monatlichen Rentenbetrag für den Geschädigten sichert. Diesen Vorgang nennt man Kapitalisierung. Jeder in Rentenform geschuldete Schadensersatzanspruch (wie z.B. Verdienstausfallschaden, Haushaltsführungsschaden, Mehrbedarfsschaden) muss dabei, wenn er in der Zukunft fortbesteht, einzeln kapitalisiert werden.

Was bedeutet Kapitalisierung und wieso kann man die Ansprüche in der Zukunft nicht einfach addieren?

Der Hintergrund und die Berechnung der Kapitalisierung eines Anspruchs wird am besten am Beispiel des Verdienstausfallschadens eines Geschädigten deutlich:

Max M., 50 Jahre alt, erlitt unverschuldet einen schweren Verkehrsunfall und ist zu 100 % erwerbsunfähig. Ersatzleistungen wie Erwerbsunfähigkeitsrente etc. erhält er nicht. Sein monatlicher Nettoverdienst betrug vor dem Unfall 2.500 €. Der Unfall liegt bereits 3 Jahre zurück. Herr M. hat von der Versicherung noch keine Zahlungen auf den Verdienstausfallschaden erhalten. Mögliche Gehaltssteigerungen in der Zukunft oder Zinsforderungen für die Ansprüche aus der Vergangenheit bleiben hier, zur Vereinfachung des Beispiels, unberücksichtigt.

Vergangenheit

Für die Vergangenheit sind alle Ansprüche sofort fällig und damit jetzt schon zu zahlen. Sie können einfach addiert bzw. multipliziert werden. Herr M. hat also einen Anspruch für die Vergangenheit in Höhe von: 2.500 € x 36 Monate = 90.000 €.

Zukunft

Für die Zukunft, d.h. bis zum errechneten Rentenalter mit 67 Jahren, beträgt der monatliche Anspruch ebenfalls 2.500 €. Für die Berechnung der Ansprüche in der Zukunft kann der Betrag jedoch nicht einfach addiert werden. Dies aus einem einfachen Grund:

Da die Beträge für die Zukunft noch nicht fällig sind, ist die Gegenseite auch noch nicht zur Zahlung verpflichtet. Herr M. hat lediglich einen Anspruch darauf, einen Betrag von monatlich 2.500 € in Form einer Rente zu erhalten. Wenn er jedoch bereits jetzt einen größeren Geldbetrag anstelle einer monatlichen Zahlung erhält, muss und wird er diesen zinsbringend anlegen. Die daraus resultierenden Zinsen wirken sich auf die Höhe des Einmalbetrages aus, da im Endeffekt nicht mehr als 2.500 € monatlich zu zahlen sind. Würde man das nicht berücksichtigen, hätte der Geschädigte monatlich die 2.500 € und zusätzlich noch die Zinsen, d.h., der Versicherer würde viel mehr zahlen, als er müsste.

Aus diesem Grunde muss bei der Berechnung der Abfindungssumme eine Abzinsung erfolgen. Dabei wird konkret der Betrag berechnet, der Herrn M. ausgezahlt werden muss, damit er, wenn er heute diesen Betrag anlegt, in den nächsten 17 Jahren (bis zum Eintritt in die Rente) monatlich 2.500 € entnehmen kann. Der Abfindungsbetrag ist damit niedriger als die einfache Addition der Zahlungen in der Zukunft. Rechnet man umgekehrt auf den Abfindungsbetrag die in den 17 Jahren anfallenden Zinsen hinzu, hat Herr M. monatlich genau 2.500 € erhalten, und damit den Betrag, der ihm zusteht.

Diese Darstellung stellt den sehr komplizierten Vorgang natürlich stark vereinfacht dar. So gibt es z.B. auch Instrumente, künftige Erhöhungen der Renten rechnerisch zu berücksichtigen. Aufgabe des Anwalts ist es, alle Aspekte zu berücksichtigen und ein für den Mandanten optimales Ergebnis zu erzielen.

Valeska Strunk, Rechtsanwältin, Anwaltsbüro Quirmbach und Partner


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