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Kein Kindesunterhalt für reiche Kinder?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Aufgrund ihres Alters und/oder mangels Berufsausbildung sind Kinder in der Regel viele Jahre wirtschaftlich von den Eltern abhängig. Deren Aufgabe ist es jedoch, ihren Nachwuchs zur Selbstständigkeit zu erziehen. Dazu gehört unter anderem die Finanzierung einer Berufsausbildung. Ist das Kind bereits volljährig und verfügt es – z. B. aufgrund einer Erbschaft oder einer großzügigen Schenkung der Großeltern – über eigenes Vermögen, stellt sich allerdings die Frage, ob Eltern trotzdem Kindesunterhalt zahlen müssen.

Vater verweigert Kindesunterhalt

Eine Psychologiestudentin verlangte von ihrem Adoptivvater die Zahlung von Kindesunterhalt. Auch wenn der und ihre Mutter sich mittlerweile wieder getrennt haben, sei er weiterhin dazu verpflichtet, ihr eine Berufsausbildung zu finanzieren. Der Vater lehnte eine Zahlung jedoch kategorisch ab. Schließlich verfüge seine Tochter über ausreichend Vermögen, um sich selbst zu unterhalten. So habe er ihr z. B. freiwillig vor ca. zwei Jahren 25.000 Euro geschenkt. Insgesamt müsse seine Tochter über ungefähr 56.200 Euro verfügen.

Die Tochter unterlag mit ihrer Forderung in erster Instanz. Das Familiengericht wies darauf hin, dass die Studentin aufgrund eigenen Vermögens nicht unterhaltsbedürftig sei. Daraufhin verlangte die Kindsmutter von ihrer Tochter die Zahlung von beinahe 55.000 Euro – dieser Betrag umfasste sämtliche Aufwendungen, die sie für ihre Tochter ab deren Volljährigkeit getätigt hatte. Nunmehr mittellos verlangte die Tochter erneut gerichtlich von ihrem Vater Kindesunterhalt.

Gericht verneint Unterhaltsbedürftigkeit

Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken lehnte eine Zahlungspflicht des Vaters ab.

Grundsätzlich sind minderjährige bzw. volljährige Kinder, die eine Ausbildung machen oder studieren, nicht in der Lage, für sich selbst zu sorgen – schließlich haben sie noch kein eigenes Einkommen. Daher haben Eltern Unterhalt zu zahlen. Diese Pflicht kann allerdings nach § 1602 I Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entfallen, wenn das Kind über Vermögen verfügt.

Kein Unterhalt bei Vermögen des Kindes?

Solange minderjährige unverheiratete Kinder noch die Schule besuchen, gelten sie automatisch als bedürftig. Auch müssen sie einen etwaigen Vermögensstamm nicht angreifen, also z. B. keine Aktien verkaufen oder ihr Sparkonto auflösen. Allerdings müssen sie sich nach § 1602 II BGB nicht unerhebliche Einkünfte, z. B. aus Kapitalvermögen oder aus einer Nebentätigkeit, anrechnen lassen – unter Umständen können sie dann keinen Unterhalt von den Eltern verlangen.

Volljährige Kinder, die sich in einer Berufsausbildung befinden, müssen dagegen auch den Stamm ihres Vermögens zur Deckung ihres Lebensbedarfs verwenden, also im Notfall z. B. Aktien verkaufen oder das Geldgeschenk der Großeltern aufbrauchen. Auch müssen sie sich das Kindergeld als Einkommen voll anrechnen lassen. Sie dürfen lediglich einen sog. Notgroschen von ca. 5000 Euro zurückbehalten – das ist eine Art Reserve für bestimmte „Notfälle“, z. B. im Fall einer Krankheit oder zur Finanzierung des Führerscheins.

Verbraucht das Kind sein Vermögen anderweitig – z. B. für Urlaubsreisen –, sodass kein Geld mehr zum Bestreiten des Lebensunterhalts mehr übrig bleibt, kann es dennoch keinen Unterhalt mehr verlangen. Es muss sich vielmehr „fiktives“ Vermögen zurechnen lassen und damit so behandeln lassen, als ob es tatsächlich noch über ausreichend Vermögen verfügt, das bedarfsdeckend eingesetzt werden kann.

Kein Unterhalt trotz Vermögensverbrauch

Vorliegend standen der Tochter ursprünglich über 56.000 Euro zur Verfügung. Dieses Geld hätte ausgereicht, um sie für mehrere Jahre zu versorgen. Stattdessen hat sie der Mutter das Vermögen übertragen – obwohl es rechtlich hierfür keinen Grund gab. Die Aufwendungen der Mutter waren unter anderem nicht erforderlich, sondern sollten dem Kind eine großzügigere Lebensgestaltung ermöglichen. Auch konnte nicht belegt werden, dass die Ausgaben tatsächlich getätigt worden sind.

Somit hat die Tochter ihre Bedürftigkeit grundlos selbst herbeigeführt, was die Richter des OLG zu ihren Lasten werteten. Sie musste sich daher so behandeln lassen, als ob sie noch über Vermögen verfügte. Damit war sie nicht unterhaltsbedürftig – ein Zahlungsanspruch gegen den Vater bestand nicht.

Fazit: Verfügen die Kinder über eigenes Vermögen, gelten sie unter Umständen nicht als unterhaltsbedürftig. Sie müssen dann ihr Vermögen bedarfsdeckend einsetzen und können keinen Kindesunterhalt verlangen.

(OLG Zweibrücken, Beschluss v. 16.10.2015, Az.: 2 UF 107/15)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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