Kündigung von Lebensversicherungen: BGH eröffnet enttäuschten Versicherungsnehmern Perspektiven

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Die Kündigung einer Lebensversicherung kann in einer Enttäuschung enden. Denn nicht in jedem Fall erhält der Versicherte die erwartete Summe. Wird stattdessen ein geringer Rückkaufswert zurückgezahlt, dann sorgt dies bei so manchem Versicherten für Unmut. Für Betroffene kann sich dann die Frage stellen, ob und wie sie sich wehren können. Eine Möglichkeit ist der Widerspruch gegen den ursprünglichen Lebensversicherungsvertrag.

Versicherte, die sich mit dem Resultat ihrer Kündigung nicht abgefunden haben, beschritten diesen Weg. Sie widersprachen den einstigen Vertragsschlüssen und forderten von den Versicherungsunternehmen mehr Geld. Doch dies sorgte u.a. bei Versicherungsverträgen die zwischen 1997 und 2004 abgeschlossen wurden, für Streitigkeiten mit den Versicherungsunternehmen – denn seinerzeit war das Widerspruchsrecht zeitlich auf ein Jahr nach der ersten Prämienzahlung beschränkt. Da die betroffenen Versicherten an ihrem Widerspruch festhielten, mussten sich verschiedene Gerichte hiermit befassen. Im Mai 2007 entschied der Bundesgerichtshof eine grundlegende Frage hinsichtlich der Kündigung einer zwischen 1994 und 2007 abgeschlossenen Lebensversicherung.

Wie lange kann einem gekündigten Lebensversicherungsvertrag widersprochen werden?

In der jüngst ergangenen BGH-Entscheidung ging es um die Kündigung einer 1998 abgeschlossenen Rentenversicherung. Damals wurde der Kläger nicht ordnungsgemäß auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen. Nachdem der Kläger im Jahr 2007 gekündigt hatte und nicht die erwartete Summe zurückerhielt, widersprach er dem Abschluss des Versicherungsvertrags und forderte mehr Geld. Da der Widerspruch des Klägers jedoch später als ein Jahr nach der ersten Prämienzahlung erfolgt war, musste der BGH klären, ob auch im Fall einer nicht ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung die Widerspruchsmöglichkeit auf ein Jahr begrenzt ist.

Da diese Fragestellung auch europäisches Recht tangierte, setzte sich auch der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit dieser Rechtsfrage auseinander. Der Gerichtshof entschied, dass die gesetzliche Regelung des § 5 a Versicherungsvertragsgesetz (alte Fassung), die das Widerspruch zeitlich beschränkte, sich nicht mit europarechtlichen Vorgaben in Einklang bringen lasse. Im Anschluss hieran, entschied der Bundesgerichtshof, dass § 5 a des Versicherungsvertragsgesetzes späteren Widerspruch dann nicht entgegensteht, wenn die Widerspruchsbelehrung nicht ordnungsgemäß war (Urteil vom 07.05.2014, Aktenzeichen: IV ZR 76/11).

Weitere BGH-Entscheidungen zum Thema „Kündigung einer Lebensversicherung“ stehen bevor

Diese Entscheidung eröffnet Versicherungsnehmern einen Weg, damit sie sich überhaupt gegen den Rückkaufswert wehren können. Dennoch bietet auch diese Entscheidung keine Lösung für alle Fälle. Wie sich bereits dem kurz umrissenen BGH-Urteil entnehmen lässt, kommt es bei der rechtlichen Lösung auf unterschiedliche Faktoren an. Im Fall des Bundesgerichtshofs lag beispielsweise keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung vor. Da es jedoch unterschiedliche Lebensversicherungsverträge und Widerspruchsbelehrungen gibt, kann dies im Einzelfall unterschiedliche Rechtsprobleme nach sich ziehen.

Dass es in diesem Zusammenhang viele unterschiedliche Fragestellungen gibt, zeigt sich auch daran, der BGH sich derzeit erneut mit der Widerspruchsmöglichkeit bei Versicherungsverträgen und dem dahinterstehenden Policenmodell auseinandersetzen muss. Aktuell befindet sich ein entsprechendes Verfahren beim Bundesgerichtshof und wird verhandelt. Daher bleiben auch zukünftig die individuellen Umstände des Einzelfalls wichtig. Versicherungsnehmer, die Lebensversicherungen, Rentenversicherungen und Zusatzversicherungen zu Lebensversicherungen zwischen 1994 und 2007 abschlossen und sich fragen, wie es um ihren Fall bestellt ist, sollten sich Rechtsrat einholen. 

Dr. Stoll & Kollegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Kanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht


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