Müssen auch negative Bewertungen publiziert werden?

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1. Der Grundsatz, dass Hersteller von Waren im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zu Einzelhändlern stehen, die gleichartige Waren an Verbraucher verkaufen, erfährt keine Einschränkungen für Produkte, die ausschließlich über eine eigene Tochtergesellschaft vertrieben werden.

2. Wer im Internet mit „garantiert echten Meinungen“ wirbt, muss darüber aufklären, dass ein zwischen Unternehmen und Kunden vorgesehenes Schlichtungsverfahren die Berücksichtigung neutraler oder negativer Bewertungen einschränken kann (amtliche Leitsätze).

Vgl. BGH, Urteil vom 21.01.2016, Az.: 1 ZR 252/14

Werbung mit Kundenbewertung 

Klägerin in dem vorgenannten Verfahren war ein Unternehmen, das Druckerzeugnisse herstellt, die sie ausschließlich an eine Tochterfirma liefert. Die Beklagte steht beim Vertrieb mit Druckerzeugnissen über das Internet im Wettbewerb mit diesem Tochterunternehmen. Auf ihrer Internetseite warb die Beklagte mit Kundenbewertungen, die von einem dritten Unternehmen erhoben wurden. Dabei wurden nur positive Bewertungen unmittelbar freigeschaltet, während bei neutralen oder negativen Bewertungen zunächst ein Schlichtungsverfahren zw. Unternehmen und Kunden eingeleitet wurde. Dies wurde von der Klägerin als irreführend beanstandet.

Abschreckungseffekt für Kunden?

Das Landgericht wies zunächst die Klage ab, die Berufungsinstanz verurteilte zur Unterlassung. Der BGH hob nun die Entscheidung des Berufungsgerichts auf. Die Klägerin sei gem. §§ 8 Abs. 1 Nr. 3, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG aktivlegitimiert. Wenngleich sie von ihr hergestellte Erzeugnisse nur über die Tochter vertreibe, so erfülle sie doch den Unternehmensbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG.

Die Annahme der Vorinstanz, allein die Existenz eines Schlichtungsverfahrens halte Kunden von der Abgabe neutraler oder negativer Bewertungen ab, sei abzulehnen. Dazu müssten den Kunden von dieser Praxis durch die sog. Bewertungsrichtlinien Kenntnis erlangen. Die Richtlinie wiederum wende sich indes an bewertete Unternehmen.

Ein „Abschreckungseffekt“ für die Kunden läge daher fern. Eine wettbewerbswidrige Irreführung könne erst dann angenommen werden, wenn nicht alle Bewertungen sofort ungefiltert eingestellt werden. Dies war vorliegend nicht erfolgt.

Hinweis an Kunden

Für die Praxis bedeutsam sind die Ausführungen des BGH hinsichtlich des Irreführungsschutzes bei Kundenzufriedenheitsinformationen bzw. bei Kundenbewertungen. Werden negative oder neutrale Bewertungen verspätet publiziert, muss der Kunde darauf hingewiesen werden.

Marc E. Evers

Rechtsanwalt



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