Musik-Filesharing - Wer macht eigentlich Rechte geltend?
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Seit dem Sommer 2010 hat sich der BGH immer wieder mit Klagen auseinandergesetzt, in denen es um urheberrechtlich relevantes Filesharing ging. In bisher mindestens sechzehn Entscheidungen hat der BGH sich mit den verschiedenen Problembereichen beschäftigt.
Regelmäßig stellt sich die Frage nach der Aktivlegitimation, also danach, wer Inhaber der Rechte ist, die durch Filesharing verletzt worden sein sollen. Das ist nicht immer einfach festzustellen, weil es zum einen häufig mehrere Personen gibt, die Rechte an einem Musikalbum haben oder hatten. Im Musikbereich sind u.a. Komponisten, Textdichter, Gesangssolisten, Instrumentalisten oder Backgroundsänger betroffen. All diese Berechtigten übertragen regelmäßig Nutzungsrechte auf Film- oder Tonträgerhersteller.
Zum anderen überträgt der ursprüngliche Tonträgerhersteller seine Nutzungs- und Verwertungsrechte, zu denen auch die gehören, die beim Filesharing verletzt werden, häufig an Dritte; das kann innerhalb eines Konzerns oder außerhalb geschehen. Natürlich gibt es theoretisch die Möglichkeit, sämtliche Verträge vorzulegen, mit denen jemals Rechte übertragen worden sind. Das ist wenig praktikabel und in Einzelfällen sicherlich auch nicht möglich, wenn nämlich Rechteketten weit in die Vergangenheit zurückreichen oder es viele Übertragungen gegeben hat. Da nach deutschem Recht Urheber- und Leistungsschutzrechte durch schlichtes Handeln entstehen, gibt es auch kein amtliches Register, in dem Rechteinhaber verzeichnet sind. Das ist in Rechtsgebieten wie beispielsweise dem Markenrecht anders.
Um Rechteinhabern den Nachweis ihrer Berechtigung zu erleichtern, bestimmt § 10 Abs. 1 UrhG, dass bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber gilt, wer in der üblichen Weise als Urheber benannt ist. Wenn also jemand in der üblichen Weise so benannt ist, muss nichts weiter vorgetragen werden, sondern der Gegner muss beweisen, dass die Bezeichnung falsch ist und eine andere Person tatsächlich Urheber des Kunstwerks ist. Das gilt nicht nur bei Originalen, sondern auch bei Kopien, beispielsweise DVDs. Der Gesetzgeber hat überdies bestimmt, dass diese Vermutung auch für bestimmte weitere Personen, die nicht Urheber sind, gilt; dies sind z. B. ausübende Künstler und Tonträgerhersteller.
Es stellt sich somit die Frage, wie Tonträgerhersteller in der üblichen Weise als Berechtigte benannt sind.
Die wahrscheinlich einfachste Möglichkeit für Tonträgerhersteller ist es, einen sog. (P)-Vermerk auf der CD oder ihrem Cover anzubringen. Art. 11 des Internationalen Abkommens über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen besagt nämlich, dass selbst in den Fällen, in denen ein Staat bestimmte Förmlichkeiten als Schutzvoraussetzung verlangt, diese als erfüllt gelten, wenn auf dem Vervielfältigungsstück, also der CD, das Symbol (p) mit der Jahreszahl der ersten Veröffentlichung sowie ggf. den Namen des Tonträgerherstellers nennt. Dann gilt das angegebene Label als Inhaber der Rechte des Tonträgerherstellers nach § 85 UrhG. Das gilt erst recht, wenn keine Förmlichkeiten einzuhalten sind.
Zwar hat der BGH in seiner Entscheidung „P-Vermerk“ (Urt. v. 28.11.2002, I ZR 168/00) entschieden, dass ein solcher Vermerk keine Vermutung der Rechteinhaberschaft begründe, weil die Vorschrift des § 10 UrhG nicht entsprechend anwendbar sei, auch wenn ein P-Vermerk ein starkes Indiz für die Rechteinhaberschaft darstelle. Diese Entscheidung ist jedoch insofern veraltet, als der Gesetzgeber darauf reagiert und das UrhG in § 85 Abs. 4 angepasst hat. Seit 2008 wird für Tonträgerhersteller ausdrücklich auf diese Vorschrift verwiesen.
Doch auch die Nennung des Labels auf dem Cover einer CD wird als Benennung in der üblichen Weise verstanden werden können. Das kann sich durchaus zu Gunsten von Personen auswirken, die wegen angeblichen Filesharings abgemahnt wurden. Wir hatten hier über einen Fall aus dem Filmbusiness berichtet, in dem eine Rechtekette dargelegt worden, auf dem Cover einer DVD aber ein anderes Unternehmen als Rechteinhaberin angegeben war. Die dortige Klägerin sah sich nach unserem Vortrag veranlasst, die Klage gegen unseren Mandanten zurückzunehmen.
Wenn diese Vermutung aber nicht greift, lässt es der BGH zu, die Rechteinhaberschaft durch Indizienbeweise zu belegen, bei denen, wie er formuliert, mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechteinhaberschaft liefern. Ein derartiges Indiz kann beispielsweise in der Eintragung als Lieferant in einer Datenbank des Handels gesehen werden. Eine solche Datenbank für den CD-Handel ist, wie der BGH seit der Entscheidung „Tauschbörse I“ (I ZR 19/14, Urt. v. 11.06.2015, dort Tz. 20 ff.) regelmäßig ausführt, die Datenbank der Phononet GmbH. Soll dieses Indiz erschüttert werden, muss der Bestreitende seinerseits nähere Anhaltspunkte vortragen, aus denen sich im konkreten Fall Zweifel an der Richtigkeit ergeben können. Hier ist es nach Meinung des BGH nicht ausreichend, einfach nicht zu glauben, dass die Eintragungen korrekt sind. Das ist schwierig, kann aber im Einzelfall gelingen.
Ebenfalls indizielle Wirkung hat die Nennung in einem ID3-Tag. Das sind Zusatzinformationen, die in einer MP3-Datei enthalten sein und die Titel und beteiligte Künstler, aber auch das Label nennen können. Soweit ersichtlich hatte der BGH allerdings noch keine Möglichkeit, sich mit der Indizwirkung von ID3-Tags zu befassen. Immerhin hat das LG Köln dies in seinem Urteil vom 14.03.2013 (Az. 14 O 320/12) getan und ID3-Tags ebenso wie Phononet-Einträge behandelt. Unbekannt ist aber derzeit, wie sicher gegen Manipulationen solche ID3-Tags sind.
Wir, die Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte, vertreten seit über 15 Jahren Abgemahnte in Filesharingverfahren. In dieser Zeit haben wir Beratungsgespräche mit mehr als 50.000 Abgemahnten geführt. In vielen tausend Fällen haben wir Betroffene außergerichtlich und gerichtlich vertreten und konnten in fast allen Verfahren für unsere Mandanten höchst zufriedenstellende Ergebnisse erzielen. Ein erheblicher Teil betraf Abmahnungen der Kanzlei Frommer Legal, mit der wir in mehreren tausend Fällen zu tun hatten. Zum großen Teil konnte unseren Mandanten die Belastung eines Gerichtsverfahrens erspart werden. Die von uns geführten Gerichtsverfahren wurden zum größten Teil für unsere Mandanten günstig verglichen. Wenn kein Vergleich gewünscht war, haben wir die Verfahren mit wenigen Ausnahmen gewonnen.
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