Räuberische Erpressung – lange Verfahrensdauer/Jugendstrafrecht

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Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 28.02.2012 - AZ: 3 StR 14/12 - ein Urteil des Landgerichts Hildesheim aufgehoben und die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Das Landgericht hatte zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Der 3 Strafsenat begründete seine Entscheidung im Wesentlichen mit dem besonderen Erziehungszweck des Jugendstrafrechts:

„Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen jedoch die Erwägungen, mit denen die Jugendkammer die Höhe der Strafe begründet hat. Auch bei einer wegen der Schwere der Schuld verhängten Jugendstrafe bemisst sich deren Höhe gemäß § 18 Abs. 2 JGG vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten (...). Das Landgericht hat zwar ausgeführt, es habe sich bei der Bemessung der konkreten Höhe der Jugendstrafe vorrangig am Erziehungszweck orientiert (UA S. 23). Nachfolgend werden jedoch ausschließlich Zumessungserwägungen mitgeteilt, die auch im Erwachsenenstrafrecht maßgeblich sind. Auch an anderer Stelle des Urteils finden sich keine Hinweise darauf, dass die Jugendkammer bei der Bemessung der Jugendstrafe den Vorrang des Erziehungszwecks beachtet hat. Lediglich am Ende der Strafzumessungserwägungen hat das Landgericht ausgeführt, es habe auf die konkrete Strafe "unter besonderer Beachtung der Persönlichkeitsentwicklung und des noch bestehenden Erziehungsbedarfs des Angeklagten" erkannt (UA S. 24), ohne dies allerdings näher zu substantiieren. Eine derartige, lediglich formelhafte Erwähnung des Erziehungsgedankens in den Urteilsgründen genügt grundsätzlich nicht (BGH, Beschluss vom 19. November 2009 - 3 StR 400/09, NStZ 2010, 281). Den Urteilsgründen ist auch in ihrem Zusammenhang nicht zu entnehmen, dass bei dem Angeklagten ein Erziehungsbedürfnis vorliegt, welches die Verhängung einer langdauernden und zu verbüßenden Haftstrafe erfordert. Das Landgericht hat nicht auszuschließen vermocht, dass der Angeklagte aufgrund einer zur Tatzeit bestehenden hirnorganischen Beeinträchtigung wegen der Folgen einer im Oktober 2008 erlittenen massiven Kopfverletzung in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt war. Mit diesen Umständen hätte sich die Jugendkammer bei der Bemessung der Jugendstrafe auseinandersetzen und das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen einer längeren Haftverbüßung für die weitere Entwicklung des Angeklagten abwägen müssen (...)."

Der Verfasser des Berichts ist seit 2001 mit Schwerpunkt in der Strafverteidigung und im Jugendstrafrecht tätig und verfügt seit 2006 über die theoretischen Voraussetzungen eines Fachanwalts für Strafrecht. Das Jugendstrafrecht mit dem ihm innewohnenden Erziehungsgedanken unterscheidet sich erheblich vom Erwachsenenstrafrecht. Betroffene sollten sich durch einen im Jugendstrafrecht erfahrenen Verteidiger vertreten lassen.


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