Schadensersatz bei Wettbewerbsverletzung durch Arbeitnehmer

  • 4 Minuten Lesezeit

Zur Frage der Haftung von Arbeitnehmern für die Rechtsverfolgungskosten eines Arbeitgebers bei Wettbewerbsverstößen des Arbeitnehmers vor und nach der Kündigung

Im Zuge eines beeindruckenden Korruptionsfalls in der Außendienstabteilung einer Mandantin von uns stellte sich die Frage, ob die Arbeitnehmer, die mit großem Schadenspotential versucht hatten, ein Wettbewerbsunternehmen zu unserer Mandantin aufzubauen, für die erheblichen Prozesskosten, die die Arbeitsgerichtsverhandlungen in den Verfahren gegen jeden einzelnen verursacht hatten, persönlich haften müssen.

Wettbewerbsverstöße auch vor dem Arbeitsgericht zu verfolgen 

Das Ergebnis ist ernüchternd: Geht ein Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer vor, die im Wettbewerb zu ihm getreten sind, beispielsweise insbesondere bei Fällen der Vorbereitung eines Ausscheidens durch unlauteren Aufbau eines Wettbewerbsunternehmens, so sind die Arbeitsgerichte auch für Klageverfahren wegen der Wettbewerbsverletzungen und unerlaubten Handlungen zuständig (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 die Arbeitsgerichtsgesetz). Diese Zuständigkeit besteht auch dann weiter fort, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wurde und die Kosten/ Schäden danach entstanden sind.

Keine Kostenerstattung in der 1. Instanz 

Und daraus ergibt sich eine wichtige Rechtsfolge. Gegenüber einem normalen Zivilverfahren, bei dem ein Wettbewerbsverstoß in der Regel vor der Kammer für Handelssachen vom zuständigen Landgericht behandelt wird, trägt im Urteilsverfahren beim Arbeitsgericht gemäß § 12a Arbeitsgerichtsgesetz jede Partei grundsätzlich die Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten oder Beistandes selbst. Es besteht kein Anspruch auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis oder gar auf Erstattung der Kosten für einen Rechtsanwalt zu Gunsten der obsiegenden Partei. 

Anders, wenn nach dem Urteilsverfahren vor dem Arbeitsgericht in 1. instanz noch das Landesarbeitsgericht oder da sbundesarbeitsgericht angerufen wird, wenn also beispielsweise ein ablehnendes Urteil des Arbeitsgerichtes vom Landesarbeitsgericht aufgehoben wird. Dann hat die obsiegende Partei einen Anspruch auf Erstattung ihrer Kosten. In einem solchen Fall besteht ein Schadensersatzanspruch hinsichtlich dieses Rechtszugs und der außergerichtlichen Kosten.

Verfolgung von Wettbewerbsverstößen nach UWG keine Ausnahme von Kostenerstattungsausschluss 

Obwohl nicht unmittelbar über Arbeitsrecht, sondern mehr über Wettbewerbsrecht gestritten wird, ändert dies nichts an der grundsätzlichen Kostenregelung. Nach dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 30. 04.1992, Az. 8 AZR 288/91) ist der Normzweck des § 12a Abs. 1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz die „Verbilligung“ des erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahrens. 

Keine Partei soll damit rechnen können oder müssen, dass Ihrem Falle des Obsiegens die eigenen Kosten ihres Prozessbevollmächtigten erstattet werden, oder dass ihr im Falle des Unterliegens die Kosten des Prozessbevollmächtigten des Gegners auferlegt werden könnten. 

Was im vor dem Arbeitsgericht am häufigsten betriebenen Kündigungsschutzverfahren grundsätzlich sinnvoll erscheint, mag man bei der Verfolgung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche anders sehen. Fraglich war für uns in dem Korruptionsfall daher, ob diese Kostenregelung Auswirkung auf den materiell-rechtlichen Anspruch auf Kostenerstattung aus § 12 Abs. 1 Satz 2 OWiG hat. Die wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung und Literatur hat sich dem Problem bislang nicht erkennbar angenommen.

Betrachtet man aber die oben genannte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes, so schränkt § 12a Abs. 1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz nicht nur den prozessualen Kostenerstattungsanspruch ein, sondern er entfaltet zugleich materiell-rechtliche Wirkungen. In Höhe der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten steht der Annahme eines nach materiell-rechtliche Normen ersatzfähigen Schadens die Regelung des § 12a Abs. 1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz entgegen. Damit ist nach dem Wortlaut jeder Kostenerstattungsanspruch, unabhängig von seiner Anspruchsgrundlage, entsprechend gemindert. 

Ausnahme nur bei Missbrauchsabsicht des Arbeitnehmers 

Eine differenzierte Ansicht ergibt sich aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Stuttgart vom 8. April 2013 (Az. 9 Sa 92/12). Danach sind nicht jedwede Kosten von der Kostenerstattung ausgenommen, sondern nur solche Kosten, die zum einem Prozesskosten i. S. v. § 91 ZPO sind und zugleich Kosten der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten. 

Eine Ausnahme läge nur vor, wenn der Schädiger die Regelung des § 12a Arbeitsgerichtsgesetz zweckwidrig einsetzt, um dem Gegner ein Schaden gerade dadurch zuzufügen, dass er wegen der Regelung des § 12a Arbeitsgerichtsgesetz Kosten aufwenden muss, die er sodann nicht erstattet verlangen kann. Ein solcher Fall dürfte aber selten nachweisbar sein. Denn selbst wenn die Beklagten möglicherweise wettbewerbswidrig gehandelt haben, ist Ihnen in der Regel eine Zielsetzung, nämlich den Kläger (Arbeitgeber) den Schaden nicht erstattungsfähiger Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten zuzufügen, nicht nachweisbar.

Durchsetzung der Unterlassung hat Priorität 

Was aber ist mit den Kosten der Abmahnung und dem vor dem Prozess geführten außergerichtlichen Rechtsverfolgung? Vorbereitungskosten für den Arbeitsgerichtsprozess gehören grundsätzlich zu den Kosten nach § 91 ZPO und als solche unterliegen sie wiederum dann, wenn sie durch Einschaltung eines Rechtsanwalts angefallen sind, dem Kostenerstattungsausschluss nach § 12a Abs. 1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz.

Der Arbeitgeber ist daher wohl oder übel darauf angewiesen, die Kosten der Rechtsverfolgung selbst zu tragen und jedenfalls zu hoffen, mit dem gerichtlichen Maßnahmen dem wettbewerbswidrigen Treiben seiner Mitarbeiter oder ehemalige Mitarbeiter wenigstens effektiv Einhalt zu gebieten. Das ist uns in dem Fall glücklicherweise gelungen und dürfte mehr Wert sein, als die Erstattung der dadurch entstandenen Prozesskosten.

Sie haben Fragen im Grenzbereich zwischen Wettbewerbsrecht und Arbeitsrecht? Unser Ansprechpartner bei Brink & Partner in Flensburg ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz Jochen P. Kunze.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Jochen-P. Kunze

Beiträge zum Thema