Solar Millennium AG – unverkrampft neue Wege sehen

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1) Insolvenzplan

2) Schuldverschreibungsgesetz

3) Soffin

4) Entschädigungsansprüche

5) Interessensgemeinschaft Solar Millennium AG

Die Aktionäre von Solar Millennium könnten geschädigt worden sein: Bei einer Unterbilanz von mehr als 10 % fehlender Deckung muss ein Insolvenzantrag aufgrund der Überschuldung gestellt werden. Ist der Erstattungswert für die Aktien geringer als 90 %, womit leider zu rechnen ist, bestehen Schadensersatzansprüche wegen Insolvenzverschleppung.

Zudem hätte beim Erwerb der Aktien die fehlende Mittelverwendungsperspektive in Richtung Ertrag aus dem operativen Geschäft kommuniziert worden sein müssen. Ein Anspruch aufgrund unzureichender ad-hoc-Meldungen liegt auf der Hand. Bei der Ausgabe der Anleihen wurde verschwiegen, dass mehr als 90 % des Kapitalbedarfs durch Kapitalmarktrisiken getrieben worden waren.

Bei der Insolvenzverschleppung unterscheidet man zwischen Neugläubigern und Altgläubigern, BGH-Beschluss vom 19.06, II ZR 303/05. Dem Neugläubiger steht voller Schadensersatzanspruch zu. Es handelt sich hierbei um einen Individualschaden. Bei dem Altgläubiger geht es um den „Quotenverschlechterungsschaden". Dieser Altgläubigerschaden ist schwer zu beziffern. Es handelt sich hierbei um einen Gesamtschaden nach § 92 InsO. Man muss zwei Bilanzen für die jeweiligen Zeitpunkte machen. Der Altgläubigerschaden wird, wie gesagt, vom Insolvenzverwalter geltend gemacht, ebenso kann der Insolvenzverwalter diesen Anspruch abtreten.

Es gibt zwei Arten von Ansprüchen: Solche, die vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden können und solche, die individuell den jeweiligen Anlegern zustehen.

Bei den Prospekthaftungsansprüchen ist eine Verjährungsfrist von drei Jahren zu sehen, beginnend mit der Veröffentlichung des jeweiligen Prospektes und sich richtend gegen die Prospektverantwortlichen. Für Emissionen ab dem 1.7.2005 gilt das Wertpapierprospektgesetz ab dem 1.7.2005.

Je nach Anspruch und Gegner greift im Übrigen die Regelverjährungsfrist von drei Jahren, beginnend mit Kenntnis von Schaden, Schädiger und den Schaden begründenden Umständen.

Bei der Wahrung der Gläubigerinteressen müssen auch unverkrampfte Fragen aufgeworfen werden dürfen. Immerhin hat der Gesetzgeber beträchtliche Vorstellungskraft zur Rettung von insolvenzgefährdeten Unternehmen an den Tag gelegt. Auch für Solar Millennium AG stellt sich die Frage nach einer nachträglichen Spannung eines Rettungsschirmes:

1) Insolvenzplan

Eine Aufspannung eines „Rettungsschirmes" ist nach dem ESUG ab dem 01.03.2012 nachträglich möglich. Die Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital im Rahmen eines Insolvenzplanes wäre dann  rechtlich vereinfacht durchführbar. EU-rechtlich offen ist hierbei allerdings die Frage der Versteuerung von Sanierungsgewinnen. Dieses Problem ist bislang EU-rechtlich ungelöst. Ansprüche gegen Dritte bleiben hiervon unberührt.

2) Schuldverschreibungsgesetz

Nach dem Inhalt des Schuldverschreibungsgesetzes von 2009 können die Anleiheverbindlichkeiten eines Unternehmens gegenüber den Anleiheinhabern deutlich verringert werden. Hier ist eine Verringerung im Rahmen eines Insolvenzplanes denkbar. Es stellt sich die Frage, wie es mit den Anleihen aus dem Zeitraum vor 2009 ausschaut. Wie bereits an anderer Stelle herausgearbeitet, ist ein Gemeinsamer Vertreter nach dem Schuldverschreibungsgesetz überflüssig und zu teuer.

3) Soffin

Aufgrund des sich im derzeitigen parlamentarischen Verfahren befindlichen Finanzmarktstabilisierungsfonds (Soffin) mit Garantien für Anleihen von Unternehmen auf dem Finanzsektor mit einem Garantierahmen von 400 Milliarden € bieten sich ebenfalls Chancen. Wegen des überwiegenden Charakters der Solar Millennium AG als Anleiheemittentin lässt sich dieses Unternehmen möglicherweise dem privilegierten Finanzsektor zuordnen. Dem Privatanleger sollte der Zugang zum Finanzmarktstabilisierungsfonds barrierefrei geöffnet werden, nicht nur professionellen Anlegern. Die Erscheinungen um Solar Millennium AG sollten trotz technischer Rückständigkeit nicht außerhalb des Zusammenhanges mit der ökologischen Perspektive gesehen werden. Obwohl staatliche Subventionen von 100 Milliarden € in die Solarbranche geflossen sind und der Solarstrom nur 3 % des gesamten Energiebedarfes abdeckte, ging hiervon eine gewisse Initialzündung für die Realwirtschaft aus.

4) Entschädigungsansprüche

Entschädigungsansprüche von Anlegern bestehen grundsätzlich aufgrund des EAEG in Höhe von 90 % der Anlage, maximal 20.000 €. Hinderlich ist, dass sich die Solar Millennium AG nicht als Finanzdienstleisterin begriff, sondern als bloße Emittentin und möglicherweise keine Prämien zahlte. Tatsächlich aber hatte die Solar Millennium AG selber auch den Vertrieb getätigt. Derartige Handlungen unterfallen grundsätzlich dem Schutz des EAEG. Damit ist eine Entschädigungspflicht anzunehmen. Vom Verfahren her allerdings müsste zunächst formal ein Entschädigungsfall von der BaFin festgestellt werden. Ein derartiges Verfahren ist noch nicht eingeleitet worden.

5) Interessensgemeinschaft Solar Millennium AG

Die Kanzlei der Rechtsanwälte Robert, Kempas, Segelken, Bremen, hat zahlreiche Klagen gegen die Initiator der Solar Millennium AG wegen der Verluste von Inhaberschuldverschreibungen aus dessen früheren Unternehmungen eingereicht. Er galt als Finanzgenie. Die Insolvenz der Solar Millennium AG war kein Zufall. Geschädigte können sich der Interessensgemeinschaft Solar Millennium AG anschließen unter Rechtsanwälte Robert, Kempas, Segelken, Bremen, 0421/321121 oder Fax: 0421/18944. Die Beratungen durch die Kanzlei sind kostenfrei.


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