Steuerstrafrecht: BGH schränkt Kompensationsverbot bei Hinterziehung von Umsatzsteuer ein

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Steuerhinterziehung ist strafbar. Tatbestandsmerkmal ist unter anderem, dass Steuern nicht rechtzeitig oder nicht in vollem Umfang festgesetzt werden (es kommt nur auf die Festsetzung durch Steuerbescheid an – das Nichtzahlen von Steuern ist nicht strafbar).

Dabei gilt im Steuerstrafrecht das Kompensationsverbot. Bei der Frage, in welchem Umfang Steuern hinterzogen wurden, dürfen steuermindernde Umstände grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Eine große Bedeutung hat dies vor allem im Bereich der Umsatzsteuer.

Im Zusammenhang mit Umsätzen und der daraus resultierenden Umsatzsteuer fallen regelmäßig auch Vorsteuerbeträge an. Diese sind im Rahmen der Umsatzsteuererklärung von der ermittelten Umsatzsteuer abzuziehen. Die Vorsteuerbeträge (also vereinfacht gesagt die Umsatzsteuer, die der Unternehmer auf seine Betriebsausgaben zahlt) sind von der ermittelten Umsatzsteuer abzuziehen.

Wenn jemand keine Umsatzsteuererklärungen abgibt, erklärt er auch die Vorsteuerbeträge nicht. Wenn der Steuerhinterzieher „erwischt“ wird, wird die nicht gemeldete Umsatzsteuer ermittelt. Dieser Betrag gilt als hinterzogen. Die Vorsteuerbeträge, die mit den nicht erklärten Umsätzen bzw. Umsatzsteuern im Zusammenhang stehen, werden aber nicht abgezogen (sie mindern also den Betrag der hinterzogenen Steuern nicht). Die so ermittelte hinterzogene Steuer ist also eigentlich zu hoch.

Im Besteuerungsverfahren kann der Steuerhinterzieher nachträglich Steuererklärungen abgeben und darin auch Vorsteuern erklären. Rein steuerlich würden dann die Vorsteuern zu seinen Gunsten berücksichtigt.

Im Strafverfahren gilt dies aufgrund des Kompensationsverbotes aber grundsätzlich nicht. Stattdessen wird eine eigentlich zu hohe Steuer als hinterzogen angesetzt. Dies hat Auswirkungen auf das Strafmaß. Die Strafzumessung – also die Höhe einer Geldstrafe oder sogar einer Haftstrafe (aber auch die Höhe der Geldbuße bei einer Einstellung gemäß § 153a StPO) – orientieren sich also an der Höhe der hinterzogenen Steuer.

Mit Urteil vom 13.09.2018, 1 StR 642/17, hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Kompensationsverbot nunmehr eingeschränkt. Bei einer Umsatzsteuerhinterziehung sind nach diesem Urteil die mit den hinterzogenen Umsatzsteuern im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Vorsteuern mindernd zu berücksichtigen. Voraussetzung ist aber, dass die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug vorliegen (also insbesondere eine Rechnung im Sinne des § 15 UStG).

Damit kann es im Einzelfall zu einer deutlichen Reduzierung der hinterzogenen Steuer und damit zu einer deutlichen Reduzierung des Strafmaßes kommen.


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